Der Chef der Museen ist aus der Schusslinie
Die Stadt hat das Disziplinarverfahren gegen den Leiter der Augsburger Kunstsammlungen abgeschlossen. Das Verhältnis zwischen ihm und Kulturreferent Weitzel jedoch ist stark belastet. Wird das Haus saniert?
Das Disziplinarverfahren gegen Dr. Christof Trepesch, Leiter der Augsburger Kunstsammlungen, ist vom Tisch. Stadt und Museumschef haben sich nach monatelangem Hin und Her um zu niedrige Mietpreise im Höhmannhaus nun offenbar geeinigt. Beide Seiten hatten zuletzt Anwälte eingeschaltet.
Über die Inhalte der Einigung schweigen sowohl Stadt als auch Museumsleiter. Stadtdirektor Frank Pintsch betont auf AZ-Anfrage jedoch, dass man die Regelung „im Interesse einer weiterhin von Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung getragenen Zusammenarbeit“getroffen habe. Christof Trepesch habe sich „während seiner gesamten bisherigen Dienstzeit bei der Stadt Augsburg außerordentlich um die städtischen Kunstsammlungen und Museen verdient gemacht und eine über das dienstlich Notwendige weit hinausgehende Einsatzbereitschaft gezeigt“, so Pintsch. Man wolle nun den Blick „positiv nach vorne richten“.
Die Stadtverwaltung schlägt damit einen anderen Ton an als noch im Sommer 2018. Damals hatte sie das Disziplinarverfahren gegen Trepesch und einen weiteren leitenden Angestellten der Kunstsammlungen eingeleitet. Auslöser waren die Mietpreise im Höhmannhaus, das zu dieser Zeit von den städtischen Museen verwaltet wurde und in dem auch Trepesch wohnt. Das Rechnungsprüfungsamt hatte moniert, für eine Immobilie in Toplage seien die Mieten über Jahre hinweg zu niedrig gewesen. Kulturreferent Thomas Weitzel sprach im August 2018 davon, der Stadt könnte dadurch ein „Schaden in nicht unerheblicher Höhe“entstanden sein.
Die anschließende Debatte um die „Affäre Höhmannhaus“offenbarte auch und vor allem Probleme im städtischen Liegenschaftsmanagement. Nicht nur, dass es in der Augsburger Verwaltung keine zentrale Stelle gibt, die über sämtliche städtischen Immobilien und die entsprechenden Mieteinnahmen Bescheid weiß. Es kümmerte offenbar auch niemanden, dass mit der Übernahme des Höhmannhauses in städtischen Besitz ein Konflikt geschaffen wurde, der sofort hätte entschärft werden müssen: Trepesch, der seinen Mietvertrag im Höhmannhaus noch mit dem Nachlassverwalter von Besitzerin Ruth Höhmann abgeschlossen hatte, zeichnete nun plötzlich für die Festlegung der Mieten verantwortlich – auch seiner eigenen. Obwohl die Kunstsammlungen offenbar mehrfach darum gebeten hatten, die Verantwortung abgeben zu dürfen, geschah nichts. Aufgelöst wurde das Dilemma erst vergangenen Herbst: Als Konsequenz aus den neuerlichen Debatten übergab die Stadt die Immobilie an das Liegenschaftsamt, das unverzüglich die Mieten erhöhte.
Auch der Kunstsammlungsleiter geriet in die Kritik. Er hätte, hieß es, gar nie ins Höhmannhaus einziehen dürfen, habe er doch gewusst, dass die Immobilie irgendwann an die Stadt übergehen würde. Zudem hätten die Rechnungsprüfer vor Jahren schon einmal die zu niedrigen Mieten moniert. Trepesch habe sie daraufhin erhöht, laut Stadt aber nicht um das geforderte Maß. Fraglich ist nur, warum weder das Rechnungsprüfungsamt noch der damalige Kulturreferent Peter Grab den Vollzug der Anordnung kontrollierten.
Von einem „erheblichen Schaden“für die Stadt spricht inzwischen niemand mehr. Die Stadt ist bemüht, ihren Kunstsammlungsleiter zu rehabilitieren. Verschieden, von der Stadt in Auftrag gegebene (und bezahlte) Gutachten ergaben, dass die Mieten für die Wohnungen im Höhmannhaus nicht viel höher hätten ausfallen können. Grund: Die Immobilie ist nicht in bestem Zustand, was sich vor allem an der Heizung sowie der technisch veralteten Elektrik festmachen lässt. Das Liegenschaftsamt will das Haus nun sanieren lassen. Man sei auf der Suche nach einem Architekturbüro, das ein Sanierungskonzept erstellen soll. Laut AZ-Informationen sei es schwer gewesen, Architekten zu finden, die sich des Themas annehmen wollen. Nun sind offenbar aber zwei Büros in der engeren Wahl.
