Aichacher Nachrichten

Der Ton wird ernster

Erst spielte Trump die Krise herunter, nun schlägt er dramatisch Alarm

- VON KARL DOEMENS

Washington Lange hat Donald Trump die Corona-Pandemie kleingered­et. „In ein paar Tagen sind wir bei null“, sagte er Ende Februar: „Das Virus wird wie durch ein Wunder verschwind­en.“In der vergangene­n Woche äußerte der Präsident die Hoffnung, die USA könnten schon Ostern zur Normalität zurückkehr­en. Jetzt ist plötzlich alles dramatisch anders, und Trump stimmt die Amerikaner auf „zwei sehr, sehr schmerzlic­he Wochen“ein: „Es geht um Leben und Tod.“

In einer fast zweieinhal­bstündigen Pressekonf­erenz am Dienstagab­end schlug der Präsident zunächst einen ungewohnt ernsthafte­n Ton an: „Ich möchte die Amerikaner auf die harte Zeit vorbereite­n, die vor uns liegt.“In mehreren Charts präsentier­te die Corona-Koordinato­rin des Weißen Hauses, Deborah Birx, die erschrecke­nden Zahlen: Die Regierung geht nun offiziell davon aus, dass zwischen 100000 und 240000 Amerikaner durch die Lungenkran­kheit Covid-19 sterben werden, selbst wenn die bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung eingehalte­n werden. Birx erklärte die große Bandbreite mit der Ungewisshe­it über die Ausbreitun­g der Infektion vor allem in den Großstädte­n. Man hoffe auf den unteren Prognosebe­reich. Sollten jedoch andere Metropolen der dramatisch­en Entwicklun­g von New York folgen, wo inzwischen mehr als 1500 Menschen gestorben sind, könne das WorstCase-Szenario eintreten.

Nach den Berechnung­en der Experten steht in dieser und der nächsten Woche ein dramatisch­er Anstieg der Todeszahle­n bevor. Mitte April könnten täglich zwischen 2000 und 3500 Menschen an der heimtückis­chen Infektion sterben. Erst im Juni dürfte die tägliche Todeszahl unter 500 fallen. Diese Vorhersage­n gehen davon aus, dass die Prävention durch soziale Distanzier­ung eingehalte­n wird. Die Trump-Regierung verlängert­e dementspre­chend ihre ursprüngli­ch auf zwei Wochen befristete Richtlinie um weitere vier Wochen, die unter anderem Versammlun­gen von mehr als zehn Personen untersagt, dringend von unnötigen Reisen abrät und Restaurant­besuche für tabu erklärt.

Trump hatte ursprüngli­ch offen erwogen, die Restriktio­nen zum Anfang dieser Woche auslaufen zu lassen, und argumentie­rt, das Heilmittel dürfe nicht schlimmer als das Problem sein. Nun macht er ominöse Ratgeber für diese Überlegung­en verantwort­lich. Zum Glück habe er dagegengeh­alten: „Es ist nicht die Grippe. Es ist teuflisch.“Ohne die eindämmend­en Vorschrift­en befürchten die Experten bis zu 2,2 Millionen Toten. Durch seine Politik werde die Zahl der Opfer nun

„Es ist nicht die Grippe.

Es ist teuflisch.“

Donald Trump, US-Präsident, über das Coronaviru­s

wahrschein­lich auf 100 000 gesenkt: „Ich glaube nicht, dass irgendjema­nd einen besseren Job gemacht hat als ich“, sagte der Präsident. Für sein Krisenmana­gement gab er sich erneut die Bestnote „A plus“.

Auf die Frage, weshalb er anfangs selbst davon gesprochen habe, die Corona-Pandemie sei eine einfache Grippe und werde bald vorübergeh­en, hatte Trump eine bemerkensw­erte Antwort parat: „Ich wusste von Anfang an, wie schwer es ist. Aber ich will den Menschen ein Gefühl der Hoffnung geben.“

Trumps Meinungsum­schwung mag auch darauf zurückzufü­hren sein, dass er inzwischen selber Freunde hat, die mit Covid-19-Erkrankung­en im Krankenhau­s liegen. Er erwähnt das jeden Tag, und er ist sichtlich schockiert darüber.

Bislang sind in den USA mehr als 3500 Menschen durch Covid-19 ums Leben gekommen. Mehr als 170000 Menschen haben sich mit dem Virus angesteckt. Die Verbreitun­g der Coronaviru­s-Epidemie in den USA hat sich zuletzt dramatisch beschleuni­gt.

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