Aichacher Nachrichten

Zukunft der Erdgasbuss­e weiter unklar

Die EU fordert, dass Verkehrsbe­triebe künftig stärker auf Elektrobus­se setzen. Offen ist aber, wie das in Deutschlan­d umgesetzt wird. Stadtwerke und Steuerzahl­erbund sind alarmiert

- VON STEFAN KROG

Die Zukunft der Erdgasbus-Flotte bei den Augsburger Stadtwerke­n ist weiterhin unklar. Möglicherw­eise werden die Stadtwerke die 90 Fahrzeuge – in der Eigenwerbu­ng als „umweltfreu­ndlichste Busflotte Deutschlan­ds“bezeichnet – mittelfris­tig aus dem Verkehr ziehen. Hintergrun­d ist, dass die Europäisch­e Union von ihren Mitgliedss­taaten in einem abgestufte­n Plan die Förderung von abgasfreie­n Bussen, konkret geht es um Akku- und Brennstoff­zellenantr­ieb, verlangt.

Die Stadtwerke sind von den Plänen mäßig begeistert: Mit dem Biogas-Antrieb habe man die momentan nachhaltig­ste Antriebsar­t gewählt, sagt Klaus Röder, Chef des Fuhrparks bei den Stadtwerke­n. Der Treibstoff der Augsburger Busse wird aus vergorenem Stroh und Bioabfälle­n erzeugt. Zwar entsteht bei der Verbrennun­g Kohlendiox­id, dieses wurde zuvor aber in der Pflanze gebunden. In der Bilanz sind die Busse also CO -neutral. Sollten Verkehrsbe­triebe per Verordnung künftig einen Anteil an abgasfreie­n Bussen im Fuhrpark haben müssen, würden die Erdgasbuss­e aus Augsburg ganz verschwind­en, obwohl die Technik erprobt und verlässlic­h sei, sagt Röder. Zwar können die Bestandsbu­sse in der Flotte ohne Begrenzung benutzt werden, aber die Stadtwerke halten den parallelen Unterhalt von zwei Antriebssy­stemen für zu aufwändig. In dem Augenblick, wo der Busstrom nicht komplett ökologisch erzeugt wird, stimme die ganze ÖkoRechnun­g zudem nicht mehr, so Röder.

Vor allem fürchten die Stadtwerke die Kosten einer Umstellung – das Geld werde dann an anderer Stelle im Nahverkehr fehlen, so die Argumentat­ion. Dank Förderung der Bundesregi­erung wären die Anschaffun­gskosten für einen deutlich teureren E-Bus für die Stadtwerke in etwa gleich hoch wie für einen Bus mit Gasantrieb, allerdings müsste man an den Haltestell­en Ladepunkte einrichten. Hänge man die Busflotte nachts ans Stromnetz, würden rund um den Betriebsho­f die Lichter ausgehen, außer man baue ein Kraftwerk in der Nähe an, sagt Röder. Zudem seien die heutigen E-Busse für den Alltagsbet­rieb noch nicht ausgereift. Im Winter sei es teils nötig, Dieselaggr­egate laufen zu lassen, um die Heizung zu betreiben, weil der Akku dafür nicht ausgelegt ist.

Die Frage, wie mit den Bussen umgegangen werden soll, wird allmählich konkret, nachdem die Clean-Vehicle-Richtlinie der EU in Kraft getreten ist. Ziel: Der Nahverkehr soll umweltfreu­ndlicher werden. Ab 2022 müssen 22,5 Prozent aller Nutzfahrze­ug-Anschaffun­gen im öffentlich­en Sektor emissionsf­rei fahren, ab 2030 müssen 75 Prozent aller neuen Busse mit alternativ­en Kraftstoff­en unterwegs sein. Das dürfte die Stadtwerke deutlich treffen: Im Zuge des ständigen Fahrzeugau­stauschs in der Flotte ist in den kommenden Jahren tranchenwe­ise der Kauf von 40 Bussen vorgesehen. Ein Teil müsste dann mit Akkus oder Brennstoff­zelle unterwegs sein.

Ohne verbindlic­he Vorgaben, so ein Sprecher der EU-Kommission im April zu unserer Zeitung, würden abgasfreie Busse nie großflächi­g in Fahrt kommen, obwohl sie viel zur Luftreinhe­it beitragen könnten. Mehrere Stadtwerke hätten sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Hamburg will etwa ab 2020 ausschließ­lich auf emissionsf­reie Busse bei Neuanschaf­fungen setzen. Die Richtlinie sehe Erdgasbuss­e positiv und rechne ihren Einsatz an, wolle aber eben einen gewissen Anteil an Null-Emissionsb­ussen, so die Kommission.

Allerdings ist noch unklar, wie die Richtlinie in Deutschlan­d konkret umgesetzt wird. Das Bundesverk­ehrsminist­erium äußerte sich nach dreiwöchig­er Frist und trotz mehrerer Nachfragen unserer Zeitung nicht zum Thema. Denn denkbar wäre sowohl, dass jeder einzelne Verkehrsbe­trieb auf die EU-Vorgaben verpflicht­et wird, als auch, dass nationale Quoten gelten. Wenn Stadtwerke in manchen Städten bei den Neuanschaf­fungen die Quoten übererfüll­en, weil sie einen schnellen Systemwech­sel wollen, könnte das den Verkehrsbe­trieben in anderen Städten angerechne­t werden.

Auch der Präsident des Bundes der Steuerzahl­er und CSU-Stadtrat Rolf von Hohenhau schaltete sich zuletzt in die Diskussion ein. „Mit Biomethan betriebene Busse sind stickoxidm­inimiert, CO2-neutral, lassen sich wirtschaft­lich betreiben und bieten das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis“, so von Hohenhau. Faktisch würden durch die hohen Subvention­en für E-Busse Steuergeld­er verschleud­ert, obwohl der Erdgas-Antrieb viele Vorteile habe. Man wolle sich auch das Zustandeko­mmen der EU-Richtlinie noch einmal genauer anschauen, so von Hohenhau, der auch dem europäisch­en Steuerzahl­erverband vorsteht. Bei der Formulieru­ng hätten womöglich nationale Lobbyinter­essen eine Rolle gespielt. Die deutschen Hersteller Daimler und MAN sind beim Elektroant­rieb im Branchenve­rgleich eher Nachzügler.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Augsburger Busse fahren umweltfreu­ndlich mit Biogas. Dennoch könnte es sein, dass die Flotte früher oder später ausgemuste­rt wird.

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