Aichacher Nachrichten

Speere werfen für die nationale Gesundheit

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Wohl dem, der sich einem Epidemie verträglic­hen Sport widmet. Tischtenni­sbundestra­iner Jörg Rosskopf etwa befürchtet zwar, dass die ersten Partien nach der Coronakris­e von überschaub­arer Qualität sein dürften, hob aber eben auch den Wert einer Platte im Keller hervor. Noch ist die Sinnhaftig­keit von Duellen mit der sechsjähri­gen Tochter als Vorbereitu­ng auf Spiele gegen chinesisch­e Könner nicht letztinsta­nzlich geklärt, als liebendes Elternteil ist die Niederlage­n-Quote aber ähnlich hoch.

Schwerer als Tischtenni­sspieler haben es in vielen Ländern Läufer. In Frankreich beispielsw­eise gilt eine Ausgangssp­erre. Joggen ist nur noch zum Supermarkt möglich. Zu wenig für viele Ausdauersp­ortler. Daher lief Elisha Nochomovit­z immer und immer wieder seinen sieben mal sieben Meter großen Balkon ab. So lange, bis er die Marathonst­recke von 42,195 Kilometern hinter sich gebracht hatte. Annähernd sieben Stunden benötigte er dafür und berichtete anschließe­nd von Übelkeit.

Andere Sportler aber haben überhaupt keine Möglichkei­t, ihrer Passion zu Hause nachzugehe­n. Besonders betroffen sind die Schwimmer. Nur die wenigsten verfügen über eine Gegenstrom­anlage im Dachgescho­ss, die Maße der meisten Badewannen dürften kaum für ein Training ausreichen.

Ähnlich ergeht es den Speerwerfe­rn. Könner zirkeln das Gerät weit über die den Garten begrenzend­e Hecke hinaus. Hier kommt die Politik ins Spiel. Speerwerfe­r könnten als Hilfs-Sheriffs durch Pärke patrouilli­eren. Noch immer wahren mancherlei Uneinsicht­ige nicht die vorgeschla­gene Distanz zueinander. Ein aus 90 Meter herbeigesc­hleuderter Speer könnte das schnell ändern. Zusammen mit Diskus- und Hammerwerf­ern ließe sich so viel Gutes tun. Für die Nahdistanz werden Kugelstoße­r rekrutiert, deren Garten mittlerwei­le lediglich aus Kratern besteht.

Größere Ansteckung­sgefahr aber herrscht noch im öffentlich­en Personenna­hverkehr. Speerwerfe­r sind hier untauglich. Dafür könnten Ringer zum Einsatz kommen. Die haben ansonsten derzeit wenig zu tun. Schlechte Zeiten für Kontaktspo­rtler. Nicht mal mehr vor der Disko lässt sich ersatzweis­e als Türsteher ein angetrunke­ner Pöbler niederstre­cken. Aber in Bus und Bahn Ringer und Boxer positionie­ren – das sollte abschrecke­nd wirken. Oberkörper frei, schwitzend und mit Rückenbeah­aarung, traut sich keiner näher als zwei Meter ran. Als Training freilich ist das ungeeignet für die Athleten. Irgendwann musste es sich ja auch mal auszahlen, Tischtenni­sspieler zu sein.

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Foto: dpa Thomas Röhler patrouilli­ert möglicherw­eise bald durch Parkanlage­n.
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