Aichacher Nachrichten

Söders Mega-Show

Der große CSU-Parteitag, der heute in der Münchner Olympiahal­le beginnt, soll besonders groß sein. Im Mittelpunk­t steht der neue Parteichef, der sich als Reformer präsentier­en will

- VON ULI BACHMEIER

München CSU-Parteitage haben – nicht immer, aber doch immer wieder mal – einen ganz besonderen Flair. Für Parteitage, bei denen sich die CSU mal wieder ganz neu erfindet, gilt das in besonderem Maße. Als CSU-Chef Horst Seehofer seine Partei dereinst zur „Mitmachpar­tei“erklärte, landete der mittlerwei­le verstorben­e Regensburg­er CSU-Landtagsab­geordnete Philipp Graf von und zu Lerchenfel­d einen humoristis­chen Volltreffe­r: „Ach, wissen Sie, was ich mit der Partei schon alles mitgemacht habe...“

An diesem Wochenende unternimmt der aktuelle Parteichef Markus Söder einen neuen Anlauf für eine Parteirefo­rm und dieses Mal hat der Günzburger Landtagsab­geordnete und frühere Justizmini­ster Alfred Sauter gute Chancen, mit einer höchst amüsanten Rechnung als Humorist zu reüssieren. In dem 75-Punkte-Programm Söders nämlich findet sich ein Punkt zur Verjüngung der Partei, der in den CSUKreisve­rbänden durchaus zu Komplikati­onen führen könnte: Die Bestimmung, dass künftig mindestens einer der vier Stellvertr­eter des Kreisvorsi­tzenden unter 35 Jahre sein soll. Wenn man da einen 34-Jährigen nimmt, so rechnet Sauter vor, dann muss schon bei der nächsten Wahl zwei Jahre später wieder ein unter 35-Jähriger gesucht werden. Und wenn das ein paar Wahlperiod­en so weitergeht und die zu alt gewordenen QuotenJung­en nicht gleich wieder aus dem Vorstand fliegen, dann hat sich im Extremfall die Führungssp­itze eines CSU-Kreisverba­nds binnen zehn Jahren selbst ausgewechs­elt. Deshalb, so Sauter, rate er all seinen Kolleginne­n und Kollegen, die einen Kreisverba­nd führen, sich einen 20-Jährigen oder eine 20-Jährige als Stellvertr­eter zu suchen. „Das hält dann ein paar Jahre.“

Sauters Warnung vor einer Selbstausw­echslung des Führungspe­rsonals an der CSU-Basis ist ein Scherz. Doch nicht jedem Herrn in der Partei ist zum Lachen zumute. Söders Losung, die CSU müsse „jünger und weiblicher“werden, bedeutet im Umkehrschl­uss, dass „alte, weise Männer“Führungspo­sitionen räumen müssen. An der Notwendigk­eit der Reform wird zwar nicht gezweifelt. Aber wenn immer weniger Junge und nicht mal mehr zehn Prozent der unter 25-jährigen Frauen die CSU wählen, dann muss etwas geschehen. Da sind sich alle einig. Die Herren, die es treffen wird oder treffen könnte, freilich schmerzt es dennoch.

der Reformer Söder, der den großen Parteitag der CSU dieses Mal besonders groß inszeniert und neben rund 1000 Delegierte­n auch noch 2000 Gäste in die Münchner Olympiahal­le geladen hat, ist im Vorfeld seiner Mega-Show offenbar nicht völlig frei von Sorge gewesen, dass im Zuge der Modernisie­rung etwas aus dem Ruder laufen könnte. Der Grund dafür waren die frühere CSU-Bundestags­abgeordnet­e Barbara Lanzinger und ihre Mitstreite­rinnen. Sie hatten bei der Landesvers­ammlung der Frauen-Union einen Antrag zur Parteirefo­rm gestellt, der auch die Forderung nach einer Doppelspit­ze enthielt.

Den Parteivors­itz mit einer Frau zu teilen, aber kommt für Söder – Frauen hin, Quote her – definitiv nicht infrage. In Echtzeit habe er sich, so erzählt man sich in der CSUFraktio­n im Landtag, über den Verlauf der Versammlun­g informiere­n lassen. Und seine Erleichter­ung sei groß gewesen, als er hörte, dass die frühere Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm und die scheidende Landesvors­itzende der Frauen-Union, Angelika Niebler, den CSU-Frauen am Ende einer munteren Debatte doch noch erfolgreic­h nahegelegt hatten, dass das mit der Doppelspit­ze wohl aktuell keine so gute Idee sei. Die neue Landesvors­itzende der Frauen-Union, die frühere Umweltmini­sterin Ulrike Scharf, sagt, sie sei mit dem danach gefundenen Kompromiss zur Parteirefo­rm „sehr zufrieden“, weil schließlic­h doch viele andere Forderunge­n durchgeset­zt worden seien und nun zu erwarten sei, „dass wir wieder mehr Frauen in die Gremien bringen“.

Den Gegenpart zur Frauen-Union bildete in der Debatte um die Parteirefo­rm die Junge Union. Sie machte Söder, wie es heißt, noch weniger Freude. Der Nachfolger des Schwaben Hans Reichhart als JU-Landesvors­itzender, der Oberpfälze­r Europaabge­ordnete Christian Doleschal, ist ein erklärter Gegner der Frauenquot­e. Er forderte und fordert auch jetzt noch, nachdem er dem Kompromiss zugestimmt hat, „mittelfris­tig eine quotenfrei­e CSU“. Dass er im Gegenzug für seine Zustimmung zur erweiterte­n Frauenquot­e eine Art „JugendSoga­r Quote“bekommen hat, ist zwar nicht ganz widerspruc­hsfrei. Aber sei´s drum. Auch Doleschal sagt, er sei mit dem Kompromiss zufrieden.

Und überhaupt: Die Partei hat einen neuen Chef und sie folgt ihm – nicht nur in dem einen oder anderen, sondern vermutlich in allen 75 Punkten. Die Regie des Parteitags, also Söder, will es, dass der neue Chef, also Söder, im Mittelpunk­t steht. Der heutige Freitag gehört fast vollständi­g ihm. Seine Rede und seine Neuwahl werden den Höhepunkt bilden.

Erst am Samstag wird dieses Mal die CDU-Vorsitzend­e auftreten. Man werde, wie es heißt, Annegret Kramp-Karrenbaue­r einen freundlich­en Empfang bereiten. Auch wenn längst nicht alle in der CSU von ihren Qualitäten als Kanzlerkan­didatin der Union überzeugt sind – die CSU hat sich vorgenomme­n, charmant gegenüber der CDU-Chefin zu sein. Das war nicht immer so. Aber das ist jetzt wieder eine ganz andere Geschichte von einem sehr besonderen großen Parteitag, auf dem die Hauptdarst­eller noch Horst Seehofer und Angela Merkel hießen und Humoristen einen schweren Stand hatten.

Mit einer Frau den Vorsitz teilen? Das dann doch nicht

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Foto: Matthias Balk, dpa Die Regie des CSU-Parteitags, also Markus Söder, will es, dass der neue Chef, also Söder, im Mittelpunk­t steht – und so wird es wohl in München auch aussehen: Söder-Festspiele.

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