Bauarbeiten: Plötzlich war das Schild am Baumgrab weg
Eine Augsburgerin ist verärgert, weil sie auf dem Protestantischen Friedhof das Urnengrab ihres verstorbenen Mannes nicht mehr findet. Warum jetzt fast 160 Verstorbene neue Gedenksteine bekommen
Rentnerin Gisela Brigitte Hahne trauert noch sehr um ihren Ehemann Wolfgang. Er starb am 16. Juni und wurde auf dem Protestantischen Friedhof an der Haunstetter Straße bestattet. Umso empörter war die Augsburgerin, als sie kürzlich das Urnengrab ihres Mannes unter einer großen Linde im Friedhof besuchen wollte. Das Namensschild war spurlos verschwunden. Und gleich neben dem Baum fand sie Baggerspuren von Bauarbeiten. Was war passiert?
Die 74-jährige Witwe hatte alles richtig machen wollen. Ihr Mann, der an einer schweren Krankheit verstarb, wünschte sich eine Baumbestattung. „Seinen letzten Willen habe ich umgesetzt“, sagt Gisela Brigitte Hahne. Den Protestantischen
Friedhof wählte sie aus, weil er ihr empfohlen wurde. Und zunächst habe auch alles gut geklappt, erzählt sie.
Doch nach ihrem jüngsten Besuch am Grab hat die Witwe einen schrecklichen Verdacht: Wurde das Namensschild ihres Mannes unter der Linde bei den laufenden Bauarbeiten am Friedhof zerstört? Auch Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung hätten die Tafel unter dem Baum nicht finden können, sagt die Augsburgerin. Der Vorfall sei skandalös und pietätlos. Der Fall Hahne beschäftigt nun auch Friedhofsverwalter Daniel Kettmer. Er sagt, er könne derzeit nicht nachvollziehen, was mit dem Namensschild passiert sei. „Wenn es möglicherweise einen Fehler von unserer Seite gegeben hat, tut es mir leid und ich entschuldige mich dafür.“
Tatsächlich laufen auf dem Friedhof im Bereich mit der großen Linde für Baumbestattungen und dem umliegenden Urnenfeld derzeit Bauarbeiten. Kettemer sagt, das Areal solle hochwertiger gestaltet und schöner werden. Dass Bagger über Grabstätten oder Steinblöcke mit Gedenkschildern gefahren sein könnten, schließt der Friedhofsverwalter aus. Neben den Maschinen seien Arbeiter im Einsatz gewesen. Diese hätten sorgfältige Handarbeit geleistet. Möglich sei jedoch, dass einige wenige Schilder im Zuge der Maßnahme beschädigt worden sein könnten.
Der Verwalter versichert weiter, dass betroffenen Angehörigen kein finanzieller Schaden entstehen soll. Das Gegenteil sei der Fall. Die Verschönerungen im Bereich für Baumbestattungen und in dem umliegenden Urnenfeld werde der Friedhof aus seinem eigenen Budget finanzieren. Unter anderem ist geplant, die bisherigen weniger schönen Granitblöcke mit den Namensschildern unter der Linde durch hochwertige Steine aus Muschelkalk zu ersetzen. Die Namen der Verstorbenen sollen auch nicht mehr aus Schildern aus Kunststoff verewigt werden, sie werden jetzt auf kleinen Steintafeln eingraviert.
Bei der Linde sind nach Angaben der Verwaltung bislang 157 Plätze mit Urnen belegt. Kettemer kündigt an, dass im Zuge der Umgestaltung auf die Angehörigen dieser Verstorbenen keine neuen Kosten zukommen sollen. Dass der Friedhof die Verschönerung selbst übernimmt, sei von Anfang an so geplant gewesen, auch wenn sie aufwendig sei, sagt Kettemer. Der Steinmetz sei bereits beauftragt. Nun hofft der Verwalter, dass die neuen Gedenksteine mit den zugehörigen Namensschildern bei der Linde noch rechtzeitig vor Weihnachten aufgestellt werden können – auch derjenige für Gisela Brigitte Hahnes Ehemann Wolfgang.