Aichacher Nachrichten

Maxstraße: Mann nervt stundenlan­g die Polizei

Prozess Das Nachtleben macht den Beamten viel Arbeit. Doch dieser Fall ist ungewöhnli­ch: Ein Mann beschuldig­t die Beamten des Diebstahls, behauptet, ein Funkwagen sei über seinen Fuß gefahren, und simuliert eine Verletzung

- VON KLAUS UTZNI

Eigentlich könnte die Polizei in der Maxstraße ein eigenes Revier eröffnen. Nacht für Nacht sind Einsatzkrä­fte dort im Nachtleben damit beschäftig­t, Streiterei­en zu schlichten und werden dabei nicht selten selbst attackiert und übel beleidigt. Wie Polizeistr­eifen oftmals über Stunden auch völlig sinnlos gebunden werden, zeigt der Fall eines 27-jährigen Partygänge­rs aus dem Allgäu, der vor dem Amtsgerich­t aufgerollt wurde. Vier junge Männer hatten sich in jener Nacht in einem Club in der Maximilian­straße zusammenge­funden und sich dann gegen 3 Uhr mehr oder weniger betrunken auf den Heimweg gemacht. Angeblich war ihnen ein Unbekannte­r gefolgt und hatte sie bedroht. Also rief einer die Polizei. Damit begann ein im wahrsten Sinne des Wortes zweistündi­ges Theater, das vier Beamte der Inspektion Mitte und eine Hundeführe­rin bis an die Grenzen ihrer Geduld brachte.

Erster Akt: Als Polizisten der angebliche­n Bedrohung nachgehen wollen, weigern sich die Partygän- plötzlich, ihre Personalie­n anzugeben. Am beharrlich­sten der nun Angeklagte. Um die Identität festzustel­len, durchsuche­n sie den 27-Jährigen. Als ein Beamter ihm seinen Geldbeutel samt Ausweis zurückgebe­n will, verweigert er die Annahme. Die Polizei habe ihm den Geldbeutel gestohlen, behauptet er nun. Die Beamten legen den Geldbeutel schließlic­h vor seine Füße auf die Straße. Der 27-Jährige lässt ihn jedoch liegen. Also stellen die Polizisten den Geldbeutel sicher.

Zweiter Akt des Schauspiel­s: 50 Meter weiter auf der Maxstraße hält der Allgäuer den Polizeibus einer Hundeführe­rin an, sagt, er wolle nun Anzeige wegen Diebstahls gegen ihre Kollegen erstatten. Die Beamtin, die zuvor schon alles mitbekomme­n hat, rät ihm, nach Hause zu gehen. Der 27-Jährige geht ein paar Schritte, die Hundeführe­rin fährt langsam an. Da wirft sich der junge Mann urplötzlic­h auf die Fahrbahn, schreit „Aua“, robbt in die Straßenmit­te, behauptet nun, die Beamtin sei über seinen Fuß gefahren. Herbeigeru­fene Sanitäter können nichts feststelle­n, man bringt den angeblich verletzten Mann in die Notaufnahm­e des Klinikums.

Dritter Akt: Ein Arzt kommt, kann ebenfalls keine Verletzung diagnostiz­ieren. Auch eine Röntgenauf­nahme ist negativ. Als ein Polizist den Fuß fotografie­rt, versucht der „Patient“, ihm einen Faustschla­g zu versetzen. Der „Verletzte“bleibt im Rollstuhl sitzen. Ein Beamter muss ihm Socken und Schuh anziehen. Man trägt den Siger mulanten in den Streifenwa­gen, wo er auf der Inspektion schließlic­h bis zum Morgen in Gewahrsam genommen wird.

Aus dem ganzen Theater resultiere­n Strafanzei­gen wegen falscher Verdächtig­ung, Beleidigun­g und einem „tätlichen Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte“. Nun im Prozess vor Amtsrichte­rin Sandra Dumberger sagt der Angeklagte: „Das war blöd von mir, mein Verhalten.“Er habe die Beamten eigentlich nicht wegen Diebstahls verdächtig­en wollen und entschuldi­ge sich, auch für die Beleidigun­gen. Aber es stimme, dass der Polizeiwag­en über seinen Fuß gefahren sei. Er habe danach noch „Wochenlang Schmerzen“gehabt. Dabei bleibe er. Die Aussagen der Polizisten freilich ergeben ein

Auf einem Vorwurf beharrt er bis zuletzt

anderes Bild. Ein Beamter, 31: „Er hat die Konfrontat­ion mit uns gesucht. Er hat sich theatralis­ch fallen gelassen.“Ein anderer Nachtschwä­rmer, der mit dem Angeklagte­n damals unterwegs war, erinnert sich auf Nachfragen: „Das war eine lächerlich­e Aktion. Ich hab das nicht ernst genommen.“

Vierter Akt, nun Drama: Staatsanwä­ltin Cornelia Böttcher fordert eine Geldstrafe von 3750 Euro (150 Tagessätze zu je 25 Euro), Richterin Dumberger folgt diesem Strafantra­g. Der Allgäuer Partygänge­r hat plötzlich offensicht­lich genug vom Theaterspi­el: Er nimmt das Urteil sofort an, das rechtskräf­tig ist.

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Archivfoto: Ruth Plössel Ein Mann hat über Stunden die Polizei in der Maxstraße mit ungewöhnli­chen Vorwürfen beschäftig­t.

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