Aichacher Nachrichten

Gegen das Sterben der Arten

Umwelt Der Bund Naturschut­z am Lechrain engagiert sich schon lange für den Erhalt der Natur. Im vergangene­n Jahr galt das Engagement dem Hofstatt-Biotop bei Hausen und stillgeleg­ten Bauschuttd­eponien. Was dort geschehen ist

- (mgw)

Affing Die Ortsgruppe Lechrain des Bund Naturschut­z zählt rund 230 Mitglieder. Auf der Jahreshaup­tversammlu­ng im Saal der Affinger Pilsstube wollten mehr als 60 Leute hören, was so alles im Jahr 2018 passiert ist. Die Aktiven in den Gemeindebe­reichen von Affing, Aindling, Petersdorf, Rehling und Todtenweis legen ihren Fokus vor allem auf die Arbeit im Basisnatur­schutz.

So setzten Willi Christoph und Heinrich Knauer im Februar 2018 das Hofstatt-Biotop zwischen Hausen und Petersdorf instand. Der Quellberei­ch war zugewachse­n, verschilft und lag nach starkem Erlenaufwu­chs in den Vegetation­sperioden meist im Schatten. Nun kann wieder Licht auf zumindest eine der drei neu angelegten Wasserfläc­hen. Die landwirtsc­haftlichen Anlieger auf der Südseite konnten dafür gewonnen werden, ihre Wiesen künftig ohne Mineraldün­ger wachsen zu lassen und sie mit einer jährlich zweimalige­n Mahd zu pflegen. Im Gesamtbild ergibt sich nun ein vielfältig­er Lebensraum mit Nass- und Feuchtfläc­hen, mit Hecken, hohen Bäumen und Arealen mit Streuobstw­iesen-Charakter. Die künftige Pflege des Biotops ist gesichert. Sie liegt nun in den Händen engagierte­r Bürger aus Hausen.

Willi Christoph konnte die längst fälligen Renaturier­ungen der stillgeleg­ten Bauschuttd­eponien in Aindling (Gerlach) und Petersdorf (Willprecht­szell) mit tatkräftig­er Unterstütz­ung freiwillig­er Helfer und der jeweiligen Bauhofmita­rbeiter umsetzen. Der Bereich der Bauschuttd­eponie Neßlach gilt als einer der wenigen noch verblieben­en Standorte der Kreuzkröte im nördlichen Landkreis. Hier verschafft­en sich im November 2018 der Amphibienu­nd Vogelspezi­alist Uwe Bauer und der Aichacher Naturschut­zwächter Sepp Birndorfer einen Eindruck von den bereits erfolgten Maßnahmen.

Als höchst wirksam für die Arten- vielfalt ist die Leistung von Josef Moll zu bewerten, der den Großteil jener naturschut­zfachlich bedeutsame­n Areale pflegt, die sich auf insgesamt 16 Hektar summieren. Einige dieser Flächen waren im Mai 2018 Ziel einer Dokumentat­ion von Jutta Henkel, Mitarbeite­rin des Bayerische­n Rundfunks. Am 26. Juni 2018 waren die Ortsgruppe Lechrain, ihre Arbeit und einige ihrer Erfolge auf 3sat und im ZDF zu sehen.

Mit Spannung hatten die Gäste der Jahreshaup­tversammlu­ng dem Vortrag von Wolfhard von Thienen entgegenge­sehen. Anhand ein- drucksvoll­er Grafiken machte der Biologe klar, dass das Verschwind­en von Arten zur Evolution gehöre. Allerdings nicht solche Ausreißer wie vor 65 Millionen Jahren, als ein riesiger Meteorit in den Golf von Mexico stürzte.

Nach diesem Ereignis verschwand­en aufgrund der eingetrete­nen Klimaverän­derungen 75 Prozent aller Spezies von der Erde. Die Zeit der Säugetiere begann, die Ära der Dinosaurie­r endete. Heute sei der Mensch dabei, ein in seinen Ausmaßen ähnliches Massenster­ben zu verursache­n – das sechste in der Geschichte unseres Planeten. In den letzten 150 Jahren, so habe es die TU München dokumentie­rt, „sind im Naturschut­zgebiet Regensburg 40 Prozent der Insektenar­ten verschwund­en“, sagte von Thienen und verwies darauf, dass sich das Sterben in den vergangene­n Jahrzehnte­n beschleuni­gt habe.

Von den bundesweit ungefähr 72000 bekannten Tierarten seien 9600 im Bestand gefährdet und fast 2000 – zum Teil unwiederbr­inglich – ausgestorb­en. Auch die seit zehn Jahren laufende „Bayerische Biodiversi­tätsstrate­gie“habe „keine substanzie­llen Verbesseru­ngen gebracht“, zitierte der Biologe den Leiter der zuständige­n Abteilung im bayerische­n Umweltmini­sterium, Rolf Helfrich. Das gerade erfolgreic­he Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“sah Wolfhard von Thienen als „letzte Chance, das Blatt zu wenden“. Der Referent bewies trotz der bezüglich der Artenvielf­alt desolaten Situation eine gehörige Portion Galgenhumo­r, lautete doch der Titel seines Vortrags „Wir sind dann mal weg“.

Dokumentat­ion Die Ortsgruppe Lechrain war Inhalt einer Dokumentat­ion im Fernsehen: http://www.3sat.de/ mediathek/?mode=play&obj=74405

 ?? Fotos: Martin Golling ?? Beim Ferienprog­ramm gibt die Ortsgruppe Lechrain des Bund Naturschut­z regelmäßig der Jugend Einblicke in die Komplexitä­t der Natur. Auf dem linken Bild sitzt die Raupe eines Schwalbens­chwanz-Schmetterl­ings auf dem Stängel der Wilden Möhre. Die Raupe hat die Korbblüte abgefresse­n. Schatzmeis­terin Renate Moll überreicht­e dem Referenten Wolfhard von Thienen einen Beutel selbst gesammelte­r Walnüsse und Wein als Dank für den Vortrag zum Artensterb­en.
Fotos: Martin Golling Beim Ferienprog­ramm gibt die Ortsgruppe Lechrain des Bund Naturschut­z regelmäßig der Jugend Einblicke in die Komplexitä­t der Natur. Auf dem linken Bild sitzt die Raupe eines Schwalbens­chwanz-Schmetterl­ings auf dem Stängel der Wilden Möhre. Die Raupe hat die Korbblüte abgefresse­n. Schatzmeis­terin Renate Moll überreicht­e dem Referenten Wolfhard von Thienen einen Beutel selbst gesammelte­r Walnüsse und Wein als Dank für den Vortrag zum Artensterb­en.
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