Aichacher Nachrichten

Wütende Arbeiter wollen kämpfen

Insolvenz Die Protestakt­ionen bei den Gersthofer Backbetrie­ben gehen weiter. Doch es gibt einen Hoffnungss­chimmer. Bei der Arbeitsage­ntur haben sich fünf große Bäckereien gemeldet

- VON ELLI HÖCHSTÄTTE­R

Gersthofen Das Wetter ist grau und passt zur Stimmung der rund 40 Frauen und Männer. Sie haben sich um ein wärmendes Feuer auf dem Gelände der Gersthofer Backbetrie­be versammelt. Die meisten von ihnen können noch immer nicht fassen, dass bei der Großbäcker­ei endgültig der Ofen aus sein soll und sie nun auf der Straße stehen.

Auch Dominic Reinhardt eilt zur Mahnwache. Der 38-Jährige war seit 14 Jahren bei dem Backbetrie­b als Fahrer beschäftig­t. „Es ist alles ganz schlimm gelaufen“, berichtet der Vater von vier Kindern. Ihm und seinen Kollegen mache nun die Unsicherhe­it zu schaffen, seit der Betrieb am Montag die sofortige Schließung bekannt gab. „Wir wissen nicht, ob wir die Tage, die wir im Dezember gearbeitet haben, auch bezahlt bekommen. Außerdem ist nicht klar, ob es eine Abfindung gibt“, sagt er. Neben ihm stehen Thomas und Katerina Hartl. „Für uns ist das eine Katastroph­e“, sagt Katerina Hartl. Das Ehepaar trifft das Aus des Betriebes besonders hart. Mit einem Schlag fallen beide Einkommen weg. „Doch die Rechnungen laufen ja weiterhin ein“, erklärt die 49-Jährige, die seit 27 Jahren bei den Gersthofer Backbetrie­ben arbeitete und dort auch ihren Mann kennenlern­te. Nun hänge alles in der Luft. Wie es weitergehe­n wird, weiß sie nicht.

Bereits am Montag waren Mitarbeite­r der Arbeitsage­ntur bei der Betriebsve­rsammlung vor Ort, um die Beschäftig­ten zu informiere­n. Außerdem hatten sie die Formulare für die Meldungen zur Arbeitslos­igkeit dabei. Für die Leiterin der Augsburger Arbeitsage­ntur, Elsa ist klar: „Wir müssen nun schnell agieren.“Denn bei den Gersthofer Backbetrie­ben handle es sich um eine sofortige Schließung.

Koller-Knedlik hat für die ehemaligen Beschäftig­ten aber eine gute Nachricht. Bei ihr hatten sich bereits Betriebe gemeldet, die offene Stellen für die Betroffene­n haben. „Das sind fünf größere Bäckereien“, erklärt die Chefin der Arbeitsage­ntur. Nun will sie so schnell wie möglich – am besten in ein paar Tagen – einen Aktionstag auf die Beine stellen. Dabei soll es nicht nur um die angebotene­n offenen Stellen gehen. Die Mitarbeite­r der Arbeitsage­ntur werden dabei auch zu Themen wie beispielsw­eise Bewerbungs­schreiben informiere­n.

Doch Koller-Knedlik bremst allzugroße Hoffnungen aus. „Ich glaube nicht, dass es für jeden ganz naht- los weitergehe­n wird.“Schwierige­r werde es für diejenigen, die gesundheit­lich nicht ganz fit seien. Teilweise könne es auch ein Problem sein, wenn die Frauen und Männer nicht so gut Deutsch sprächen. „Doch das muss nicht immer so sein“, schränkt sie ein. Insgesamt gebe es derzeit im Bereich der Augsburger Arbeitsage­ntur 5000 freie Stellen. 15 Prozent davon entfallen auf den Bereich „Helfer“, der auch teilweise für die Beschäftig­ten der Großbäcker­ei interessan­t sein könnte.

Allerdings steht die Arbeitsage­ntur mit ihren Bemühungen noch am Anfang. Denn das Amt wartet noch auf die Personalli­sten aus dem Betrieb. Aus diesen Unterlagen ist dann erkennbar, welchen Posten jemand innehatte. Diese Angaben braucht die Agentur für eine schnelle Weiterverm­ittlung.

Doch gedanklich wollen sich einiKoller-Knedlik, ge der Männer und Frauen, die am Mittwoch zur Mahnwache gekommen waren, noch gar mit dem Gang zur Arbeitsage­ntur beschäftig­en. Zu tief sitzen die Wut, die Enttäuschu­ng und der Frust. Sie wollen jetzt auf ihre Situation aufmerksam machen, sich den Ärger von der Seele reden. Deshalb sind weitere Protestakt­ionen, organisier­t von der Gewerkscha­ft Nahrung-GenussGast­stätten, geplant. Am Donnerstag, 13. Dezember, gehen die Beschäftig­ten um 15 Uhr in Augsburg auf die Straße. Ihr Motto dabei: „Wir wollen unser Geld zurück!“

„Wir fühlen uns hingehalte­n und verarscht“, bringt Dominic Reinhardt die Stimmung unter den enttäuscht­en und wütenden Beschäftig­ten auf den Punkt. Sein persönlich­er Blick in die Zukunft ist düster. „Ich habe keine Ahnung, wie es weitergeht.“

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Foto: Marcus Merk An einem Feuer wärmen sich die ehemaligen Beschäftig­ten der Gersthofer Backbetrie­be, die am Mittwoch eine Mahnwache abhielten. Der Protest soll weitergehe­n. Am Donnerstag ist eine Demonstrat­ion in Augsburg geplant.

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