Die Arbeiten selbst werden dagegen auf sich warten lassen, was vor allem am Geld liegt: Im Doppelhaushalt 2019/ 2020 hat die Stadt nur 70000 Euro eingeplant. So viel soll das Sanierungskonzept kosten. Wie viel
Geld für die Renovierung selbst fällig wird, kann momentan niemand abschätzen. Man wisse nicht einmal, wie das Haus in einen zeitgemäßen Zustand gebracht werden kann, denn ein Großteil der sieben Wohnungen ist vermietet.
Immerhin: Rund 300 Quadratmeter werden Ende November frei. Die Anwaltskanzlei Friedrich Merkel, die seit über 50 Jahren Büros im Höhmannhaus hat, zieht aus – wenn auch unfreiwillig. Die Stadt hatte der Kanzlei Anfang dieses Jahres gekündigt. Begründung: Die Räume müssten nun „ordnungsgemäß“hergerichtet werden, bei laufendem Betrieb sei dies nicht machbar. Die Anwälte hätten noch bis Ende März bleiben können, sie haben sich aber frühzeitig etwas Neues gesucht. Der Stadt gehen dadurch Mieteinnahmen für vier Monate verloren.
Den Leerstand will sie jedoch nützen. Laut AZ-Informationen spielt die Stadt mit dem Gedanken, die Mieter des Höhmannhauses im Fall einer Sanierung „rotieren“zu lassen: Wären die Räume der Kanzlei erst hergerichtet, könnten Mieter dort einziehen, während ihre Wohnungen auf Vordermann gebracht werden. Ob dieses System funktioniert, zeigt sich aber erst, wenn das Sanierungskonzept vorliegt. Erst dann wird auch feststehen, was man für die Erneuerung des denkmalgeschützten Hauses, dessen Baugeschichte bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht, ausgeben muss.
Einen Großteil dieser Summe wird die Stadt finanzieren müssen, denn hohe Rücklagen wurden fürs Höhmannhaus nicht gebildet. Zwar flossen die Mieteinnahmen abzüglich der Ausgaben für kleine Reparaturen in eine Sonderrücklage. Im Jahr 2017 waren das aber gerade mal 2300 Euro. Bis 2020 sind im Haushalt nun jährlich 16 555 Euro kalkuliert, die Summe setzt sich vor allem aus Mieten zusammen. Große Sprünge wird man mit diesem Geld kaum machen können.
Der Fall Höhmannhaus steht damit exemplarisch für ein Problem, das die Stadt immer wieder mit eigenen Immobilien hat: Weil wegen notorischen Geldmangels oft schon kleinste Reparaturarbeiten geschoben werden, kommt es am Ende zum Sanierungsstau, der finanziell kaum in den Griff zu bekommen ist. Auch beim Theater oder bei den Schulen stößt die Stadt deshalb an ihre finanziellen Grenzen.
Da ist noch ein anderes Problem: Das Verhältnis zwischen Kunstsammlungsleiter Trepesch und Referent Weitzel hat unter der „Affäre Höhmannhaus“stark gelitten. Die Zusammenarbeit der beiden sei, so Insider, selbst bei Sachthemen schwierig. Zuletzt fiel dies auf, als Weitzel das von ihm angestoßene Museumsentwicklungskonzept präsentierte. Die Kunstsammlungen verteilten im Kulturausschuss danach einen offenen Brief, der sich gegen einen Punkt dieses Konzepts aussprach. Weitzel, heißt es, habe dies als Affront betrachtet; er hätte das Thema lieber unter vier Augen diskutiert. Dass die „Affäre Höhmannhaus“öffentlich wurde, ärgert heute alle Beteiligten. „Beide Seiten bedauern außerordentlich, dass der rein interne Sachverhalt in der Öffentlichkeit thematisiert wurde“, sagt Stadtdirektor Pintsch. Dabei war es der Kulturreferent selbst, der früh bekannt gegeben hatte, dass es disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen Mitarbeiter der Museen gebe. Übrigens: Das Disziplinarverfahren gegen den zweiten Mitarbeiter ist noch nicht beendet. Man sei aber bemüht, es schnell zum Abschluss zu bringen…