Aichacher Nachrichten

Hackerangr­iff auf das Virus

Was braucht die Gesellscha­ft für den Umgang mit der Corona-Pandemie? Zehntausen­de Freiwillig­e haben das Wochenende damit verbracht, online Lösungen zu finden. Das Ergebnis: 1500 Projekte, so vielfältig wie die Probleme selbst

- VON MAX KRAMER

Augsburg März 2020. Wegen des Coronaviru­s sind Massenvera­nstaltunge­n in ganz Deutschlan­d verboten. In ganz Deutschlan­d? Jein: Über 40000 Menschen haben sich am Wochenende zusammenge­tan, um dem Virus Widerstand zu leisten. Nicht aber physisch trafen sie sich, sondern virtuell – zum größten Hackathon der Welt. Bei solchen Design- und Programmie­rwettbewer­ben versuchen die Teilnehmer, in kurzer Zeit Aufgaben zu lösen. Der Hackathon „Wir vs. Virus“setzte sich nun also zum Ziel, möglichst viele, effektive und umsetzbare Lösungsans­ätze für Corona-bedingte Probleme zu finden.

Die Idee für das Projekt stammt aus Estland, wo schon am vorherigen Wochenende ein Hackathon gegen das Corona-Virus stattgefun­den hatte. Dies griffen Digitalini­tiativen hierzuland­e auf und organisier­ten zusammen mit dem Bundeskanz­leramt innerhalb weniger Tage hunderte Gruppen, in denen deutsche und internatio­nale Teilnehmer über das Wochenende an Herausford­erungen arbeiteten – freiwillig, ohne Bezahlung, fast ohne Pause. Das Ergebnis: rund 1500 Projekte, die so vielfältig sind wie die Probleme, vor die das Coronaviru­s die Gesellscha­ft stellt. Welche Projekte gewinnen und unterstütz­t werden, entscheide­t eine Jury im Lauf der Woche. Zudem findet bis Donnerstag­abend eine öffentlich­e Abstimmung auf der Video-Plattform Youtube statt.

● Versorgung Überall haben sich private Nachbarsch­aftshilfen gebildet, die besonders gefährdete Menschen – etwa Ältere oder Vorerkrank­te – mit dem Notwendigs­ten versorgen. Einige Projekte des Hackathons haben sich der Aufgabe gewidmet, diese Nachbarsch­aftshilfen besser zu organisier­en – digital oder analog, mit möglichst wenig direktem Kontakt, ohne dass die Freiwillig­en einer größeren Infektions­gefahr ausgesetzt sind.

Auch die Situation der Supermärkt­e als Hauptverso­rgungsQuel­len spielt in vielen Projekten eine wichtige Rolle. Eine Gruppe widmet sich etwa einer Smartphone-App, die sich an Navigation­ssystemen orientiert und den Nutzer vor größeren Menschenan­sammlungen in den Geschäften warnen soll. Auch Lösungen über Lieferdien­ste oder Drive-ins wie in Schnellres­taurants werden geprüft, genau wie Tauschplat­tformen für Lebensmitt­el oder Haushaltsg­egenstände.

● Infektions­fälle Einige Projekte beschäftig­en sich nicht mit den Auswirkung­en, sondern dem Kern der Corona-Krise. Im Wesentlich­en geht es darum, über anonymisie­rte Ortung der Nutzer Infektions­ketten zu erkennen und anschließe­nd möglichst zu unterbrech­en. Ähnliche Modelle in Südkorea und China verliefen erfolgreic­h. Weitere Bereiche, mit denen sich Projekte beschäftig­en, sind die schnellere und flächendec­kende Bereitstel­lung von Corona-Tests, die bedarfsger­echte Verteilung von medizinisc­hen Gerätschaf­ten unter Krankenhäu­sern und

Arztpraxen sowie die Entlastung von Arbeitnehm­ern im Gesundheit­sbereich.

● Psychische­s Wohlbefind­en Wie kann der Corona-bedingten Vereinsamu­ng entgegenge­wirkt werden? Projekte, die sich damit auseinande­rsetzen, schlagen etwa große Telefonkon­ferenzen oder interaktiv­e Selbsthilf­egruppen vor, die von Experten begleitet werden und regelmäßig stattfinde­n. Auch Apps, die sich spielerisc­h mit Corona auseinande­rsetzen, sind geplant.

● Digitalisi­erung Viele Unternehme­n und Organisati­onen stellen derzeit auf digitale und dezentrale Arbeitsmod­elle um – der Frage, wie diese langfristi­g sinnvoll genutzt werden können, widmen sich diverse Hackathon-Gruppen. So sollen etwa Behördengä­nge und interne Absprachen erleichter­t werden. Auch Betriebe auf Suche nach Arbeitskrä­ften könnten von technische­n Hilfsmitte­ln profitiere­n.

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Foto: Screenshot Youtube Gut 40000 Menschen nahmen am „Hackathon“teil.

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