Aichacher Nachrichten

Der Chef der Museen ist aus der Schusslini­e

Die Stadt hat das Disziplina­rverfahren gegen den Leiter der Augsburger Kunstsamml­ungen abgeschlos­sen. Das Verhältnis zwischen ihm und Kulturrefe­rent Weitzel jedoch ist stark belastet. Wird das Haus saniert?

- VON NICOLE PRESTLE

Das Disziplina­rverfahren gegen Dr. Christof Trepesch, Leiter der Augsburger Kunstsamml­ungen, ist vom Tisch. Stadt und Museumsche­f haben sich nach monatelang­em Hin und Her um zu niedrige Mietpreise im Höhmannhau­s nun offenbar geeinigt. Beide Seiten hatten zuletzt Anwälte eingeschal­tet.

Über die Inhalte der Einigung schweigen sowohl Stadt als auch Museumslei­ter. Stadtdirek­tor Frank Pintsch betont auf AZ-Anfrage jedoch, dass man die Regelung „im Interesse einer weiterhin von Vertrauen und gegenseiti­ger Wertschätz­ung getragenen Zusammenar­beit“getroffen habe. Christof Trepesch habe sich „während seiner gesamten bisherigen Dienstzeit bei der Stadt Augsburg außerorden­tlich um die städtische­n Kunstsamml­ungen und Museen verdient gemacht und eine über das dienstlich Notwendige weit hinausgehe­nde Einsatzber­eitschaft gezeigt“, so Pintsch. Man wolle nun den Blick „positiv nach vorne richten“.

Die Stadtverwa­ltung schlägt damit einen anderen Ton an als noch im Sommer 2018. Damals hatte sie das Disziplina­rverfahren gegen Trepesch und einen weiteren leitenden Angestellt­en der Kunstsamml­ungen eingeleite­t. Auslöser waren die Mietpreise im Höhmannhau­s, das zu dieser Zeit von den städtische­n Museen verwaltet wurde und in dem auch Trepesch wohnt. Das Rechnungsp­rüfungsamt hatte moniert, für eine Immobilie in Toplage seien die Mieten über Jahre hinweg zu niedrig gewesen. Kulturrefe­rent Thomas Weitzel sprach im August 2018 davon, der Stadt könnte dadurch ein „Schaden in nicht unerheblic­her Höhe“entstanden sein.

Die anschließe­nde Debatte um die „Affäre Höhmannhau­s“offenbarte auch und vor allem Probleme im städtische­n Liegenscha­ftsmanagem­ent. Nicht nur, dass es in der Augsburger Verwaltung keine zentrale Stelle gibt, die über sämtliche städtische­n Immobilien und die entspreche­nden Mieteinnah­men Bescheid weiß. Es kümmerte offenbar auch niemanden, dass mit der Übernahme des Höhmannhau­ses in städtische­n Besitz ein Konflikt geschaffen wurde, der sofort hätte entschärft werden müssen: Trepesch, der seinen Mietvertra­g im Höhmannhau­s noch mit dem Nachlassve­rwalter von Besitzerin Ruth Höhmann abgeschlos­sen hatte, zeichnete nun plötzlich für die Festlegung der Mieten verantwort­lich – auch seiner eigenen. Obwohl die Kunstsamml­ungen offenbar mehrfach darum gebeten hatten, die Verantwort­ung abgeben zu dürfen, geschah nichts. Aufgelöst wurde das Dilemma erst vergangene­n Herbst: Als Konsequenz aus den neuerliche­n Debatten übergab die Stadt die Immobilie an das Liegenscha­ftsamt, das unverzügli­ch die Mieten erhöhte.

Auch der Kunstsamml­ungsleiter geriet in die Kritik. Er hätte, hieß es, gar nie ins Höhmannhau­s einziehen dürfen, habe er doch gewusst, dass die Immobilie irgendwann an die Stadt übergehen würde. Zudem hätten die Rechnungsp­rüfer vor Jahren schon einmal die zu niedrigen Mieten moniert. Trepesch habe sie daraufhin erhöht, laut Stadt aber nicht um das geforderte Maß. Fraglich ist nur, warum weder das Rechnungsp­rüfungsamt noch der damalige Kulturrefe­rent Peter Grab den Vollzug der Anordnung kontrollie­rten.

Von einem „erhebliche­n Schaden“für die Stadt spricht inzwischen niemand mehr. Die Stadt ist bemüht, ihren Kunstsamml­ungsleiter zu rehabiliti­eren. Verschiede­n, von der Stadt in Auftrag gegebene (und bezahlte) Gutachten ergaben, dass die Mieten für die Wohnungen im Höhmannhau­s nicht viel höher hätten ausfallen können. Grund: Die Immobilie ist nicht in bestem Zustand, was sich vor allem an der Heizung sowie der technisch veralteten Elektrik festmachen lässt. Das Liegenscha­ftsamt will das Haus nun sanieren lassen. Man sei auf der Suche nach einem Architektu­rbüro, das ein Sanierungs­konzept erstellen soll. Laut AZ-Informatio­nen sei es schwer gewesen, Architekte­n zu finden, die sich des Themas annehmen wollen. Nun sind offenbar aber zwei Büros in der engeren Wahl.

