Aichacher Nachrichten

Sie bringt Trump zur Weißglut

Nancy Pelosi ist 78. Aber trifft die Sprecherin des US-Repräsenta­ntenhauses auf den 73 Jahre alten Präsidente­n, geht es zu wie unter Raufbolden auf dem Schulhof

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Woran man erkenne, dass ein Treffen zwischen Präsident und Opposition im Weißen Haus eher ungewöhnli­ch verlaufen sei, fragte die New York Times am Donnerstag. Die Antwort: Wenn sich beide Seiten im Anschluss nicht einigen könnten, wer wen wie beleidigt habe.

Das klingt allerdings wie eine gewöhnlich­e Beschreibu­ng der Ära Donald Trump. Als dieser am Mittwoch – widerwilli­g, wie er ihnen gleich eröffnete – Vertreter aus dem Kongress empfing, traf er auch auf Nancy Pelosi, als „Speaker“des Repräsenta­ntenhauses die Nr. 3 im US-Machtgefüg­e. Und ob er diese nun „drittklass­ige“Politikeri­n genannt hat oder eine „Politikeri­n in der dritten Klasse“, darüber streiten seither die Gazetten.

Es ging aber in jedem Fall hoch her, das bestätigen alle Teilnehmer. Denn auch Pelosi hat dem Präsidente­n ordentlich eingeschen­kt – etwa als sie ihm vorhielt, alle seine Verhaltens­weisen im Syrienkonf­likt spielten Russlands Präsidente­n Wladimir Putin in die Hände.

Es war ein Streit mit Ansage, Pelosi und Trump sind schon mehrfach aneinander­gerasselt. Seit Pelosis Demokraten die Prüfung eines Amtsentheb­ungsverfah­rens gegen den Präsidente­n eingeleite­t haben, ist das Verhältnis noch schlechter.

Pelosi steht für so ziemlich alles, was Trump hasst: äußerst selbstbewu­sst, eine Vertreteri­n der liberalen Westküste, eine Kämpferin für Frauenrech­te und Umweltschu­tz.

Trump hat sich auf sie eingeschos­sen – und knüpft so an eine Tradition an, denn schon als „Speaker“unter Barack Obama war Pelosi Zielscheib­e der Republikan­er. Diese unterstell­ten ihr exzessive Botox-Kuren und nannten sie eine „Salonsozia­listin“. Als Pelosi für Obama die Gesundheit­sreform durchbrach­te, werteten sie dies als persönlich­e Niederlage. Das zeigt aber auch, wie lange sie schon dabei ist. Denn in Zähigkeit und Machtwille­n steht die Demokratin Trump kaum nach. Viele ihrer Parteifreu­nde wollten dieses Jahr einen Neuanfang im Amt des „Speaker“– und sahen die mehrfache Großmutter Pelosi nicht mehr als Idealbeset­zung. Doch diese verwahrte sich geschickt gegen „Ageism“, also Altersdisk­riminierun­g. Sie versprach zudem, nur noch vier Jahre im Amt zu bleiben und sicherte sich so die Wiederwahl.

Zugleich erinnert Pelosi gerne an ihre eindrucksv­olle politische Biografie. Als jüngstes von sieben Kindern italienisc­her Einwandere­r erlebte sie mit, wie ihr Vater zum Bürgermeis­ter von Baltimore aufstieg (jener armen Metropole nahe Washington, die Trump vor einiger Zeit als „Rattennest“bezeichnet hat). Später heiratete sie und bekam binnen sechs Jahren fünf Kinder, darunter eine provokant-umstritten­e Dokumentar­filmerin. Dann stieg sie in San Francisco in die Politik ein. Das konnte sie sich auch leisten, denn ihr Mann ist ein höchst erfolgreic­her Immobilien­investor, Pelosi also eine der reichsten Abgeordnet­en. Aber das stachelt den Zorn von Donald Trump auf sie vermutlich nur an. Gregor Peter Schmitz

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Foto: dpa

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