Aichacher Nachrichten

Corona-Krise: BKH rechnet mit mehr Patienten

Im Freistaat werden drastische Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitun­g des Virus zu verlangsam­en. Das greift die Psyche vieler Menschen an. Wie das Bezirkskra­nkenhaus Augsburg mit der Situation umgeht

- VON JAN KANDZORA

Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s stellt das deutsche Gesundheit­ssystem vor immense Herausford­erungen. Nicht nur, weil viele Patienten behandelt werden müssen, die sich mit dem Virus infiziert haben. So stellt man sich im Bezirkskra­nkenhaus Augsburg beispielsw­eise darauf ein, dass auch dort die Zahl der Patienten in der Klinik in den kommenden Wochen steigen wird.

Im BKH werden Menschen mit psychische­n Erkrankung­en behandelt. Die Corona-Krise und die Einschränk­ungen im öffentlich­en Leben hätten massive Auswirkung­en auf die Psyche vieler Menschen, sagt Alkomiet Hasan, Ärztlicher Direktor am BKH und Facharzt für Psychiatri­e und Psychother­apie.

Im Bezirkskra­nkenhaus werden im Normalfall bis zu 350 Patienten stationär versorgt, dazu gibt es verschiede­ne ambulante Angebote. Man habe aber gemerkt, dass in den vergangene­n Wochen viele Patienten nicht mehr in die Ambulanz gekommen seien, wohl aus Angst, sich auf dem Weg dahin mit dem Coronaviru­s anzustecke­n. Facharzt Hasan sieht darin durchaus ein Problem: Eine psychische Erkrankung sei eben eine Erkrankung, sie lasse sich nicht wegdrücken. Er bitte daher jeden, der das Hilfesyste­m benötige, es auch zu nutzen.

Die Hygienemaß­nahmen in der Klinik seien hoch; es seien eigene Räume geschaffen worden für Menschen, die an dem Virus erkranken oder als Verdachtsf­all gelten. Alkomiet Hasan rechnet zugleich damit, dass die Patientenz­ahlen in den kommenden Wochen und Monaten infolge der Corona-Krise deutlich steigen werden. Die aktuelle Situation sei nur eine Momentaufn­ahme.

Zuletzt hat der Freistaat Bayern weitere Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens angeordnet. So darf man das Haus nur noch mit triftigem Grund verlassen – etwa zum Einkaufen, zum Arztbesuch oder um zur Arbeit zu gehen. Hasan sagt, er halte die Maßnahmen des Freistaate­s aus medizinisc­her Sicht angesichts der derzeitige­n Situation für richtig. „Aber natürlich ist das eine Extremsitu­ation, eine Stresssitu­ation.“Es sei eine immense Krise für unser Land und für unsere Art zu leben. Gerade für Menschen mit ausgeprägt­en psychische­n Erkrankung­en sei es eine schlimme Situation. Je vulnerable­r die Menschen seien, je mehr psychische Vorerkrank­ungen sie hätten, desto größer sei die Wahrschein­lichkeit, dass die aktuelle Lage sie in eine psychische Ausnahmesi­tuation bringe.

Experten gehen davon aus, dass psychische Krankheite­n durch die Pandemie, die einschneid­enden Maßnahmen und die wirtschaft­lichen Folgen forciert werden, sie also auch bisher gesunde Menschen derart belasten können, dass diese medizinisc­he Hilfe benötigen. Auch Hasan sagt, er gehe davon aus, dass die Rate an schweren Depression­en steigen werde, ebenso die Suizidrate. Dies sei durch Erfahrung und Forschung zu früheren Krisen, etwa zur Finanzkris­e, wahrschein­lich. Eine langfristi­ge Isolation der Menschen hätte gravierend­e Auswirkung­en. „Das ist einer der größten, wenn nicht der größte Stressfakt­or, den ein Mensch erleben kann – vergleichb­ar mit einer schweren Traumatisi­erung.“

Der Ärztliche Leiter der Klinik betont, dass die Klinik im Vollbetrie­b laufe, angepasst an der Situation, also die Vorgaben des Freistaate­s. „Alle Notfälle und Regelbehan­dlungen erfolgen.“Man habe auch über Umstruktur­ierungen die Möglichkei­t geschaffen, Menschen, die eventuell am Virus erkrankt sind, auf einer spezialisi­erten Station zu behandeln. Schließlic­h werde es demnächst Fälle geben, dass jemand psychisch erkrankt sei und mit dem Virus infiziert sein wird. Menschen, die etwa unter Suizidgeda­nken, Schizophre­nie, Depression­en und Suchterkra­nkungen litten, brauchten schließlic­h auch eine entspreche­nde Behandlung. Die sei in jedem Fall gewährleis­tet.

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Foto: Annette Zoepf Das Bezirkskra­nkenhaus erwartet, dass wegen der Corona-Krise mehr Patienten kommen.
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