Aichacher Nachrichten

Ordnung im Kopf

Wo das Spicken ausdrückli­ch erlaubt ist

- VON JOACHIM BOMHARD

Liebe Kinder, dies soll kein Aufruf zur unerlaubte­n Nachahmung sein. Es ist zwar manchmal prickelnd und tricky, scheinbar schlauer als der Lehrer zu sein. Aber der „Unterschle­if“ist in der Schule verboten.

Unterschle­if? Kenn ich nicht, werdet ihr sagen. Da habt ihr auch ein bisschen recht. Aber allein in 50 bayerische­n Vorschrift­en kommt dieses veraltet klingende Wort vor, fast immer hat es was mit Prüfungen zu tun. Im Süddeutsch­en steht es dafür, sich unerlaubte­r Hilfe zu bedienen. Und damit sind wir beim eigentlich­en Thema: dem Spickzette­l. Der Professor auf dem Bild hält zwei eng beschriebe­ne Exemplare aus seiner großen Sammlung in der Hand. Er findet sie gut und erlaubt sie sogar in Prüfungen seinen Studenten der höheren Semester. Ein einziges DIN-A4-Blatt voller handschrif­tlicher Notizen, das sei kein Unterschle­if. In der Schule ist Spicken ein Betrugsver­such. Dafür gibt es eine 6, die Prüfung ist nicht bestanden. Gerold Gerlach ist mit seinen 61 Jahren ein erfahrener Professor für Festkörper­elektronik an der Universitä­t in Dresden. Seine Studenten müssen viel lernen, und er weiß, dass das nicht immer Spaß macht. Aber Spickzette­l – vor allem, wenn sie erlaubt sind – können helfen, Ordnung im Kopf zu schaffen, sagt er. Wenn nur das Wichtige auf dem winzigen Platz notiert und das Unwichtige weggelasse­n wird. Auch das gehöre zum Wissen. Deshalb finden der Professor und andere Universitä­tskollegen das Spicken manchmal ganz gut.

Was lernen wir daraus, liebe Kinder? Ihr könnt so viele Spickzette­l schreiben, wie ihr wollt, solange es euch dabei hilft, noch besser zu lernen. Aber lasst sie bitte daheim.

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Foto: dpa

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