Die liebenswerte „Rampensau“
Konzert Raphaela Gromes und Julian Riem bieten im gut besuchten Pfarrzentrum in Aichach Rossini-Variationen als Hörgenuss
Aichach Wer kennt schon die Duos für Klavier und Cello von Jacques Offenbach oder Gioachino Rossini? Es sind versteckte Perlen eines Repertoires, das so gut wie nie im Konzert geboten wird. Und es braucht Könner vom Format einer Raphaela Gromes und eines Julian Riem, um den Glanz solcher Perlen zum Leuchten zu bringen. Das ist am Samstag beim Konzert von Arzberger Classics im Aichacher Pfarrzentrum der Fall.
In diesem Fall: Rossini und Kammermusik? Das klingt ähnlich widersprüchlich wie Beethoven und Klavieretüden. Der italienische Opernstar des frühen 19. Jahrhunderts schrieb Une larme (Eine Träne) als bereits in den Ruhestand getretener Opernkomponist. Das Duo spielte dieses Werk als Intro, und Gromes zeigte schon zu Beginn fesselnde Bühnenpräsenz.
Die vorgestellten Werke sind allesamt durchaus geschmackvolle Kost. Allein Ludwig van Beethovens Konzert für Violoncello und Klavier fällt aus der Reihe des Programms „Hommage à Rossini“. Die thematische und harmonische Gestaltung wird durch die pure Lust am Spiel aufgewogen, die Oberfläche glänzt und glitzert. In diesem Konzert haben sich Meister ihres Instruments, der musikalischen Rhetorik und der Konzentration gefunden. Es macht einfach staunen, mit welcher Prägnanz und kristallinen Klarheit Riem den Klavierpart dieses Werks darstellt, wie er ihn unter permanente Spannung setzt und seine Strukturen durchleuchtet. Eine makellose Technik, ein warmer, runder Ton sowie ein feines Gespür für die tänzerische Rhythmik kennzeichnen ihre Spielweise. Doch es sollte noch besser kommen: Nach der Pause folgen drei Lieder aus Rossinis Soirées Musicals, von Riem arrangiert. Ganz gleich ob leise und zärtlich oder in rasendem Sturm: Stets dialogisieren die beiden ebenbürtig miteinander, während Riem dem Ganzen einen sicheren Halt bietet. Die Interpreten zeigen, dass nicht jeder rossinische Seufzer sentimental, nicht jedes seiner Glissandi schelmisch sein muss. Gromes und Riem spielen mit viel Lebendigkeit und Spielwitz, die Instrumente verströmen das Flair einer süditalienischen Piazza, auf der geredet, gelacht, gelitten und gestritten wird, und das alles mit lustvoll theatralischem Gestus.
Dass alte Handschriften nicht beachtet auf Dachböden mancher Erben lagern, ist nicht ungewöhnlich. Der Offenbach-Forscher JeanChristophe Keck fand ein Werk dieses in Anfangszeiten seines Schaffens verschmähten Meisters Jacques Offenbach, eben eine Hommage à Rossini. Gromes erzählt viel zur Entstehung des vorgestellten Programms, das ebenso auf einer CDEinspielung Niederschlag gefunden hat. Offenbach präsentiert elegante, charmante und leichtfüßige Musik, die von den Solisten mit viel innerer Ruhe und Liebe zum Detail gespielt wird. Cello und Piano pflegen ein intensives und angeregtes Zwiegespräch, das zwischen lockerer Plauderei und emotional gefütterten Streitgesprächen pendelt. Der warme, volle Klang lässt das tiefe Instrument schnurren wie einen verwöhnten Stubentiger. Ebenso wie die gespielten Variationen von den Komponisten Bohuslav Martinu° oder Mario Castelnuovo-Tedesco zum Hörvergnügen werden.