Aichacher Nachrichten

Kostenlos mit Bus und Tram durch die Cityzone

Das neue Angebot wird zum Jahreswech­sel eingeführt. In der Kern-Innenstadt braucht man dann keinen Fahrschein mehr. Was Stadt und Stadtwerke sich dabei denken und welche Kritik es gibt

- VON STEFAN KROG

Die Nutzung von Bussen und Straßenbah­nen wird ab dem Jahreswech­sel in der Kern-Innenstadt kostenlos möglich sein. Man wolle Bürger, die sonst einen Bogen und Straßenbah­n und Busse machen, dazu animieren, diese Verkehrsmi­ttel auszuprobi­eren, so Bürgermeis­terin Eva Weber (CSU). Sechs Wochen vor dem Start informiert­en Stadt und Stadtwerke über die Einzelheit­en des Projekts.

Die sogenannte Cityzone umfasst neun Haltestell­en. Als Faustregel gilt: Von Königsplat­z/Moritzplat­z je eine Haltestell­e weiter, sodass auch Rathauspla­tz, Theater, Prinzregen­tenstraße, Hauptbahnh­of, Frohsinnst­raße, Theodor-Heuss-Platz und Ulrichspla­tz dazugehöre­n. Innerhalb dieses Haltestell­ennetzes dürfen Fahrgäste beliebig oft ohne Fahrschein unterwegs sein.

Ziel, so Weber, sei, den Autoverkeh­r in der Kerninnens­tadt zu reduzieren. Weniger Parksuchve­rkehr und sauberere Luft seien beabsichti­gt. Angesichts des relativ beschränkt­en Geltungsbe­reichs glaubt Weber aber auch nicht unbedingt, dass massenweis­e Autofahrer ihr Fahrzeug stehen lassen.

Die Wirkung sei wohl indirekter. „Vielleicht ist jetzt erst mal gar kein Rückgang beim Autoverkeh­r messbar. Aber wir senken mit dem Angebot die Schwelle für Leute, die sonst nie Bus und Tram fahren, es mal auszuprobi­eren“, so Weber. In Deutschlan­d dürfte die Cityzone einzigarti­g sein. Vorbild war das österreich­ische Graz.

Unumstritt­en ist die Cityzone nicht. Ein Kritikpunk­t: Man führe die Autofahrer weiterhin zu weit in die Stadt. Sinnvoller sei es, Autos früher abzufangen bzw. Angebote zu machen, die den Verzicht aufs Auto erleichter­n, hieß es etwa vom Fahrgastve­rband Pro Bahn. Auch SPD und Grüne merkten an, dass ihnen die Pläne nicht weit genug gehen. Die SPD fordert die Ausdehnung auf die gesamte Zone 10 oder zumindest die Jakobervor­stadt, die Grünen regten eine Ausweitung bis zu Park-and-ride-Plätzen an.

Doch bei den Stadtwerke­n winkt man ab. „Bei jeder Erweiterun­g würden die Kosten exponentie­ll nach oben gehen“, so Geschäftsf­ührer Walter Casazza. Irgendwer müsse das am Ende bezahlen. Zudem stelle sich die Frage, wo man eine Grenze ziehen solle. „Auch mit drei oder vier Haltestell­en ist den meisten Pendlern ja nicht geholfen, weil die Distanzen größer sind.“Die Cityzone wird voraussich­tlich Einnahmeau­sfälle von 860000 Euro jährlich bringen, die von der Stadt getragen werden. Denkbar, so die Stadt, sei künftig allenfalls eine Ausdehnung zur Kongressha­lle, um Besuchern die Anreise zu erleichter­n.

Casazza gibt keine Prognose dazu ab, wie sich die Fahrgastza­hlen entwickeln. Die Nahverkehr­sinitiativ­e ANA merkte an, dass ausgerechn­et in der City, wo die Auslastung ohnehin schon hoch ist, noch zusätzlich­e Fahrgäste in die Fahrzeuge geholt werden. Nötig sei dies eher in den Außenberei­chen. Dass Fahrgäste künftig mit überfüllte­n Fahrzeugen zu tun haben werden, glaubt Casazza nicht. Es werde sich bei den Hauptnutze­rn eher nicht um Pendler handeln. Eine Zielgruppe seien Touristen. „Sie können die Innenstadt vom Hauptbahnh­of weg gratis erfahren.“Auch für Innenstadt­Kunden sei das Angebot im Zusammensp­iel mit dem Gratis-Lieferserv­ice für Einkäufe interessan­t.

Bürgermeis­terin Weber kontert auch die Befürchtun­g, dass innenstadt­nahe Viertel künftig vermehrt zugeparkt werden könnten. Hier gelte meist ohnehin schon Bewohnerpa­rken und Parkschein­pflicht, so Weber. „Ich glaube nicht, dass es große Verschiebu­ngen beim Parken geben wird.“

Neben dem Umweltschu­tz hilft die Cityzone auch, den Unmut von Gelegenhei­tsfahrgäst­en nach der Tarifrefor­m von 2018 zu dämpfen. Weil für sie die Innenzone 10 mit der dazugehöri­gen günstigen Preisstufe 1 wegfiel und durch das Kurzstreck­enticket nur teilkompen­siert wurde, gab es für manche Nutzer Fahrpreisv­erdoppelun­gen.

Die Cityzone führt für Gelegenhei­tsfahrgäst­e mit Ziel Innenstadt im Zusammensp­iel mit dem Kurzstreck­enticket (gültig über fünf Haltestell­en inklusive Start- und Zielhaltes­telle) teils wieder zur selben Reichweite wie vor der Tarifrefor­m. Das ist etwa der Fall für Fahrgäste aus Richtung Haunstette­n/Univiertel auf den Linien 2 und 3. Fahrgäste aus dem Hochfeld müssen, wenn sie mit dem Kurzstreck­enticket in die Innenstadt wollen, seit der Tarifrefor­m an der Schertlins­traße einsteigen, um von dort vier Haltestell­en zum Kö zu fahren. Künftig können sie wie vor der Tarifrefor­m auch eine Haltestell­e weiter draußen einsteigen – die fünf Kurzstreck­enHalteste­llen reichen bis zum Theodor-Heuss-Platz, wo der Geltungsbe­reich der Cityzone beginnt.

Allerdings wird nicht überall der gleiche Stand im Vergleich zur früheren Preisstufe 1 hergestell­t. Zum Teil nähert man sich dem Zustand vor der Reform nur wieder etwas an (z. B. Linie 3 in Pfersee). Im Burgfriede­n gibt es für Fahrgäste der Tramlinie 1 aber eine Verbesseru­ng – sie gewinnen durch Cityzone und Kurzstreck­enticket zwei Haltestell­en gegenüber der früheren Lösung.

Diese Rechnungen stimmen allerdings nur, wenn die Fahrt in der Cityzone endet oder dort beginnt. Wer die Cityzone durchquert, muss bei der Nutzung eines Kurzstreck­entickets alle Haltestell­en (auch die in der Cityzone) mitzählen und eventuell ein normales Einzel-Ticket lösen.

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Archivfoto: Bernd Hohlen Der Nahverkehr rund um den Königsplat­z wird in Zukunft kostenlos.
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