14-Jährige stellen betrunkenen Fahrraddieb
Prozess Mann geht Jugendliche aggressiv an. Er ist einschlägig vorbestraft. Am Amtsgericht Aichach geht es aber nicht um den Radlklau
Aichach Zivilcourage bewiesen zwei 14-jährige Aichacher. Die beiden entdeckten Ende September an einem Einkaufszentrum das gestohlene Fahrrad eines Freundes. Bevor sie es sich genauer ansehen konnten, fuhr ein 38-Jähriger aus dem Raum Aichach damit davon. Die beiden Jugendlichen sausten ihm auf ihren Rädern hinterher. Obwohl er sie bedrohte und sogar eines ihrer Räder beschädigte, ließen sie sich nicht abschütteln.
Am Mittwoch stand der 38-Jährige wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, Sachbeschädigung und versuchter Sachbeschädigung vor dem Amtsgericht in Aichach. Den Vorfall mit den beiden Jugendlichen gab der 38-Jährige zu. Sein Geständnis fasste er kurz: „Ich war etwas angetrunken und habe dann die Räder umgeworfen, weil ich weiter wollte.“Die etwas ausführlichere Variante musste ihm der Amtsrichter förmlich aus der Nase ziehen.
Demnach hatte der 38-Jährige mit Kollegen nach Arbeitsende noch zusammengesessen und getrunken. „Bier und Schnäpse“, so der Angeklagte. Die Polizei stellte bei ihm später 1,76 Promille fest. Angetrunken machte er sich mit dem Fahrrad auf den Heimweg. Die beiden Jugendlichen hinter ihm her. Sie seien ihm nachgefahren und hätten ihn angetupft, sagte der 38-Jährige aus. „Ich sollte anhalten und absteigen wegen dem Rad.“
Beim ersten Mal habe der Angeklagte diese Aufforderung ignoriert, sagten die beiden Jugendlichen aus. Einer der beiden versuchte, sich ihm in den Weg zu stellen und ihn aufzuhalten, während der andere die Polizei anrief. Der 38-Jährige fuhr jedoch einfach weiter und stoppte erst etwas später an einer Kreuzung.
Dort ging er auf die beiden Jugendlichen zu, schnappte sich das Rad von einem von ihnen und drohte, es auf den Boden zu werfen – was er dann auch tat. Dabei beschädigte er die Gangschaltung. Das Fahrrad des anderen kickte der Angeklagte mit dem Fuß um. Warum er das getan hatte: Weil er nicht wollte, dass die beiden ihm bis nach Hause hinterherfuhren, sagte er vor Gericht.
Auf die Jugendlichen wirkte er nach ihrer Aussage aggressiv. „Ein bisschen Angst“habe er gehabt, sagte einer der beiden. „Aufgeregt“war der andere, weil er zum ersten Mal in einer Situation wie dieser war. Geistesgegenwärtig baten die beiden einen Nachbarn um Hilfe, damit sie mit dem 38-Jährigen nicht alleine auf die Polizeibeamten warten mussten.
Die Polizei stellte später fest, dass das Fahrrad, mit dem der Angeklagte unterwegs war, ein paar Monate vorher gestohlen worden war. Die Jugendlichen hatten es anhand verschiedener Schäden als das ihres Freundes wiedererkannt. Auf die Frage des Richters, woher er das Rad hatte, wollte der 38-Jährige nicht antworten. Bei der Polizei hatte er ausgesagt, er habe es auf dem Flohmarkt gekauft.
Für Staatsanwalt Benjamin Rüdiger wog besonders schwer, dass der Angeklagte die beiden Jugendlichen so massiv angegangen hatte: „Das stößt mir sehr sauer auf.“Mit Blick auf die vielen einschlägigen Vorstrafen und die jeweils widerrufenen Bewährungen forderte er eine achtmonatige Haftstrafe.
Verteidiger Thomas Rick hielt eine Bewährungsstrafe für ausreichend. „Die Vorstrafen heranzuziehen, halte ich nicht für überzeugend.“Sein Mandant habe unwirsch reagiert, weil er den Vorwurf der Jugendlichen zurückgewiesen habe.
Richter Hell sah das anders. Der Angeklagte sei bereits mehrmals im Gefängnis gewesen und habe nichts daraus gelernt. Für Hell gab es „keine verlässlichen Anhaltspunkte“, dass der 38-Jährige diesmal eine Bewährungsstrafe durchstehen würde. Er verurteilte ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, Sachbeschädigung und versuchter Sachbeschädigung zu sechs Monaten Haft.
Um die Frage, wer das Rad gestohlen hatte, ging es vor Gericht nicht. Das Verhalten des Angeklagten während der Verhandlung bestärkte Hell jedoch in seiner Überzeugung, dass er auch der Dieb gewesen war.
Mehrere jeweils widerrufene Bewährungen