Geht’s um PFC, braucht’s vor allem Geduld
Gesundheit Der Geduldsfaden aber ist der Marktgemeinde Manching Ende 2018 gerissen – sie verklagte die Bundesrepublik. In Neuburg hält der Faden noch. Was rund um den Fliegerhorst Zell aktuell geplant ist
Neuburg/Manching Irgendwann im vergangenen Dezember waren Bürgermeister Herbert Nerb und sein Gemeinderat mit ihrer Geduld am Ende. Und Manching erhob als erste Kommune in Deutschland wegen der PFC-Belastung Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland. „Ich kann für Manching nur hoffen, dass sich da jetzt was tut“, sagt Günter Steinwand, der Ortssprecher von Bruck und Maxweiler.
Auch auf und im Umfeld des Nato-Flugplatzes in Zell wurden, wie berichtet, Belastungen von Boden und Grundwasser mit PFC (perund polyfluorierte Chemikalien) nachgewiesen. Diese können – da ist sich die Wissenschaft einig – giftig sein. Und auch in Neuburg wissen Günter Steinwand und seine Ortssprecherkollegen Andreas Weis (Marienheim) und Roland Habermeier (Zell), wie schleppend sich das Ganze hinzieht, wie unbefriedigend aus ihrer Sicht die Informations- und Aufklärungsarbeit bei der Bundeswehr ist. Allerdings hat sich seit August vergangenen Jahres, als erstmals auch die Belastung im und um den Nato-Flugplatz öffentlich bekannt wurde, einiges getan.
Zur Erinnerung: Neben den nachgewiesenen, kontaminierten Stellen auf dem Fliegerhorst Zell wurde der vom Bayerischen Landesamt für Umwelt festgelegte Schwellenwert in zwei von acht untersuchten landwirtschaftlichen Brunnen überschritten und schließlich auch im Zeller Weiher erhöhte Werte festgestellt. Schuld an allem ist der mit PFC versetzte Löschschaum, der an Standorten der Bundeswehr bis 2011 eingesetzt wurde. Dass der Schaum, der über den Boden auch ins Grundwasser eingedrungen ist, ein Gesundheitsrisiko darstellen könnte, hat damals niemand gewusst.
Nachdem die Gefahr vor allem für das Grundwasser erkannt war, geht es nun an die Aufarbeitung – und die erfordert Geduld, wie nicht nur die Neuburger Ortssprecher mittlerweile wissen. Der aktuelle Stand vor Ort: Wasserwirtschaftamt, Bundeswehr und Landratsamt haben rund 30 Gartenbrunnen im Umfeld des Flugplatzes ausgesucht, die noch im ersten Quartal beprobt werden sollen. Die Ausschreibung dafür hat das Staatliche Bauamt gemacht, nächste Woche soll die Ausschreibung durch sein und ein Übersichtsplan vorliegen, der die Lage der Privatbrunnen zeigt. Sollten Belastungen festgestellt werden, wird es genauere Untersuchungen geben. „Wir warten jetzt darauf, was da rauskommt“, sagt Günter Steinwand. Mit seinen Kollegen aus Marienheim und Zell will er im März auch nach Manching fahren, wenn die Bürgerinitiative, die sich in Manching gegründet hat, wieder einen Stammtisch abhält. „Da können wir nur was lernen von denen“, sagt Steinwand. Vor allem, sich in Geduld zu üben. In Manching hatte man Ende 2018 genug davon. Der Gemeinderat beschloss einstimmig, den Bund zu verklagen, nachdem man sich über Wochen um einen entsprechenden Termin mit der Bundeswehr bemüht hatte, wie Rainer Hofer, Leiter des Manchinger Ordnungsamtes, das Vorgehen schildert. Es geht der Marktgemeinde bei der Feststellungsklage um „Beseitigungs-, Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche“wegen der PFC-Belastungen, die in Manching von dem von der Bundeswehr betriebenen Flugplatz ausgehen und vor allem die Ortsteile Lindach und Westenhausen betreffen.
Was ist das Ziel? Hofer sagt, dass es Manching in erster Linie auf eine Sanierung ankomme. Denn der Markt könne nicht für die entstandenen und die mutmaßlich noch ausstehenden Schäden aufkommen. Man habe mit der Klage einer drohenden Verjährung von Ansprüchen vorbeugen wollen.
