Wenn der Tacho lügt
Betrug Bei einem von drei Gebrauchtwagen manipuliert der Verkäufer den Kilometerstand, warnt die Bundespolizei. Im Landkreis Aichach-Friedberg werden kaum Fälle angezeigt. Woran liegt das und wie können sich Käufer schützen?
Aichach-Friedberg Eigentlich war das Angebot zu gut, um wahr zu sein. Ein Mann stößt im Internet auf der Suche nach einem neuen Auto auf ein Inserat: ein SUV von BMW, Modell X5, neun Jahre alt, 122000 Kilometer gefahren. Der Preis: genau 19233 Euro und 61 Cent. Der Interessent greift zu und kauft den Wagen – von einem Gebrauchtwagenhändler in Aichach. Dieser wurde nun am Amtsgericht Aichach wegen Betrug zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten mit Bewährung verurteilt. Warum?
Wie Richterin Daniela LichtiRödl berichtet, sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Angeklagte vorsätzlich den Kilometerstand des Autos manipuliert hatte. Fast wäre der Händler mit dem Betrug durchgekommen. Zum Verhängnis wurde ihm, dass der neue Besitzer des BMW das Fahrzeug wegen eines Schadens in die Werkstatt brachte.
Den Tätern kommt nur selten jemand auf die Schliche
Dort wurde der Kilometerstand ausgelesen. Das Ergebnis: Das Auto war bereits 261000 Kilometer gelaufen. Der Mann gab dem Aichacher Händler den Wagen zurück. Und hätte es dabei belassen, wenn er nicht im Internet kurze Zeit später erneut auf ein Inserat des X5 gestoßen wäre. Diesmal sollte das Auto sogar 29888 Euro kosten bei einem manipulierten Kilometerstand von 135000. Dazu war der Wagen nun knapp drei Jahre jünger. Der geprellte Käufer erstattete Anzeige. Dem ADAC zufolge sind Fälle wie dieser weit verbreitet. Die Bundespolizei schätzt, dass bei jedem dritten Gebrauchtwagenverkauf zuvor am Kilometerstand gedreht wurde. Das Problem: Den Tätern kommt nur selten jemand auf die Schliche.
Betrügereien rund um den Gebrauchtwagenkauf werden am Amtsgericht Aichach selten verhandelt. Direktor Walter Hell berichtet, dass es im vergangenen Jahr weniger als zehn Fälle gegeben habe. Seine Erklärung: Die Dichte an Gebrauchtwarenhändlern auf dem Land ist geringer als in der Stadt. Die Polizei Friedberg bestätigt die niedrigen Fallzahlen. Neben dem „Warenbetrug“macht sich ein Tä- ter, der einen Kilometerzähler manipuliert, auch des sogenannten Missbrauchs von Wegstreckenzählern und Geschwindigkeitsbegrenzern schuldig. Wie Alexander Wagenpfeil, Dienststellenleiter der Polizei Friedberg, berichtet, wurde in seiner Inspektion in den vergangenen beiden Jahren kein einziger Fall dieser Art angezeigt. Kollege Peter Löffler, Stellvertretender Leiter der Inspektion Aichach, bestätigt die Einschätzung. Er kennt aus jüngerer Zeit nur den Fall mit dem BMW, der jetzt in Aichach verhandelt wurde. Anzeigen wegen solcher Betrügereien seien selten: „Das wundert mich auch.“Er geht nämlich davon aus, dass sehr oft manipuliert wird.
Armbruster ist Autohändler in Kissing. Er kauft Gebrauchtwagen und bietet diese dann über Portale im Internet an. Wenn er einen Pkw erwirbt, achtet er vor allem auf sein Bauchgefühl. „Autos, die manipuliert wurden, sind meistens viel zu billig“, sagt der Händler.
Pkw, bei denen am Tacho gedreht wurde, würden meistens 1500 bis 2000 Euro unter dem Marktpreis angeboten. Armbruster warnt deshalb auch vor bestimmten Kategorien, nach denen man bei Gebrauchtwagenportalen im Internet Angebote sortieren lassen kann. Besonders billige Angebote werden mit „sehr guter Preis“bewertet. Hier gelte: „Sehr guter Preis“bedeutet nicht „sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis“.
Armbrusters Erfahrung nach stammen betrügerische Angebote häufig von Privatpersonen, die einen falschen Namen angeben. „Das sind Leute, die sind nie wieder auffindbar“, sagt er. Auch die Kfz-Innung Schwaben bestätigt, dass besonders bei Verkäufen von privaten Anbietern an private Käufer Abweichungen an den Fahrzeugen festgestellt würden. Hierzu zählten zum Beispiel Unfallschäden, die verharmlost oder gar nicht erst genannt würden, oder gefälschte Kundendiensteinträge im Serviceheft. Auch Armbruster empfiehlt KaufStephan interessenten, sich die Dokumentation genau anzusehen. Er sagt: „Steht unter sämtlichen Einträgen im Serviceheft die gleiche Unterschrift, sollte man misstrauisch werden.“
Am 1. September 2017 ist eine neue Vorschrift der EU in Kraft getreten, die Herstellern vorschreibt, dass Neuwagen mit technischen Vorrichtungen vor der Tachotrickserei geschützt werden müssen. Bei manchen Modellen gibt es auch bei älteren Fahrzeugen die Möglichkeit, beim Hersteller über den Schlüssel den Kilometerstand auslesen zu lassen. Eine hundertprozentige Gewissheit gebe es aber nie, sagt Armbruster.