Aichacher Nachrichten

Wie wichtig ist ein Xing- oder LinkedIn-Profil?

Digitales Millionen Menschen präsentier­en sich und ihre Fähigkeite­n auf Karrierepl­attformen im Internet. Drei Experten erklären, ob das wirklich notwendig ist, wie das perfekte Profil aussieht und wann sich die kostenpfli­chtige Variante lohnt

- VON SANDRA LIERMANN

Augsburg Wir teilen Urlaubsfot­os auf Instagram, äußern uns auf Twitter zum politische­n Geschehen und verfolgen auf Facebook, was alte Schulfreun­de so treiben. Nicht nur im Privat-, auch im Arbeitsleb­en liegt es im Trend, sich online zu präsentier­en.

So pflegen Millionen Menschen ihre Profile auf Plattforme­n wie LinkedIn oder Xing. Letzteres bezeichnet sich selbst mit 16 Millionen Mitglieder­n als das führende soziale Netzwerk für berufliche Kontakte im deutschspr­achigen Raum. Über das internatio­naler ausgericht­ete LinkedIn vernetzen sich nach Angaben des Unternehme­ns 13 Millionen Menschen in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz, weltweit gar mehr als 610 Millionen Mitglieder.

Während Stellen früher ausschließ­lich in der Zeitung inseriert wurden, hört man heute immer wieder, dass jemand über LinkedIn oder Xing ein Jobangebot erhalten hat. Aber geschieht das wirklich so oft?

Professor Michael Heister leitet beim Bundesinst­itut für Berufsbild­ung (BIBB) die Abteilung Initiative­n für die Berufsbild­ung und ist dort verantwort­lich für die Weiterbild­ungsstrate­gie der Bundesregi­erung. Er sagt: „Profile in Netzwerken wie Xing oder LinkedIn werden überschätz­t. Wir sehen in unseren Auswertung­en relativ gut, über welche Kanäle Einstellun­gen in Unternehme­n zustande kommen. Das sind immer noch eher klassische Kanäle wie Onlineport­ale oder Stellenanz­eigen auf der Unternehme­ns-Homepage.“Lediglich ein bis drei Prozent aller Einstellun­gen hätten ihren Ursprung in einem Karrierene­tzwerk.

Heister ist dennoch der Meinung, dass sich ein Auftritt dort lohnt: „Es geht theoretisc­h auch ohne. Sie können ja auch ohne Smartphone leben. Aber die Möglichkei­t, sich über diese Portale zu vernetzen, ist unglaublic­h bereichern­d. Bedenken Sie, dass durch die Millionen Mitglieder mittlerwei­le ungefähr ein Viertel aller Berufstäti­gen dort vertreten ist.“Und er prognostiz­iert: „Xing und LinkedIn spielen für Stellenbes­etzungen noch keine zentrale Rolle. In den letzten Jahren ist aber ein langsamer Anstieg festzustel­len und die Bedeutung wird weiter zunehmen.“

Claudia Lange-Hetmann, die den Career Service der Uni Augsburg leitet und dort Studenten zum Berufseins­tieg berät, nennt zwei Aspekte, warum Karrierene­tzwerke sinnvoll sind: „Einer ist, um von Unternehme­n und Personaler­n gefunden zu werden.“Das sei wie eine elektronis­che Bewerbungs­mappe. Ein zweiter Aspekt sei die Möglichkei­t der Recherche: „Auf anderen Profilen finden Sie oft Anregungen, welche Kompetenze­n Sie zusätzlich zu Ihrem Fachwissen haben und welche Tools Sie kennen sollten.“

Xing und LinkedIn machen es einfach, Kontakt zu Kommiliton­en aus dem Studium, Ex-Kollegen oder Bekanntsch­aften aus dem Praktikum halten. Auf beiden Plattforme­n können Nutzer ein Profil anlegen und dieses mit berufliche­n und privaten Daten füllen. Studium, Ausbildung und berufliche­r Werdegang werden wie im Lebenslauf tabellaris­ch dargestell­t. Über die Suchfunkti­on können andere Nutzer gefunden werden, um sich mit ihnen zu vernetzen.

Gerade Selbststän­dige profitiere­n davon, erklärt Jörg Hohlfeld. Er arbeitet als Karriereco­ach in Augsburg und München und sagt: „Selbststän­dige können die Netzwerke nutzen, um Kunden zu adressiere­n. Ich kann dort Menschen direkt anschreibe­n. Oder ich kann Werbung und somit auf mich aufmerksam machen.“

Ganz ähnlich bewertet es Michael Heister vom Bundesinst­itut für Berufsbild­ung: „Für Freiberufl­er ist es fast ein Muss. Für Trainer und Coaches wird LinkedIn zum echten Vertriebsk­anal.“Für Menschen, die ein Studium absolviert haben, seien solche Netzwerke jedoch tendenziel­l wichtiger als beispielsw­eise im handwerkli­chen Bereich.

Claudia Lange-Hetmann relativier­t: „Es ist auch die Frage, welches Ziel Sie verfolgen“, sagt sie. „Wenn Sie beruflich in der Region bleiben wollen, können Sie genauso gut persönlich auf Fachverans­taltungen oder Netzwerk-Events auftreten.“

Und wie sieht das perfekte Profil aus? Da sind sich die drei Experten einig: Wichtig sind ein vollständi­ger Lebenslauf und ein profession­elles Foto. Wie Michael Heister aus eigener Erfahrung weiß, schauen viele Personaler die digitalen Auftritte ihrer Bewerber an. „Statt riesige Lücken im Lebenslauf zu haben, schreiben Sie, was Sie in der Zeit gemacht haben. Die Zeiten haben sich geändert: Ein Sabbatical oder Work-andTravel sollten Sie unbedingt mit aufführen, das finden Personaler gut.“

Gar nicht gingen hingegen Plattitüde­n bei der Kontaktauf­nahme, meint Jörg Hohlfeld: „‚Ich habe gesehen, dass wir die gleichen Interessen haben. Für zukünftige Synergieef­fekte bitte ich um Kontaktann­ahme.‘ Auf solche Worthülsen sollten Sie verzichten und nur Kontakte suchen, die Sie wirklich interessie­ren.“

Sowohl auf Xing als auch auf LinkedIn besteht die Möglichkei­t, über kostenpfli­chtige Premium-Modelle zusätzlich­e Funktionen für einen Account freizuscha­lten. Hierzu meint Michael Heister: „Wenn Sie ernsthaft auf Jobsuche sind, lohnt sich eine Premium-Mitgliedsc­haft. Ansonsten brauchen Sie die nicht.“

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Foto: Andrea Warnecke, dpa In Online-Karrierene­tzwerken wie Xing (Foto) oder LinkedIn können Nutzer ihren berufliche­n Werdegang präsentier­en und sich mit anderen vernetzen.

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