Die Rechtsauffassung der Bundeswehr und die des Marktes Manching unterschieden sich, was die Fristen betreffe, erklärt Hofer. „Deshalb haben wir Schadensersatzansprüche jetzt geltend gemacht.“Wie hoch der Streitwert ist, sagt Hofer nicht. Die Klage ist noch Ende 2018 beim Landgericht Ingolstadt eingereicht worden. Das Verfahren, so viel ist sicher, wird ebenfalls Geduld kosten. Derzeit läuft nach Angaben des Landgerichts Ingolstadt die Klageerwiderungsfrist.
Auch wenn es allen betroffenen Haus- und Gartenbesitzern sowie den Landwirten zu lange dauert, hat sich inzwischen – in der vielschichtigen und komplizierten Gemengelage – wieder etwas bewegt:
Ende Januar hat es in Sachen PFC erneut einen Runden Tisch gegeben. Wie das Landratsamt Pfaffenhofen danach mitteilte, habe die Bundeswehr nun „erste Schritte“zur Sanierung bei der Landesbaudirektion Bayern beauftragt. Dazu zähle – der Behördenmitteilung zufolge – auch die Prüfung einer „vorgezogenen Abstromsicherung“. Für den sogenannten Hotspot in der Liegenschaft – die alte Feuerwache – werde derzeit das dazu notwendige Konzept erarbeitet. Erste Maßnahmen dazu würden nach aktuellem Kenntnisstand 2020 umgesetzt.
Unabhängig davon laufen die Arbeiten am Gesamtsanierungskonzept gemäß den Vorgaben des Bodenschutzgesetzes. Es geht ja nicht nur um die drei Hauptschadenspunkte „Alte Feuerwache“, „Landebahn Süd“und „Feuerlöschübungsbecken“.
2020. Das sei immerhin eine Jahreszahl, sagt der Manchinger Ordnungsamt-Chef Hofer. „Die ist uns wichtig.“Man respektiere das im Bundes-Bodenschutzgesetz vorgegebene Verfahren. Aber: „Wenn nun an bestimmten Stellen – wie der alten Feuerwache auf dem Flugplatz – der Schaden zweifelsfrei erwiesen ist, dann sind wir der Meinung, dass man da auch kurzfristig was machen kann.“Nach wie vor fließe dort im Augenblick das verschmutzte Wasser einfach weiter. „Wir wollen deshalb so schnell wie möglich eine Abstromsicherung.“
Im Mai soll es laut Landratsamt einen Ortstermin mit dem Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Silberhorn, geben. Wie es danach weitergeht, darauf sind vor allem die Vertreter der inzwischen zwei Manchinger Bürgerinitiativen gespannt.
Sie machen schon lange Druck. Eine ihrer grundlegenden Forderungen lautet: „Wir wollen, dass die vor sieben Jahren begonnene und bis heute fortwährende PFC-Verunreinigung vom Flugplatz Manching sofort gestoppt wird.“Die Abstromsicherung soll nach dem Willen der BI sofort kommen. Und es soll „endlich eine Zeitschiene“für die Gesamtsanierung her, betont deren Vorsitzender Michael Weichenrieder erneut.
Denn die im Mai 2018 vom Landratsamt erlassene Allgemeinverfügung gilt ja nach wie vor. Und der zufolge dürfen betroffene Bewohner bis 2032 ihre Grundstücke nicht mehr aus den eigenen Brunnen bewässern, müssen ausgehobene Erde selbst reinigen und das auch zahlen.
Auch die verschiedenen notwendigen PFC-Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Eine ganze Reihe seien zwar gemacht – etwa auf Ackerflächen, bei Feld-und Gartenfrüchten und im Boden – aber laut Landratsamt fehlen noch Daten zum Grund- und Oberflächenwassermonitoring. Auch bei Gartenflächen und Fischgewässern stünden noch Ergebnisse aus. Wichtig ist sowohl den Bürgerinitiativen als auch dem Markt Manching, dass das Monitoring auch in den kommenden Jahren beibehalten wird. Damit man weiter weiß, was Sache ist.
PFC ist nicht nur in Neuburg und Manching, sondern in ganz Deutschland und weltweit ein Problem. In Ingolstadt ist das Gelände der früheren Bayernoil-Raffinerie belastet und wird schon seit 2016 aufwendig saniert. Ferner ist der Bereich um die Gunvor-Raffinerie am Ingolstädter Stadtrand – überlagernd auf die Flur des Landkreises Eichstätt – betroffen. Insgesamt eine Mammutaufgabe und gewiss ist: Es braucht vor allem eines – Geduld.