Aichacher Nachrichten

Wie sich Anleger informiere­n sollten

Das laufende tägliche Auf und Ab einer Aktie zu beobachten, hat wenig Sinn. Welche Quellen ein besseres Bild vermitteln

- Monika Hillemache­r, dpa

Stuttgart Das Sparbuch wirft nichts mehr ab, Immobilien-Investment­s sind teuer. Wohin also mit dem Geld, das zum Beispiel fürs Alter angelegt werden soll? Wertpapier­e wie Aktien und Fondsantei­le sind eine Variante. Doch nicht jeder fühlt sich dafür gut genug informiert. In einer Umfrage im Auftrag des Deutschen Aktieninst­ituts und der Börse Stuttgart gaben 64 Prozent der Aktien-Abstinenzl­er mangelndes Wissen als Grund an, nicht in Aktien zu investiere­n. Dabei haben Anleger zahlreiche Möglichkei­ten, sich über Wertpapier­e und Fonds zu informiere­n.

● Infos über Kursentwic­klungen Helfen zum Beispiel Nachrichte­n über Kursschwan­kungen bei der Entscheidu­ng für Kauf und Verkauf überhaupt? Ja und Nein, sagen Experten. „In dem Moment, in dem der Aktionär die Info liest, ist der Kurs schon unten“, erklärt Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Dass die Nachricht zugleich auch tausende andere erreicht, die daraufhin ebenfalls kaufen oder verkaufen wollen, verstärke den Kurseffekt des Rauf und Runter. Zudem hinken Privatanle­ger den Börsenprof­is hinterher.

Die Computersy­steme der ProfiInves­toren reagieren in Nanosekund­enschnelle auf jede Veränderun­g. Sobald Informatio­nen publik geworden sind, sind sie im aktuellen Kurs der Aktie eingepreis­t, gibt Anlagefach­mann Nauhauser eine alte Börsenweis­heit wieder. Deshalb lautet sein Rat, das ständige Hin und Her eher zu ignorieren. Das gilt zumindest für Investoren mit langfristi­gem Anlagehori­zont, die mit Wertpapier­en Altersvors­orge betreiben und Vermögen aufbauen wollen.

● Geschäftsb­ericht Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW) mit Sitz in Düsseldorf erwartet von Anlegern dagegen mehr Engagement. Mindestens den Geschäftsb­ericht sollten sie lesen. Dieser ist bei Aktiengese­llschaften neben den alle drei Monate erscheinen­den Zwischenbe­richten das einzige offizielle und verbindlic­he Informatio­nsmedium. Besonders die Gewinn- und Verlustrec­hnung, die Bilanz und der Lageberich­t sind zu studieren, so der DSW-Experte. Dabei gilt das Interesse dem Vergleich mit der gesamten Branche und dem Wettbewerb sowie der Einordnung des eigenen Unternehme­ns in dieses Umfeld. Auch die Prognose, also der Blick auf die vom Management erwartete zukünftige Entwicklun­g, lohne die Lektüre. Zusätzlich zu den harten Fakten bekommen Anleger „ein Gefühl für das Management und die Strategie“, sagt Kurz.

● Vertrauen in die Strategie Das Vertrauen entscheide­t mit. Weil Börse viel mit Psychologi­e zu tun habe, könne dieses Gefühl mitentsche­iden über Ein- und Ausstieg – oder besser die Antwort auf die Frage: Traue ich dem Vorstand etwas zu oder nicht? Für institutio­nelle Anleger zählen Qualität des Management­s und Strategie ebenfalls zu den Orientieru­ngsgrößen.

DSW-Experte Kurz räumt ein, dass ein Geschäftsb­ericht im Zeitalter sozialer Medien altmodisch wirke. Trotzdem bleibt dieser für zahlreiche Privatinve­storen eine bedeutende Informatio­nsquelle. Das zeigt eine Umfrage des Deutschen Aktieninst­ituts. Es wollte von PostAktion­ären wissen, wo und wie sie sich informiere­n. Der Geschäftsb­ericht landete hinter der Presse auf Platz zwei, weit vor dem Internetau­ftritt oder der Bank. Beim Punkt Vertrauens­würdigkeit lag der Geschäftsb­ericht sogar an der Spitze.

Der in Papierform und zumeist auch im PDF-Format zum Download angebotene Bericht hat allerdings einen Nachteil: Er ist bereits beim Erscheinen veraltet.

● Unternehme­nsmitteilu­ngen Kurzfristi­ge Pflichtmit­teilungen von Unternehme­n, sogenannte Ad-hocMitteil­ungen, sind deutlich aktueller als Geschäftsb­erichte. Sie sind Pflicht, sobald ein börsennoti­ertes Unternehme­n kursreleva­nte Nachrichte­n zu verkünden hat. Lesen sollten Private diese Informatio­nen schon. Aber „es lohnt nicht, auf kurzfristi­ge Nachrichte­n kurzfristi­g zu reagieren“, meint Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninst­itut. Nur wer versuche, den Index zu schlagen, sollte kurzfristi­g handeln. Die Chancen auf den dicken Gewinn schätzt Leven als sehr gering ein, das Risiko dagegen hoch. Bei Haltefrist­en von fünf, zehn oder mehr Jahren hält er neue Fonds oder neu entwickelt­e Produkte für zuverlässi­gere Indikatore­n, um den Wert einer Aktie auf längere Sicht abzuschätz­en. Häufiges Trading schade außerdem dem Ertrag: „Hin und her macht Taschen leer.“

● Trends beobachten Zeitungsbe­richte über Aktien zu lesen und Nachrichte­n zu hören „ist nicht verkehrt“, um Wertpapier­e langfristi­g zu betrachten und dann über Raus und Rein zu entscheide­n, berichtet Börsenexpe­rte Leven. „Man muss die großen Trends mitbekomme­n“, sagt er. Die Empfehlung von Jürgen Kurz lautet ähnlich: „Liegen lassen und gewinnen klappt nicht mehr, weil zum Beispiel die Digitalisi­erung ganze Geschäftsm­odelle trifft und ins Rutschen bringt“– und in der Folge die Aktienkurs­e der betroffene­n Branchen.

Indexfonds, die einen ganzen Aktieninde­x abbilden – sogenannte ETFs – erfordern wie andere Fonds auch in der Regel deutlich weniger Informatio­nsaufwand: ETFs machen die Marktentwi­cklung automatisc­h mit und sind in der Zusammense­tzung breit gestreut, was das Risiko reduziert.

Auch die Kurse der von Profis gemanagten Fonds werden Niels Nauhauser zufolge laufend angepasst, sodass für Anleger kaum Handlungsb­edarf besteht.

 ?? Foto: Daniel Reinhardt, dpa ?? Steigt der Dax, fällt er? Besser als der Blick auf die Kurse sind für Anleger andere Quellen.
Foto: Daniel Reinhardt, dpa Steigt der Dax, fällt er? Besser als der Blick auf die Kurse sind für Anleger andere Quellen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany