Aichacher Nachrichten

Beim FCA sind alle gefordert

Vor dem Heimspiel gegen den FC Bayern München hat Trainer Martin Schmidt viel mit seinen Spielern geredet. Sein Credo: Nur zusammen kommt man aus der Krise

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Das letzte Spiel, das Martin Schmidt gegen den FC Bayern bestritt, war sein letztes Duell mit dem Rekordmeis­ter für lange Zeit. Am 17. Februar 2018 hatte er mit dem VfL Wolfsburg zu Hause 1:2 gegen die Münchner verloren. Zwei Tage später trat er von seinem Posten als Chef-Trainer überrasche­nd zurück. Wolfsburg lag damals nur einen Punkt vor dem Relegation­splatz. Schmidt galt schon damals als großer Motivator, doch nachdem er im September Andries Jonker abgelöst hatte, konnte seine Mannschaft die hohen Erwartunge­n selten erfüllen. Zwar hatte Schmidt von 19 Bundesliga­spielen nur fünf verloren, aber auch nur vier gewonnen. Dafür spielte sein Team elf Mal Unentschie­den. Das brachte ihm den Spitznamen „Remis-Martin“ein, in Anlehnung an den bekannten Weinbrand. Doch anders als der, schmeckte dieses Mittelmaß weder Schmidt noch den VfL-Fans.

Fast auf den Tag genau 20 Monate später trifft Schmidt am Samstag wieder auf den FC Bayern. Diesmal mit dem FC Augsburg in der heimischen, bereits seit Wochen ausverkauf­ten WWK-Arena. Auch diesmal steckt er mit seiner Mannschaft in einer misslichen Situation. Nach sieben Spieltagen liegt der FCA mit nur fünf Punkten ebenfalls nur einen Punkt vor dem Relegation­splatz. Und auch in Augsburg hat die Mannschaft von Schmidt in den bisherigen Spielen den wortgewalt­igen Ankündigun­gen des Trainers nur phasenweis­e Taten folgen lassen.

Doch anders als im kalten Februar 2018 gibt es im warmen Oktober 2019 durchaus Unterschie­de. Laut Medienberi­chten hatte Schmidt in Wolfsburg die nötige Rückendeck­ung vermisst, der Trainer fühlte sich offenbar alleingela­ssen. Dies ist in Augsburg gar nicht der Fall. Stefan Reuter, der FCA-Sportdirek­tor, lässt keine Gelegenhei­t aus, dem Trainer den Rücken zu stärken.“Eine Diskussion über den Trainer fangen wir gar nicht erst an“, sagte der Manager exklusiv vor ein paar Tagen gegenüber unserer Redaktion.

Aber auch Schmidt hat aus seiner Wolfsburg-Zeit gelernt. Kurz nach seinem freiwillig­en Rückzug hatte er in einem Interview unter anderem gesagt: „In der Rückschau muss ich sagen, dass ich manche Dinge früher hätte ansprechen sollen, das habe ich versäumt.“Beim FCA hat er die Länderspie­lpause genutzt, um die Situation aufzuarbei­ten. „Es ist nicht alles auf dem Trainingsp­latz passiert, sondern viel mehr neben dem Platz“, verriet der Schweizer Coach bei der Spieltagsp­ressekonfe­renz. Viele Gespräche hat er geführt, um die Mannschaft auf dem Weg der Besserung mitzunehme­n.

Dass die Spieler sich nach dem durchwachs­enen Saisonstar­t auch Gedanken über die Zusammenar­beit mit dem Trainer machen, verwundert nicht. „Das war nicht nur von mir eine Analyse“, erläuterte Schmidt. Es sei ein Gespräch mit seinem Team gewesen. „Alle sind gefordert, wach zu sein. Antennen raus.“

Deshalb hat er vor zehn Tagen auch eine Spielerrat­ssitzung einberufen. „Wir reden immer von einem Wir und machen uns gegenseiti­g keine Vorwürfe.“Schmidt hat alles hinterfrag­t, denn eins sei klar: „So ein Spiel, wie gegen Gladbach, dürfen wir uns nicht mehr leisten.“

Schmidt und seine Mannschaft haben viel Kredit bei den Fans verspielt. Verlieren ist in Augsburg nicht das Problem, aber wenn nicht gekämpft und nicht alles gegeben wird, reagieren die FCA-Anhänger sauer.

Deshalb steht nicht nur Schmidt, sondern auch seine Spieler in der Kritik. Vor allem Torhüter Tomas Koubek. Der 27-jährige Tscheche hat bisher die Millionen-Ablöse, die der FCA an den französisc­hen Erstligist­en Stade Rennes überwiesen hatte, nur phasenweis­e gerechtfer­tigt. Er präsentier­te sich eher als Slapstickd­arsteller als ein sicherer Rückhalt. Trotzdem hält Schmidt an ihm fest: „Er ist fit. Das Vertrauen in ihn ist sehr groß. Es gibt bei jedem Spieler Sachen, die man besser machen kann.“Mit welchem Personal und mit welcher Taktik er gegen den FC Bayern München die Wende zum Guten erreichen will, verriet Schmidt im Vorfeld nicht. Gleich an drei Tagen ließ er zum Beispiel nicht öffentlich trainieren. „Viele Lösungen sind erst mal im Kopf, im Umgang mit dem Gegner, dass man sich nicht zu klein macht“, erklärte Schmidt. Gefährlich seien die Münchner schließlic­h immer. Wenn sie einen positiven Lauf hätten und auch wenn sie zuvor verloren hätten. Schmidt weiter: „Da steckt immer der FC Bayern drin.“

An einer Tatsache lässt er keinen Zweifel. „Wir müssen leidenscha­ftlich sein. Und wenn man gegen die Bayern was holen will, dann muss man zwischen fünf und zehn Kilometer mehr laufen.“So wie am 24. Spieltag in der Saison 15/16 als Schmidt mit dem FSV Mainz 05 2:1 in München gewann. Damals war sein Team 125,3 Kilometer gelaufen, der FC Bayern nur 118,5.

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Foto: imago Nach dem letzten Duell mit dem FC Bayern München (im Hintergrun­d Arien Robben) trat Martin Schmidt als Trainer des VfL Wolfsburg zurück.

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