Die Arbeiten selbst werden dagegen auf sich warten lassen, was vor allem am Geld liegt: Im Doppelhaus­halt 2019/ 2020 hat die Stadt nur 70000 Euro eingeplant. So viel soll das Sanierungs­konzept kosten. Wie viel

Geld für die Renovierun­g selbst fällig wird, kann momentan niemand abschätzen. Man wisse nicht einmal, wie das Haus in einen zeitgemäße­n Zustand gebracht werden kann, denn ein Großteil der sieben Wohnungen ist vermietet.

Immerhin: Rund 300 Quadratmet­er werden Ende November frei. Die Anwaltskan­zlei Friedrich Merkel, die seit über 50 Jahren Büros im Höhmannhau­s hat, zieht aus – wenn auch unfreiwill­ig. Die Stadt hatte der Kanzlei Anfang dieses Jahres gekündigt. Begründung: Die Räume müssten nun „ordnungsge­mäß“hergericht­et werden, bei laufendem Betrieb sei dies nicht machbar. Die Anwälte hätten noch bis Ende März bleiben können, sie haben sich aber frühzeitig etwas Neues gesucht. Der Stadt gehen dadurch Mieteinnah­men für vier Monate verloren.

Den Leerstand will sie jedoch nützen. Laut AZ-Informatio­nen spielt die Stadt mit dem Gedanken, die Mieter des Höhmannhau­ses im Fall einer Sanierung „rotieren“zu lassen: Wären die Räume der Kanzlei erst hergericht­et, könnten Mieter dort einziehen, während ihre Wohnungen auf Vordermann gebracht werden. Ob dieses System funktionie­rt, zeigt sich aber erst, wenn das Sanierungs­konzept vorliegt. Erst dann wird auch feststehen, was man für die Erneuerung des denkmalges­chützten Hauses, dessen Baugeschic­hte bis ins 16. Jahrhunder­t zurückreic­ht, ausgeben muss.

Einen Großteil dieser Summe wird die Stadt finanziere­n müssen, denn hohe Rücklagen wurden fürs Höhmannhau­s nicht gebildet. Zwar flossen die Mieteinnah­men abzüglich der Ausgaben für kleine Reparature­n in eine Sonderrück­lage. Im Jahr 2017 waren das aber gerade mal 2300 Euro. Bis 2020 sind im Haushalt nun jährlich 16 555 Euro kalkuliert, die Summe setzt sich vor allem aus Mieten zusammen. Große Sprünge wird man mit diesem Geld kaum machen können.

Der Fall Höhmannhau­s steht damit exemplaris­ch für ein Problem, das die Stadt immer wieder mit eigenen Immobilien hat: Weil wegen notorische­n Geldmangel­s oft schon kleinste Reparatura­rbeiten geschoben werden, kommt es am Ende zum Sanierungs­stau, der finanziell kaum in den Griff zu bekommen ist. Auch beim Theater oder bei den Schulen stößt die Stadt deshalb an ihre finanziell­en Grenzen.

Da ist noch ein anderes Problem: Das Verhältnis zwischen Kunstsamml­ungsleiter Trepesch und Referent Weitzel hat unter der „Affäre Höhmannhau­s“stark gelitten. Die Zusammenar­beit der beiden sei, so Insider, selbst bei Sachthemen schwierig. Zuletzt fiel dies auf, als Weitzel das von ihm angestoßen­e Museumsent­wicklungsk­onzept präsentier­te. Die Kunstsamml­ungen verteilten im Kulturauss­chuss danach einen offenen Brief, der sich gegen einen Punkt dieses Konzepts aussprach. Weitzel, heißt es, habe dies als Affront betrachtet; er hätte das Thema lieber unter vier Augen diskutiert. Dass die „Affäre Höhmannhau­s“öffentlich wurde, ärgert heute alle Beteiligte­n. „Beide Seiten bedauern außerorden­tlich, dass der rein interne Sachverhal­t in der Öffentlich­keit thematisie­rt wurde“, sagt Stadtdirek­tor Pintsch. Dabei war es der Kulturrefe­rent selbst, der früh bekannt gegeben hatte, dass es disziplina­rrechtlich­e Maßnahmen gegen Mitarbeite­r der Museen gebe. Übrigens: Das Disziplina­rverfahren gegen den zweiten Mitarbeite­r ist noch nicht beendet. Man sei aber bemüht, es schnell zum Abschluss zu bringen…

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Mietpreise im Höhmannhau­s sorgten vergangene­s Jahr für eine öffentlich­e Debatte, deren Auswirkung­en bis heute spürbar sind.
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Die Tafel an der Fassade erinnert an die einstige Besitzerin des Hauses.
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