Kostenlos mit Bus und Tram durch die Cityzone
Das neue Angebot wird zum Jahreswechsel eingeführt. In der Kern-Innenstadt braucht man dann keinen Fahrschein mehr. Was Stadt und Stadtwerke sich dabei denken und welche Kritik es gibt
Die Nutzung von Bussen und Straßenbahnen wird ab dem Jahreswechsel in der Kern-Innenstadt kostenlos möglich sein. Man wolle Bürger, die sonst einen Bogen und Straßenbahn und Busse machen, dazu animieren, diese Verkehrsmittel auszuprobieren, so Bürgermeisterin Eva Weber (CSU). Sechs Wochen vor dem Start informierten Stadt und Stadtwerke über die Einzelheiten des Projekts.
Die sogenannte Cityzone umfasst neun Haltestellen. Als Faustregel gilt: Von Königsplatz/Moritzplatz je eine Haltestelle weiter, sodass auch Rathausplatz, Theater, Prinzregentenstraße, Hauptbahnhof, Frohsinnstraße, Theodor-Heuss-Platz und Ulrichsplatz dazugehören. Innerhalb dieses Haltestellennetzes dürfen Fahrgäste beliebig oft ohne Fahrschein unterwegs sein.
Ziel, so Weber, sei, den Autoverkehr in der Kerninnenstadt zu reduzieren. Weniger Parksuchverkehr und sauberere Luft seien beabsichtigt. Angesichts des relativ beschränkten Geltungsbereichs glaubt Weber aber auch nicht unbedingt, dass massenweise Autofahrer ihr Fahrzeug stehen lassen.
Die Wirkung sei wohl indirekter. „Vielleicht ist jetzt erst mal gar kein Rückgang beim Autoverkehr messbar. Aber wir senken mit dem Angebot die Schwelle für Leute, die sonst nie Bus und Tram fahren, es mal auszuprobieren“, so Weber. In Deutschland dürfte die Cityzone einzigartig sein. Vorbild war das österreichische Graz.
Unumstritten ist die Cityzone nicht. Ein Kritikpunkt: Man führe die Autofahrer weiterhin zu weit in die Stadt. Sinnvoller sei es, Autos früher abzufangen bzw. Angebote zu machen, die den Verzicht aufs Auto erleichtern, hieß es etwa vom Fahrgastverband Pro Bahn. Auch SPD und Grüne merkten an, dass ihnen die Pläne nicht weit genug gehen. Die SPD fordert die Ausdehnung auf die gesamte Zone 10 oder zumindest die Jakobervorstadt, die Grünen regten eine Ausweitung bis zu Park-and-ride-Plätzen an.
Doch bei den Stadtwerken winkt man ab. „Bei jeder Erweiterung würden die Kosten exponentiell nach oben gehen“, so Geschäftsführer Walter Casazza. Irgendwer müsse das am Ende bezahlen. Zudem stelle sich die Frage, wo man eine Grenze ziehen solle. „Auch mit drei oder vier Haltestellen ist den meisten Pendlern ja nicht geholfen, weil die Distanzen größer sind.“Die Cityzone wird voraussichtlich Einnahmeausfälle von 860000 Euro jährlich bringen, die von der Stadt getragen werden. Denkbar, so die Stadt, sei künftig allenfalls eine Ausdehnung zur Kongresshalle, um Besuchern die Anreise zu erleichtern.
Casazza gibt keine Prognose dazu ab, wie sich die Fahrgastzahlen entwickeln. Die Nahverkehrsinitiative ANA merkte an, dass ausgerechnet in der City, wo die Auslastung ohnehin schon hoch ist, noch zusätzliche Fahrgäste in die Fahrzeuge geholt werden. Nötig sei dies eher in den Außenbereichen. Dass Fahrgäste künftig mit überfüllten Fahrzeugen zu tun haben werden, glaubt Casazza nicht. Es werde sich bei den Hauptnutzern eher nicht um Pendler handeln. Eine Zielgruppe seien Touristen. „Sie können die Innenstadt vom Hauptbahnhof weg gratis erfahren.“Auch für InnenstadtKunden sei das Angebot im Zusammenspiel mit dem Gratis-Lieferservice für Einkäufe interessant.
Bürgermeisterin Weber kontert auch die Befürchtung, dass innenstadtnahe Viertel künftig vermehrt zugeparkt werden könnten. Hier gelte meist ohnehin schon Bewohnerparken und Parkscheinpflicht, so Weber. „Ich glaube nicht, dass es große Verschiebungen beim Parken geben wird.“
Neben dem Umweltschutz hilft die Cityzone auch, den Unmut von Gelegenheitsfahrgästen nach der Tarifreform von 2018 zu dämpfen. Weil für sie die Innenzone 10 mit der dazugehörigen günstigen Preisstufe 1 wegfiel und durch das Kurzstreckenticket nur teilkompensiert wurde, gab es für manche Nutzer Fahrpreisverdoppelungen.
Die Cityzone führt für Gelegenheitsfahrgäste mit Ziel Innenstadt im Zusammenspiel mit dem Kurzstreckenticket (gültig über fünf Haltestellen inklusive Start- und Zielhaltestelle) teils wieder zur selben Reichweite wie vor der Tarifreform. Das ist etwa der Fall für Fahrgäste aus Richtung Haunstetten/Univiertel auf den Linien 2 und 3. Fahrgäste aus dem Hochfeld müssen, wenn sie mit dem Kurzstreckenticket in die Innenstadt wollen, seit der Tarifreform an der Schertlinstraße einsteigen, um von dort vier Haltestellen zum Kö zu fahren. Künftig können sie wie vor der Tarifreform auch eine Haltestelle weiter draußen einsteigen – die fünf KurzstreckenHaltestellen reichen bis zum Theodor-Heuss-Platz, wo der Geltungsbereich der Cityzone beginnt.
Allerdings wird nicht überall der gleiche Stand im Vergleich zur früheren Preisstufe 1 hergestellt. Zum Teil nähert man sich dem Zustand vor der Reform nur wieder etwas an (z. B. Linie 3 in Pfersee). Im Burgfrieden gibt es für Fahrgäste der Tramlinie 1 aber eine Verbesserung – sie gewinnen durch Cityzone und Kurzstreckenticket zwei Haltestellen gegenüber der früheren Lösung.
Diese Rechnungen stimmen allerdings nur, wenn die Fahrt in der Cityzone endet oder dort beginnt. Wer die Cityzone durchquert, muss bei der Nutzung eines Kurzstreckentickets alle Haltestellen (auch die in der Cityzone) mitzählen und eventuell ein normales Einzel-Ticket lösen.