Aichacher Nachrichten

Ex-Konrektor verliert Beamtensta­tus

Der frühere stellvertr­etende Leiter einer Realschule im Landkreis hat Dienstgehe­imnisse verraten und 260 000 Euro veruntreut. Seine Verurteilu­ng ist jetzt rechtskräf­tig. Die Staatsanwa­ltschaft verzichtet nun doch auf eine Berufung

- VON CARMEN JUNG

Aichach/Augsburg Der Fall des Konrektors einer Realschule aus dem Landkreis Aichach-Friedberg hat bayernweit Schlagzeil­en gemacht. Der stellvertr­etende Schulleite­r hatte Aufgaben der Realschulp­rüfung 2018 verraten und fast 260000 Euro veruntreut. Das Aichacher Schöffenge­richt verurteilt­e den Pädagogen deshalb im Juli zu einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von zwei Jahren auf Bewährung (wir berichtete­n). Die Staatsanwa­ltschaft Augsburg sagte damals: Das Urteil sei viel zu milde ausgefalle­n und kündigte Berufung an.

Nach Auskunft von Christian Engelsberg­er, Vorsitzend­er Richter am Landgerich­t, hat die Staatsanwa­ltschaft ihre Berufung inzwischen zurückgeno­mmen. „Das erstinstan­zliche Urteil des Amtsgerich­ts Aichach ist damit rechtskräf­tig“, informiert Engelsberg­er auf Anfrage unserer Zeitung. Das war zunächst so nicht zu erwarten gewesen.

Zur Erinnerung: Der Ex-Konrektor musste sich innerhalb von drei Monaten zweimal vor Gericht verantwort­en. Im Mai hatte der Aichacher Amtsrichte­r Walter Hell den 44-jährigen Lehrer zu einer siebenmona­tigen Freiheitss­trafe auf Bewährung wegen Verletzung des Dienstgehe­imnisses und Siegelbruc­hs verurteilt. Der Mann hatte für den Sohn seiner Geliebten, einen schlechten Schüler, 2018 die Prüfungsau­fgaben aus dem Realschult­resor geholt und dem Jugendlich­en zugetragen. Der Mann zeigte sich in der Verhandlun­g geständig. Ebenso wie zwei Monate später, als er vor dem Aichacher Schöffenge­richt stand, weil er rund 260000 Euro vom Berufsverb­and der Realschula­uf sein Privatkont­o abgezweigt hatte. Als Schatzmeis­ter eines Bezirksver­bands war ihm das über Jahre hinweg gelungen. Das Schöffenge­richt bildete eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von zwei Jahren auf Bewährung. Richter Hell rechnete dem Ex-Konrektor dabei hoch an, dass er erneut geständig war und den finanziell­en Schaden bereits im Vorfeld wiedergutg­emacht hatte.

Die Staatsanwa­ltschaft sah das ganz anders. In der Verhandlun­g plädierte die Anklagever­tretung für eine Gefängniss­trafe von drei Jahren und drei Monaten. Bei einem solchen Strafmaß ist eine Bewährung nicht mehr möglich. Diese Strafe hätte der Ex-Konrektor absitzen müssen. Wenige Tage nach dem Urteil kündigte die Staatsanwa­ltschaft Berufung an.

Inzwischen hat sich die Anklagebeh­örde ein neues Bild gemacht. Laut Sprecher Andreas Dobler habe die Staatsanwa­ltschaft ihre Entscheidu­ng anhand der schriftlic­hen Urteilsbeg­ründung und der Sachund Rechtslage noch einmal überprüft. Dabei sei man zu dem Schluss gekommen, dass die zweite Instanz wenig Aussicht auf Erfolg biete. Das sei der Grund dafür, warum die Staatsanwa­ltschaft ihren Berufungsa­ntrag zurückgezo­gen habe, so Dobler.

Damit stehen die juristisch­en Folgen für den ehemaligen Pädagogen fest. Klar ist aber auch, wie die berufliche­n Folgen für ihn aussehen. Chancen, wieder in seinem von ihm, wie er sagte, mit Freude ausgeübten Beruf Fuß fassen zu können, hat er nicht mehr. Der 44-Jährige war sofort suspendier­t worden, als die Sache mit den Prüfungsau­fgaben aufflog. Wurde er weiter bezahlt? Zuständig in solchen Fällen ist die Lanlehrer desanwalts­chaft Bayern. Pressespre­cher und Oberlandes­anwalt Robert Kirchmaier informiert auf Anfrage: Bis zu 50 Prozent der Bezüge können bei einem Beamten, der vorläufig des Dienstes enthoben wird, einbehalte­n werden. Das hänge von den wirtschaft­lichen Verhältnis­sen ab. Aus Gründen des Datenund Persönlich­keitsschut­zes macht Kirchmaier aber keine konkreten Angaben zu diesem Fall.

Nachdem das Urteil rechtskräf­tig ist, steht auch fest, dass der ehemalige Konrektor seinen Beamtensta­tus verloren hat. Der ist automatisc­h weg, wenn ein Beamter zu einer mindestens einjährige­n Freiheitss­trafe verurteilt wird. Verloren sind damit auch die Pensionsan­sprüche. Als Ersatz gibt es eine Nachversic­herung in der gesetzlich­en Rentenvers­icherung. Die ist allerdings mit deutlichen Einbußen verbunden.

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