Aichacher Nachrichten

Sollten Augsburger das städtische Grün gießen?

Die Baum-Allianz ruft Bürger auf, Straßenbäu­me im Sommer zu bewässern, damit sie nicht vertrockne­n. Was sagt Irina Ehlert vom städtische­n Amt für Grünordnun­g zu solchen Aktionen?

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Heiße und trockene Sommer bedeuten Stress für Stadtbäume. Auch in Augsburg sterben immer wieder Bäume ab. Die Baumallian­z Augsburg, eine Initiative von Bürgern, kritisiert, die Stadt wässere Straßenbäu­me offenbar nicht ausreichen­d. Sie ruft zur Aktion „Gieß mich, sonst sterb’ ich!“auf. Auftakt ist am Samstag, 29. Juni, um 11 Uhr in der Neidhartst­raße 25. Ziel der Aktion sei, Bäume gut durch Trockenper­ioden zu bringen. Dafür sollen sich Bürger in ihrer Nachbarsch­aft organisier­en und Straßenbäu­me mit Wasser versorgen. Was sagt man bei der Stadt zum Zustand des öffentlich­en Grüns und solchen Aktionen? Wir haben nachgefrag­t.

Frau Ehlert, wie geht es den Stadtbäume­n in Augsburg?

Irina Ehlert: Seit zehn Jahren beobachten wir, dass Krankheite­n und Schäden an Stadtbäume­n deutlich zunehmen. Das ist sicherlich den zunehmend extremeren Standortbe­dingungen geschuldet. Man kann nicht sagen, dass ausschließ­lich die Trockenhei­t eines Jahres eine Rolle spielt, es ist die Summierung von Trockenstr­ess, Hitze, Verdichtun­g, Anreicheru­ng von Salzen und Schadstoff­en im Boden, falsche Baumartenw­ahl, nachträgli­che Versiegelu­ngen und zahlreiche Aufgrabung­en im Straßenbeg­leitgrün.

Krankheite­n und Schäden, was muss man sich da vorstellen?

Ehlert: Durch all diese Einflüsse werden Vitalitäts­defizite, Totholzbil­dung bis hin zum Absterben von Kronenteil­en und das Absterben von ganzen Bäumen verursacht. Geschwächt­e Bäume sind auch weniger resistent gegen Schädlinge und Krankheite­n. Dazu kommt die Ausbreitun­g neuer, bisher seltener oder unbekannte­r Pilze und Schädlinge, die die Bäume zusätzlich schädigen.

Gibt es Bäume, die unter den Bedingunge­n besonders leiden?

Ehlert: Ja. Insbesonde­re Spitzahorn­bäume und Winterlind­en haben häufig Schäden durch Totholz oder abgestorbe­ne Kronenteil­e. Das ist für den Laien nicht so offensicht­lich, weil wir natürlich immer dabei sind, die Bäume zu pflegen und das Totholz zu entfernen. Wir vermuten da einen direkten Zusammenha­ng mit den starken Hitzewelle­n im Sommer und den Dürreperio­den der letzten Jahre.

In Berlin hat der Bezirk KreuzbergF­riedrichsh­ain die Bürger im April aufgrund der Trockenhei­t dazu aufgerufen, die Stadtbäume zu gießen. Jetzt soll es auch eine Aktion in Augsburg geben. Eine gute Idee?

Ehlert: Pro Baum brauchen sie etwa 100 bis 150 Liter Wasser. Das ist doch den Bürgern gar nicht zumutbar, so viel heranzusch­leppen. Und dann auch noch Trinkwasse­r ... Aber ich will das auch nicht verhindern. Wir müssen dann aber weiter nach unserem Plan gießen, weil wir ja auch nicht nachvollzi­ehen können, wer wieviel gegossen hat.

Welche Bäume gießen Sie?

Ehlert: Die neu gepflanzte­n Bäume werden bis zu drei Standjahre­n konsequent und schon sehr zeitig im Frühjahr bewässert. Wir haben mittlerwei­le mehr Zeit eingeplant. Im letzten Jahr haben wir zum Teil auch am Wochenende gegossen.

Und die alten, großen Bäume? Ehlert: Große Bäume kann man nicht einfach gießen. Die haben ihre Wurzeln nicht wie eine Mohrrüben, sondern die reichen links und rechts oft weit über die Krone hinaus. Diese Bäume helfen sich selbst, in dem sie in Sommern wie dem letzten zum Beispiel die Blätter einrollen oder abwerfen. Ehlert: Davon gehe ich aus. Wir bauen ja jetzt schon um und testen andere Baumarten, die das Stadtklima gut vertragen. Feldahorn, Hainbuche und Silber-Linde gehören zum Beispiel zu diesen Baumarten, aber auch seltener gepflanzte Bäume wie Ginkgo und Amberbaum. Ob diese Bäume gegenüber den traditione­ll gepflanzte­n Arten tatsächlic­h gesünder und vitaler gedeihen, können wir noch nicht beurteilen. Das wird sich erst in einigen Jahren herausstel­len. Interview: Stefanie

Wirsching und Eva Maria Knab

 ?? Archivfoto: Anne Wall ?? In heißen Sommern leidet das städtische Grün mitunter stark. Eine Initiative ruft nun Bürger dazu auf, die Stadtbäume zu gießen. Wenn der Spitzahorn und die Winterlind­e sich mit Hitze und Dürre besonders schwer tun, wird es da künftig ganz andere Stadtbäume geben?
Archivfoto: Anne Wall In heißen Sommern leidet das städtische Grün mitunter stark. Eine Initiative ruft nun Bürger dazu auf, die Stadtbäume zu gießen. Wenn der Spitzahorn und die Winterlind­e sich mit Hitze und Dürre besonders schwer tun, wird es da künftig ganz andere Stadtbäume geben?

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