Tannenhäher und Marrakesch
Vernissage Der Pöttmeser Künstler Roland Fürstenhöfer zeigt eine Auswahl seiner kleinformatigen Werke in der Galerie Schiele in Aichach. Der weit gereiste Kosmopolit nimmt die Betrachter mit in inspirierende, inszenierte Welten. Seine Landschaften weisen
Aichach Das Rendezvous-Plätzchen ist gewagt: Auf einem dünnen Ast eines hoch aufgeschossenen Strauches wartet der Liebste auf seine Angebetete – bei Roland Fürstenhöfer ist das im konkreten Fall ein Tannenhäher, der die Dame seines Herzens im Anflug fest im Auge hat. Die Aussicht lohnt sich doppelt: Einmal muss es die Tannenhäherin wert sein, dass der Liebhaber in solch schwindelerregenden Höhen ausharrt, zum anderen entschädigt der Blick auf das sich ausbreitende Panorama. Mitten durch eine Gebirgslandschaft mäandert ein grünblauer Fluss, ein paar Ackerflächen, ein einzelnes Häuschen, ein kleines Kirchenensemble und ein daher gleitender Kahn sind spärliche Andeutungen menschlicher Präsenz. „Tannenhähers Rendezvous“ist die Radierung betitelt, die auch titelgebend für die jetzige Ausstellung ist.
Am Sonntag hatte der Künstler zum Rendezvous in die Galerie der Goldschmiedin Ulrike Schiele in die Bauerntanzgasse geladen. Über 30 seiner handkolorierten Farbradierungen erzählen Geschichten, die der weit gereiste Kosmopolit Roland Fürstenhöfer über Jahre hinweg erlebt und verinnerlicht hat. Es sind Erinnerungen an Menschen, Begebenheiten, ferne Länder, Religionen, Sagen und Mythen, denen er mit der ihm eigenen Akkuratesse auf engstem Raum und auf sehr poetische Art Form und Gestalt gibt.
Entlang der Fülle an farblich individuell gesetzten Details entzünden sich die Fantasien des Betrachters. So träumt man sich in besagten Tannenhäher hinein, versetzt sich in Ali, der sich den Freuden eines HamamBesuches hingibt oder der in Pöttmes von Marrakesch träumt. Man fliegt mit dem Wiedehopf in warme wiegt sich auf dem weißen Kamel durch den Wüstensand, staunt über den Wüstensandfisch. Mit der Dschunke bringt man den Maghrebsand ins Dubai Land und verirrt sich in den Gassen eines fernöstlichen Venedig.
„Fürstenhöfers kleine Welt öffnet das Verständnis für größere Zusammenhänge. Er ebnet den Weg zum Makrokosmos“, meinte der Laudator und ehemalige Kulturreferent von Pfaffenhofen an der Ilm, Hellmuth Inderwies. Als Künstler regisGefilde, triert er Dinge und Menschen, um im gleichen Atemzug das dahinter Verborgene wahrzunehmen. Wie durch ein Mikroskop verfolgt man seinen künstlerischen Prozess, der aus dem großen Ganzen ein Reich märchenhafter Fantasien schafft, in dem eigene Prioritäten gelten und Grenzen ausgehebelt werden. Seine Sehnsucht nach dem Schönen, seine Suche nach den Geheimnissen dieser Welt, wie Inderwies andeutete, sei für Fürstenhöfer auch stets eine Suche nach dem Weg zu sich selbst.
Der Künstler selbst bezeichnete diese Wegsuche gelegentlich als „Spur zu sich selbst finden“, als „Meine innere Melodie“, die er einer seiner zahlreichen Ausstellungen als Motto voransetzte. Es ist ein Weg der leisen Töne, der ruhigen Schritte, der Achtsamkeit und Menschenfreundlichkeit. Das entspricht der zurückhaltenden, bescheidenen Art des Künstlers, der Kunst um der Kunst willen betreibt. Seine optimistische Lebenseinstellung hat er sich stets bewahrt. „Negative Dinge haben hier keinen Raum, Parolen sind ihm fremd“, hieß es in der Laudatio.
Roland Fürstenhöfer imaginiert seine eigenen „Parolen“– gewitzte, spitzfindige Formulierungen, ironische, gelegentlich leicht sarkastische Wortspiele, die seine Werke begleiten und eine Art Interpretationshilfe sind. „Ansichtskarte aus der Steinzeit“– „Mrs Tulip“– „Strapsodie in blue“– „Da staunt der Wüstensandfisch“– „Wiedehopfs Winterfreunde“– „Mädchen aus guten Zelt“. Fürstenhöfers radierte Welten und
Erinnerungen an Religionen, Sagen und Mythen
Gehen Sie ganz nahe an die Bilder ran!
Landschaften sind nicht von dieser Welt, sie weisen weit über die Ränder hinaus und beflügeln die faustisch-goethische Suche nach dem, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Darauf spielte Laudator Hellmuth Inderwies in seiner Ansprache an.
Und er schloss mit einem vergleichsweise handfesten Rat: „Gehen Sie nahe an die Bilder ran und genießen Sie die anregende Betrachtung der schönen Bilder.“
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Laufzeit Die Ausstellung „Tannenhähers Rendezvous“in der Galerie Schiele, Bauerntanzgasse 3 in Aichach, läuft bis zum 27. April. Geöffnet ist jeweils Dienstag bis Freitag von 10 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 18 Uhr sowie Samstag von 10 bis 12.30 Uhr.