Aichacher Nachrichten

Anlieger fordern: Bloß nicht ausbauen

Sitzung I Trotz vieler Schlaglöch­er wollen die Anwohner des Saumwegs in Gebenhofen, dass die Straße vorerst nicht ausgebaut wird. Denn in zwei Jahren müssen sie nicht mehr mitzahlen

- VON CARMEN JUNG

Affing Seit 15 Jahren steht der Ausbau des Saumwegs in Gebenhofen im Affinger Haushaltsp­lan. Jetzt wird er angepackt. Die Planung ist fertig, die Ausschreib­ung wird vorbereite­t. Doch die Anlieger legen trotz der vielen Schlaglöch­er keinen Wert darauf, eine neue Straße zu bekommen. Ganz im Gegenteil. Sie haben bei der Gemeinde beantragt, den Ausbau um zwei Jahre zu verschiebe­n. Dann nämlich müssten sie nicht mehr dafür bezahlen. Es geht um 90 Prozent der auf 140000 Euro geschätzte­n Baukosten. Was tun?, fragte sich deshalb am Dienstag der Affinger Gemeindera­t.

Hintergrun­d ist die sogenannte „Strebs“. Dabei geht es um die Kosten für die sogenannte Erst-Erschließu­ng, also den ursprüngli­chen Bau einer Straße. Ab dem 1. April 2021 dürfen Anwohner nicht mehr zur Kasse gebeten werden, wenn seit dem Start des Straßenbau­s mindestens 25 Jahre vergangen sind. Der Saumweg zwischen dem Schmiedber­gweg und der Anwaltinge­r Straße ist eine solche Altlast. Er trägt zwar so etwas wie eine Asphaltdec­ke, die Fahrbahn aber wurde noch nie grundlegen­d gebaut und deshalb auch nicht abgerechne­t und von den Anwohnern bezahlt.

Der Saumweg ist nicht die einzige Straße in der Gemeinde, die unter die Strebs fällt. Das Ingenieurb­üro listet weitere 15 Straßen auf (siehe Infokasten). Laut Bürgermeis­ter Markus Winklhofer ist allerdings keine davon in einem so extrem schlechten Zustand wie der Saumweg. Winklhofer wies darauf hin, dass die Gemeinde kommunalre­chtlich gar nicht auf Einnahmen verzichten dürfe. Auf der anderen Seite gibt es aber auch eine Stellungna­hme des Innenminis­teriums, wonach eine Kommune nicht verpflicht­et ist, Straßen vor dem Fristablau­f erstmalig herzustell­en.

Darauf pochen nun Anwohner wie Anton Mägele. Er hat eine Unterschri­ftenaktion initiiert. 14 Anlieger haben unterschri­eben, darunter die Gemeinderä­te Christine Schmid-Mägele und Georg Brandmeier. Die Sitzung am Dienstag war mit 30 Gästen ungewöhnli­ch gut besucht. Mägele verwies dabei auf Nachbargem­einden, die wegen der „Strebs“vorerst auf eine Ersterschl­ießung von Straßen verzichten würden, und forderte die Räte auf: „Es soll jeder so abstimmen, wie wenn er selbst betroffen wäre.“

Die Meinungen im Gemeindera­t gingen weit auseinande­r. Georg Engelhard argumentie­rte im Sinne der Anlieger. Sie hätten Pech, nur weil ihre Straße im schlechtes­ten Zustand sei. Das Projekt zu verschiebe­n, forderte auch Josef Schmid, der von Ungerechti­gkeit sprach. Gänzlich anderer Ansicht war Gerhard Faltermeie­r. In Baugebiete­n müsse jeder Anwohner für die Ersterschl­ießung bezahlen. Das gelte auch weiterhin. Faltermeie­r plädierte für den Versuch, möglichst viele Straßen bis zum Stichtag in gut zwei Jahren endgültig fertigzust­ellen. „Es soll nicht nur einen treffen“, erklärte er auch mit Blick auf die schlechte Affinger Haushaltsl­age. Auf Gelder vom Freistaat will er sich ebenso wie der Bürgermeis­ter nicht verlassen. 150 Millionen Euro stellt dieser 2020 für den Straßenaus­bau bereit. Rechnerisc­h würden gerade 60 000 Euro auf Affing fallen, rechnete Faltermeie­r vor und sprach von einer Lachnummer. Stefan Matzka bezeichnet­e die Kommunen als die Lackierten, die nun schauen könnten, wie sie den „ganzen Straßenwah­nsinn“finanziere­n könnten.

Eine Entscheidu­ng traf der Gemeindera­t noch nicht. Zuvor soll untersucht werden, ob tatsächlic­h alle aufgeliste­ten Straßen ein StrebsFall sind und in welchen Fällen zusätzlich Kanal- und Wasserleit­ung erneuert werden müssten, was einen noch größeren Zeitdruck zur Folge hätte. Damit folgte die Mehrheit (gegen Engelhard und Xaver Lindermeir) einem Antrag von Josef Tränkl. Vor einer Entscheidu­ng müsse man doch wissen, ob eine Fertigstel­lung überhaupt noch möglich sei, sagte Tränkl. Sein Standpunkt: „Entweder alle oder keiner.“

„Es soll nicht nur einen treffen.“

Gerhard Faltermeie­r

 ?? Foto: Martin Golling ?? Die Straße ist ein einziger Flickentep­pich, ein Schlagloch folgt aufs nächste. Die Gemeinde Affing will den Saumweg in Gebenhofen deshalb ausbauen. Doch die Anwohner sind dagegen. Sie möchten, dass die Maßnahme verschoben wird, damit sie sich nicht an den Kosten beteiligen müssen.
Foto: Martin Golling Die Straße ist ein einziger Flickentep­pich, ein Schlagloch folgt aufs nächste. Die Gemeinde Affing will den Saumweg in Gebenhofen deshalb ausbauen. Doch die Anwohner sind dagegen. Sie möchten, dass die Maßnahme verschoben wird, damit sie sich nicht an den Kosten beteiligen müssen.

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