Der Kronzeuge, der nicht weiterhilft
Prozess Aus der Beugehaft vorgeführt, ist seine Aussage dem Gericht zu unpräzise. Deshalb müssen zwei von vier mutmaßlichen Einbrechern freigesprochen werden
Der Zeuge ist das schlechteste Beweismittel. Das wissen Richter, Staatsanwälte und Verteidiger aus Erfahrung. Eine Gen-Spur, ein Fingerabdruck – das sind unbestechliche Beweise. Die Zeugenaussage dagegen ist oftmals geprägt vom nachlassenden Erinnerungsvermögen, subjektiven Eindrücken, Nervosität und manchmal auch Ängsten. Das bewahrheitete sich nun im Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder einer georgischen Einbrecherbande wieder einmal.
Der Kronzeuge der Anklage, der von einem Schöffengericht unter Vorsitz von Roland Fink eine Woche lang in Beugehaft genommen worden war, weil er die Aussage verweigerte, hatte es sich nun im Gefängnis anders überlegt. Der Ukrainer, 36, machte zwar über eine Dolmetscherin und im Beisein seines Zeugenbeistands Florian Schraml etwas widerstrebend und eingeschüchtert Angaben, wie sich die vier Angeklagten in seiner Wohnung im Bärenkeller eingenistet und Diebesgut verstaut hatten. Die Aussage war jedoch offenbar so unpräzise, dass sie für zwei der Angeklagten zum Feispruch führte.
Der Ukrainer hatte die Georgier November 2017 bei der Kripo angeschwärzt. „Ich wollte nicht mehr länger tatenlos zusehen und hinnehmen, dass sie stehlen, in dem Land, das mich versorgt“, begründete der Kronzeuge seinen Schritt. Bei einer Durchsuchungsaktion mit 20 Beamten hatte die Kripo umfangreiches Diebesgut sichergestellt. Aufgrund von Finger- und DNA-Spuren konnte die Kripo zwei der Angeklagten Einbrüche in Häuim ser in Lechhausen und im Bärenkeller nachweisen. Die beiden Männer, 23 und 32 Jahre alt, gestanden dies denn auch ein. Sie wurden nun zu jeweils zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt.
Problematischer war die Beweislage bei den beiden anderen Georgiern. Der eine, 32, soll Organisator und „Buchhalter“der Bande gewesen sein. Er bestritt die Taten. Sein Kumpel, 38, als „Boss“der Bande angeklagt, schwieg. Er soll sogar aus dem Gefängnis heraus, wo er eine Zeit lang einsaß, die Fäden gezogen und Aufträge erteilt haben. Auf welche Weise dies geschehen sein soll, wollte Richter Fink wissen.
Der Kronzeuge erklärte, er habe mitbekommen, wie der Mann aus dem Gefängnis mithilfe anderer, entlassener Häftlinge Briefe herausschmuggeln ließ. Auch wisse er von normaler Gefangenenpost, die mit irgendwelchen Codes oder „Geheimzeichen“versehen worden war. Alle Angeklagten hätten sich über Einbrüche unterhalten. Diebesgut sei in Amsterdam und in einem kleinen Laden in der Jakobervorstadt abgesetzt, der Erlös häufig in die Heimat transferiert worden.
Die sieben Verteidiger hatten in ihren Plädoyers unter anderem die Durchsuchungsaktion der Kripo heftig kritisiert, die ohne richterlichen Beschluss erfolgt sei. Deshalb dürften Beweise daraus nicht verwertet werden. Das Gericht sprach am Ende den angeblichen Boss und den „Buchhalter“frei.