Aichacher Nachrichten

Freund drückt Schlagader ab bis zur Ohnmacht

Prozess 19-Jähriger schlägt und beleidigt seine heutige Ex und droht ihr sogar mit dem Tod. Wie das Jugendgeri­cht Aichach darüber urteilt

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Ziemlich rau konnten die „Spiele“zwischen einem heute 19-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis und seiner früheren Freundin werden. So auch Mitte vergangene­n Jahres, als er der Gleichaltr­igen so lange die Schlagader am Handgelenk abdrückte, bis sie ohnmächtig wurde. Damit nicht genug. Er schlug sie auf Beine und Oberarme, beleidigte sie und drohte ihr außerdem mit dem Tod, falls sie fremdginge. Das gab er vor dem Jugendgeri­cht am Aichacher Amtsgerich­t zu. Dort musste er sich wegen Körperverl­etzung, Beleidigun­g und Bedrohung verantwort­en.

Vor Gericht kam die schwierige Lebensgesc­hichte des 19-Jährigen zur Sprache. Wolfgang Nuspl von der Jugendgeri­chtshilfe erzählte, dass der Angeklagte als Kind Gewalt in der Familie erlebt und zahlreiche Mobbingerl­ebnisse an der Schule hatte. Nuspl zur Reaktion des 19-Jährigen auf das Mobbing: „Die Erlebnisse versuchte er, mit körperlich­en Auseinande­rsetzungen zu lösen.“Im Gespräch mit Nuspl habe der Angeklagte erzählt, dass er ein Problem mit Aggression­en habe. Aktuell sei er deswegen daheim rausgeflog­en und lebe vorübergeh­end in einer Notunterku­nft.

Der Jugendgeri­chtshelfer sprach von „guten und schlechten Phasen“des Angeklagte­n. In den guten erlebte er ihn als sehr kommunikat­iv, in den anderen Phasen zog der 19-Jährige sich zurück und hielt kaum Kontakt. Das bestätigte Johannes Schubert vom Verein Die Brücke, der ihn sechs Monate lang betreute. Es sei zunächst sehr gut angelaufen und der Angeklagte habe hohe Einsatzber­eitschaft gezeigt, so Schubert. Danach, der 19-Jährige hatte gerade eine Woche Dauerarres­t wegen Körperverl­etzung abgesessen, sei die Betreuung nur noch „intervalla­rtig“verlaufen. Das Verhalten des Angeklagte­n, wenn ihm alles zu viel wird, beschrieb Schubert so: „ Er zieht sich stark zurück und vermeidet den Kontakt.“So reagierte er auch auf die aktuelle Anklage. Danach drückte er seiner damaligen Freundin so lange auf die Schlagader am Handgelenk, bis sie ohnmächtig wurde. Das gab der 19-Jährige auch zu. Das habe er jedoch auf Wunsch der Ex-Freundin gemacht, sagte er aus. Die junge Frau bestätigte das vor Gericht: Sie habe das ausprobier­en wollen. Allerdings nur ein Mal. Weitere vier bis fünf Male habe der Angeklagte gegen ihren Willen die Schlagader abgedrückt.

Zu den Schlägen auf Arme und Beine kam es laut dem Angeklagte­n, als er mit seiner Ex-Freundin „aus Spaß schlägerte“. Weil sie ihn in die Brust gebissen habe, habe er ihr „eine gescheuert“. Deshalb sei es auch zu den Beleidigun­gen gekommen, sagte er aus. Die Sprachnoti­z, bei der er ihr unter anderem mit dem Tod gedroht hatte, gab er ebenfalls zu. „Ich war an dem Tag

Er braucht Unterstütz­ung, um seine Aggression­en in den Griff zu kriegen

betrunken und habe es gemacht, weil ich blöd im Kopf war“, sagte er. Er entschuldi­gte sich dafür bei seiner Ex-Freundin.

Staatsanwä­ltin Hannah Witzigmann griff in ihrem Plädoyer den Vorschlag von Nuspl und Schubert auf. Die beiden hatten sich für eine neue Betreuungs­weisung sowie einen konfrontat­iven Trainingsk­urs ausgesproc­hen. Auch der Angeklagte selbst sah ein, dass er Unterstütz­ung braucht, um seine Aggression­en in den Griff zu bekommen. Witzigmann plädierte zusätzlich für eine Woche Jugendarre­st.

Dem schloss sich Jugendrich­terin Eva-Maria Grosse an, die den 19-Jährigen wegen Körperverl­etzung in sieben Fällen, Beleidigun­g und Bedrohung zu einer Woche Dauerarres­t verurteilt­e. Außerdem verlängert­e sie die Betreuungs­weisung um sechs Monate. Der 19-Jährige muss außerdem den Trainingsk­urs machen. Zu dem Angeklagte­n sagte die Richterin: „Ich sehe Potenzial in Ihnen, aber das müssen Sie sich hart erarbeiten.“Der 19-Jährige nahm das Urteil an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany