Zukunft der Erdgasbusse weiter unklar
Die EU fordert, dass Verkehrsbetriebe künftig stärker auf Elektrobusse setzen. Offen ist aber, wie das in Deutschland umgesetzt wird. Stadtwerke und Steuerzahlerbund sind alarmiert
Die Zukunft der Erdgasbus-Flotte bei den Augsburger Stadtwerken ist weiterhin unklar. Möglicherweise werden die Stadtwerke die 90 Fahrzeuge – in der Eigenwerbung als „umweltfreundlichste Busflotte Deutschlands“bezeichnet – mittelfristig aus dem Verkehr ziehen. Hintergrund ist, dass die Europäische Union von ihren Mitgliedsstaaten in einem abgestuften Plan die Förderung von abgasfreien Bussen, konkret geht es um Akku- und Brennstoffzellenantrieb, verlangt.
Die Stadtwerke sind von den Plänen mäßig begeistert: Mit dem Biogas-Antrieb habe man die momentan nachhaltigste Antriebsart gewählt, sagt Klaus Röder, Chef des Fuhrparks bei den Stadtwerken. Der Treibstoff der Augsburger Busse wird aus vergorenem Stroh und Bioabfällen erzeugt. Zwar entsteht bei der Verbrennung Kohlendioxid, dieses wurde zuvor aber in der Pflanze gebunden. In der Bilanz sind die Busse also CO -neutral. Sollten Verkehrsbetriebe per Verordnung künftig einen Anteil an abgasfreien Bussen im Fuhrpark haben müssen, würden die Erdgasbusse aus Augsburg ganz verschwinden, obwohl die Technik erprobt und verlässlich sei, sagt Röder. Zwar können die Bestandsbusse in der Flotte ohne Begrenzung benutzt werden, aber die Stadtwerke halten den parallelen Unterhalt von zwei Antriebssystemen für zu aufwändig. In dem Augenblick, wo der Busstrom nicht komplett ökologisch erzeugt wird, stimme die ganze ÖkoRechnung zudem nicht mehr, so Röder.
Vor allem fürchten die Stadtwerke die Kosten einer Umstellung – das Geld werde dann an anderer Stelle im Nahverkehr fehlen, so die Argumentation. Dank Förderung der Bundesregierung wären die Anschaffungskosten für einen deutlich teureren E-Bus für die Stadtwerke in etwa gleich hoch wie für einen Bus mit Gasantrieb, allerdings müsste man an den Haltestellen Ladepunkte einrichten. Hänge man die Busflotte nachts ans Stromnetz, würden rund um den Betriebshof die Lichter ausgehen, außer man baue ein Kraftwerk in der Nähe an, sagt Röder. Zudem seien die heutigen E-Busse für den Alltagsbetrieb noch nicht ausgereift. Im Winter sei es teils nötig, Dieselaggregate laufen zu lassen, um die Heizung zu betreiben, weil der Akku dafür nicht ausgelegt ist.
Die Frage, wie mit den Bussen umgegangen werden soll, wird allmählich konkret, nachdem die Clean-Vehicle-Richtlinie der EU in Kraft getreten ist. Ziel: Der Nahverkehr soll umweltfreundlicher werden. Ab 2022 müssen 22,5 Prozent aller Nutzfahrzeug-Anschaffungen im öffentlichen Sektor emissionsfrei fahren, ab 2030 müssen 75 Prozent aller neuen Busse mit alternativen Kraftstoffen unterwegs sein. Das dürfte die Stadtwerke deutlich treffen: Im Zuge des ständigen Fahrzeugaustauschs in der Flotte ist in den kommenden Jahren tranchenweise der Kauf von 40 Bussen vorgesehen. Ein Teil müsste dann mit Akkus oder Brennstoffzelle unterwegs sein.
Ohne verbindliche Vorgaben, so ein Sprecher der EU-Kommission im April zu unserer Zeitung, würden abgasfreie Busse nie großflächig in Fahrt kommen, obwohl sie viel zur Luftreinheit beitragen könnten. Mehrere Stadtwerke hätten sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Hamburg will etwa ab 2020 ausschließlich auf emissionsfreie Busse bei Neuanschaffungen setzen. Die Richtlinie sehe Erdgasbusse positiv und rechne ihren Einsatz an, wolle aber eben einen gewissen Anteil an Null-Emissionsbussen, so die Kommission.
Allerdings ist noch unklar, wie die Richtlinie in Deutschland konkret umgesetzt wird. Das Bundesverkehrsministerium äußerte sich nach dreiwöchiger Frist und trotz mehrerer Nachfragen unserer Zeitung nicht zum Thema. Denn denkbar wäre sowohl, dass jeder einzelne Verkehrsbetrieb auf die EU-Vorgaben verpflichtet wird, als auch, dass nationale Quoten gelten. Wenn Stadtwerke in manchen Städten bei den Neuanschaffungen die Quoten übererfüllen, weil sie einen schnellen Systemwechsel wollen, könnte das den Verkehrsbetrieben in anderen Städten angerechnet werden.
Auch der Präsident des Bundes der Steuerzahler und CSU-Stadtrat Rolf von Hohenhau schaltete sich zuletzt in die Diskussion ein. „Mit Biomethan betriebene Busse sind stickoxidminimiert, CO2-neutral, lassen sich wirtschaftlich betreiben und bieten das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis“, so von Hohenhau. Faktisch würden durch die hohen Subventionen für E-Busse Steuergelder verschleudert, obwohl der Erdgas-Antrieb viele Vorteile habe. Man wolle sich auch das Zustandekommen der EU-Richtlinie noch einmal genauer anschauen, so von Hohenhau, der auch dem europäischen Steuerzahlerverband vorsteht. Bei der Formulierung hätten womöglich nationale Lobbyinteressen eine Rolle gespielt. Die deutschen Hersteller Daimler und MAN sind beim Elektroantrieb im Branchenvergleich eher Nachzügler.