Erster Weltcup-Auftritt für Leander Kress
Wintersport Der 18 Jahre alte, beinamputierte Friedberger besucht seit dieser Saison das Sportinternat in Berchtesgaden. Im Nationalkader trainiert er auch mit Paralympics-Siegerinnen. Doch es gibt immer wieder kleine Rückschläge
Friedberg/Berchtesgaden In einem neuen Lebensabschnitt steckt seit Beginn dieser Wintersaison der Friedberger Skifahrer Leander Kress. Der beinamputierte Sportler besucht seit September 2018 das Sportinternat in Berchtesgaden, wo er sein intensives Training auch mit dem Besuch der Fachoberschule verbinden kann. Und das Training zahlt sich aus, denn mittlerweile kann Leander Kress auch auf seine ersten Rennen im Weltcup verweisen.
„Bislang ging es in dieser Saison fast nur bergauf“, meinte der Teenager, der in Berchtesgaden nun die 11. Klasse der Fachoberschule besucht und am Nachmittag alle Trainingsmöglichkeiten auf dem Gelände, das auf 1200 Meter Höhe liegt, nutzen kann. Bereits im Oktober des vergangenen Jahres wurde er in den deutschen Nationalkader der Behinderten-Skifahrer aufgenommen. „Ich darf mit den mehrfachen Paralympics-Siegerinnen Anna Schaffelhuber und Anna-Lena Forster mittrainieren“, erzählte der Friedberger begeistert. Zum Saisonauftakt stand die weite Reise nach Landgraaf in den Niederlanden an, und dort wurden in einer Skihalle Rennen gefahren. Da landete er auf den Plätzen fünf und zehn. „Jedoch erreichte ich wegen eines kleinen Fehlers, der mich eine Sekunde kostete, nicht die Weltcup-Qualifikation. Im Nachhinein war es wohl doch ein großer Fehler“, meinte er. Bei den deutschen Meisterschaften im Dezember konnte aufgrund des Wetters nur ein Riesenslalom ausgetragen werden, in dem der Friedberger aber ausschied. „Im Slalom bleibe ich weiterhin seit 2017 amtierender deutscher Meister“, so Kress.
Daraufhin ging es für den Fachoberschüler nach St. Moritz in die Schweiz zu einem Europacup-Rennen. Der Hang war sehr anspruchsvoll, und das Starterfeld war mit vielen der Besten aus der Weltrangliste besetzt. Im ersten Riesenslalom lief es gar nicht für den Friedberger, der von einem „sehr enttäuschenden Ergebnis“sprach. Am nächsten Tag wurde Leander Kress dann im zweiten Riesenslalom disqualifiziert. „Da habe ich in der Schräglage ein Schlagloch erwischt und bin kurzzeitig gelegen. Ich bin unverzüglich aufgesprungen, um den Lauf noch zu Ende zu fahren, aber der Schieds- hat dies als Regelverstoß angesehen“, erzählte Kress. Der Slalom in St. Moritz, der Lieblingsdisziplin des Friedbergers, war sehr schwer gesteckt. Alle „Einbeiner“einschließlich Leander Kress schieden in diesem Rennen aus. „Ich war schon fast im Ziel, aber mein Bein klappte ohne Vorwarnung zusammen, da der Lauf sehr viel Kraft kostete“, erklärte Kress.
Unlängst startete der Fachoberschüler aus Friedberg bei den internationalen Schweizer Meisterschaften in Klosters in Graubünden. Dort belegte er im Riesenslalom den vier- ten Platz. Im zweiten Lauf blieb beim Start beim Anschieben seine Krücke im Schnee hängen, was ihn kurz aus der Balance brachte und Zeit kostete. „Doch aus solchen Fehlern lerne ich“, meinte Kress. Der Slalom fiel zu seinem Bedauern aber wegen dichten Nebels aus.
Wenig später durfte Kress in Zagreb das erste Mal bei einem Worldcup-Rennen starten. „Ich erhielt eine Wildcard, die es mir trotz fehlender Qualifikation erlaubte, im Worldcup zu fahren.“Es war ihm sofort klar, dass er dort nicht in der oberen Hälfte des Starterfeldes mitrichter mischen konnte. Schließlich waren dort auch wieder mehrfache Paralympics-Medaillengewinner am Start. „Es war aber eine sehr coole Erfahrung während des Rennens, live auf Youtube übertragen zu werden“, meinte der Teenager.
Leander Kress gab an beiden Tagen sein Bestes, aber der Lauf in Zagreb sei selbst für einen WeltcupKurs übermäßig lang gewesen. „Im Zielhang ging mir in jedem Lauf leider die Kraft aus und ich verlor einen Haufen Zeit. Trotzdem fuhr ich meine bisher besten Ergebnisse ein, weil man im Weltcup immer bessere Punkte bekommt als in kleinen Rennen“, freute sich Kress nach den Rennen. Erstaunlich und zugleich motivierend für ihn war, dass ein 18-jähriger einbeiniger Isländer den Slalom gewann. „Es war sein erster Worldcup-Sieg, und das zeigte mir, dass vieles möglich ist.“
Und noch eine wichtige Erkenntnis nahm der Friedberger von seinem ersten Weltcup-Rennen in der Schweiz mit nach Hause: „Nun weiß ich aber, dass ich viel an meiner Ausdauer trainieren muss, damit ich einen Slalomlauf von oben bis unten durchziehen kann.“