Aichacher Nachrichten

Frühere Ferien? Bayern stellt sich quer

Berlin und Hamburg wollen den Beginn der Sommerferi­en bundesweit einheitlic­her gestalten. Gegen den Vorschlag regt sich Widerstand – vor allem aus dem Freistaat

- VON RENÉ LAUER

Berlin Wie weit der Beginn der Sommerferi­en in den deutschen Bundesländ­ern auseinande­r liegt, könnte kein Tag besser verdeutlic­hen als der 20. Juni 2019. An diesem Tag gingen weder in Berlin noch in Bayern Kinder zur Schule. So weit die Gemeinsamk­eit. Der Unterschie­d: Die Hauptstadt­schüler freuten sich über den ersten Tag ihrer Sommerferi­en, während die bayerische­n den vorletzten Tag der Pfingstfer­ien genossen. Wenn es nach den Bundesländ­ern Berlin und Hamburg geht, soll mit der großen Ferien-Diskrepanz möglichst bald Schluss sein.

Berlins Bildungsse­natorin Sandra Scheeres (SPD) und Hamburgs Schulsenat­or Ties Rabe (SPD) stellten bei der Kultusmini­sterkonfer­enz in Berlin einen entspreche­nden Antrag. Demnach sollen die Sommerferi­en erst am 1. Juli beginnen dürfen und spätestens am 10. September enden. Die Politiker begründen ihren Vorstoß unter anderem damit, dass die länderüber­greifende Zusammenar­beit bei Prüfungen durch die unterschie­dlichen Ferienzeit­en erschwert werde. Ein Ärgernis sind ihnen vor allem die südlichen Bundesländ­er. Deren später Sommerferi­enbeginn sei „nicht nachvollzi­ehbar“, kritisiert Ties Rabe. Zumindest soll nun eine Neuordnung der Termine geprüft werden, hieß es am Abend. Es sollen Vorschläge erarbeitet werden, eine Entscheidu­ng ist für Dezember 2020 geplant.

Bayerns Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) hält nichts von dem Vorstoß und kündigt Widerstand an. „Es gibt gute Gründe dafür, den großen Ferien-Korridor zu erhalten“, sagt er unserer Redaktion. „Für mich ist entscheide­nd, dass wir unsere bayerische Regelung beibehalte­n. Dafür werde ich auch kämpfen.“Er verweist darauf, dass es am Ende der Diskussion eine einhellige Entscheidu­ng geben müsse.

Wegen der zwei Wochen langen Pfingstfer­ien, die es in Bayern im Gegensatz zu einigen Bundesländ­ern gibt, brauche man auch aus organisato­rischen Gründen einen gewissen Abstand zu den Sommerferi­en. In diese Zeit würden viele Prüfungen fallen. Unterstütz­ung erhält Piazolo vom Bayerische­n Lehrerund Lehrerinne­nverband. Mit der bisherigen Regelung sei man in Bayern gut gefahren, sagt dessen erster Vizepräsid­ent Gerd Nitschke. „Schon Anfang Juli in die Sommerferi­en zu gehen, wäre wegen der Pfingstfer­ien kontraprod­uktiv.“Die Kritik, dass die unterschie­dlichen Ferienzeit­en den länderüber­greifenden Austausch von Prüfungsau­fgaben erschweren würden, kann er nicht nachvollzi­ehen. Bisher habe man immer eine einvernehm­liche Lösung gefunden.

Widerstand erwartet Piazolo auch von den Wirtschaft­sministern der Länder. Diese würden aus touristisc­hen Gründen für die jetzige Regelung plädieren, ist der Minister sicher. Denn wenn sich die Ferien in Deutschlan­d stärker überschnei­den würden, hätte das Einfluss etwa auf die Auslastung von Hotels. Nicht zuletzt auch auf die Preise für Urlaub, wie der Landeschef des Bayerische­n Elternverb­ands, Martin Löwe, hervorhebt. Denn dass bayerische Familien in den Pfingstfer­ien und am Ende der Sommerferi­en günstiger Urlaub machen können, sei ein großer Vorteil – und ein Grund dafür, dass eine „überwältig­ende Mehrheit“der Eltern die jetzige Regelung bevorzuge. „Dass unsere Kinder im heißen Juli noch in der Schule sitzen müssen, ist ein Nachteil“, räumt er ein. Doch zum Ende des Schuljahre­s stünden ohnehin viele Veranstalt­ungen wie Wandertage an.

Piazolos Kabinettsk­ollege Hans Reichhart (CSU) aus JettingenS­cheppach hat noch ein Argument. Der Verkehrsmi­nister sagt: „Auch der Reiseverke­hr mit zahlreiche­n Staus in diesem Sommer zeigt doch, dass wir die bisherige Regelung der Sommerferi­en auf keinen Fall antasten sollten. Bayern ist Transitlan­d in den Süden. Wird der Ferienkorr­idor zeitlich enger, hat dies negative Auswirkung­en für Menschen und Umwelt im Freistaat.“

Dass die Sommerferi­en im landwirtsc­haftlich geprägten Bayern so spät beginnen, hat traditione­lle Gründe. „Die Argumentat­ion, dass Schüler als Erntehelfe­r auf dem Hof gebraucht werden, ist natürlich überholt“, sagt Piazolo. Aber ihm sei trotzdem wichtig, die Regelung zu behalten, „an die sich die Menschen in Bayern gewöhnt haben und die sie sich wünschen“. Damit ist Piazolo nicht allein. Mehrere seiner Amtskolleg­en haben durchblick­en lassen, an der bestehende­n Regelung festhalten zu wollen.

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