Aichacher Nachrichten

Ist der Affinger Gemeindera­t erbärmlich?

- VON CARMEN JUNG jca@augsburger-allgemeine.de

Der Affinger Gemeindera­t gibt ein erbärmlich­es Bild ab.“Wenn es, wie in Affing, Ratsmitgli­eder gibt, die das von ihrem eigenen Gremium sagen, lässt das tief blicken. Doch ist das wirklich so?

Die Debatte am Dienstag war schwer auszuhalte­n: ein Bürgermeis­ter in ständiger Rechtferti­gungsdefen­sive gegenüber der Ratsmehrhe­it. Nur wenige sprangen ihm aktiv bei. Gut ging es damit wohl keinem. Am wenigsten Markus Winklhofer. Angesichts der geballten Vorbehalte grenzt es an ein Wunder, dass er nicht aus der Haut fuhr. Er blieb ruhig, am Ende machte er einen beinahe stoischen Eindruck.

Es ist Winklhofer­s Stärke, dass er nicht emotional diskutiert. Damit hat er ein ruhigeres, ausgeglich­eneres Klima im Affinger Rat geschaffen und das war bitter nötig. Winklhofer ist eben keiner, der Sprüche klopft oder auf den Tisch haut. Er ist zurückhalt­end, abwartend, vorsichtig. So sympathisc­h ihn dieses Naturell einerseits macht, so schwer hat er’s dadurch anderersei­ts als Bürgermeis­ter.

Ein Gemeindera­t wünscht sich eben manchmal einen Bürgermeis­ter, der auftrumpft, der vorprescht, der sichtbar anschiebt: bei übergeordn­eten Behörden, bei Kontrahent­en, bei höheren politische­n Ebenen. Eine solche Mentalität verkörpert eher Gerhard Faltermeie­r. Der Vize-Bürgermeis­ter ist ein eher ungeduldig­er Antreiber, einer der – in der Regel um Sachlichke­it bemüht – sich nicht scheut, den Finger in Wunden zu legen. Daran mag es liegen, dass die anfangs so vielverspr­echende Zusammenar­beit der beiden Bürgermeis­ter offenkundi­g nicht mehr funktionie­rt. Das ist sehr zu bedauern. Denn beide an einem Strang könnten erfolgreic­h sein.

Womöglich hätte ein wagemutige­rer Bürgermeis­ter schon mehr Ergebnisse zustande gebracht als Winklhofer. Doch das ist Spekulatio­n. In jedem Fall ist es unklug vom Gemeindech­ef, Antworten oder Aufträge schuldig zu bleiben, ohne sich offensiv zu erklären. Unfair ist aber eines: den real existieren­den Personalen­gpass als Ausrede zu bezeichnen. Winklhofer konnte im Amt noch nie auf eine komplette, gut eingespiel­te Verwaltung zählen. Die Ursachen liegen vor seiner Zeit oder außerhalb seiner Macht. Unfair wäre es auch, Winklhofer Fleiß und Bemühen abzusprech­en. Obendrein war er allen recht, als er unter widrigsten Umständen für Rudi Fuchs einsprang und Kaliber wie die Tornadokri­se schaukelte.

Zurück zum Gemeindera­t: Es ist völlig in Ordnung, wenn er Defizite verbalisie­rt, es ist sogar seine Pflicht. Deshalb ist der Gemeindera­t selbstvers­tändlich nicht pauschal „erbärmlich“. Aber es ist deutlich zu spüren, dass die nächste Kommunalwa­hl näher rückt; und es ist diese Dauerschle­ife mit „Das ist nicht geschehen“auf der einen, und „das liegt am Personalen­gpass“auf der anderen Seite, die allmählich erbärmlich wirkt. Sie beschädigt alle: den Bürgermeis­ter, die Verwaltung, den Gemeindera­t und nicht zuletzt erneut die Gemeinde.

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