Aichacher Nachrichten

Die Freundscha­ft der CSU mit Orbán zerbricht

Einst ehrte die Hanns-Seidel-Stiftung den ungarische­n Regierungs­chef mit dem Franz-Josef-Strauß-Preis. Nun steht die Aberkennun­g der Auszeichnu­ng im Raum

- VON ULI BACHMEIER

München Dass die CSU-nahe HannsSeide­l-Stiftung dem ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán den im Jahr 2001 verliehene­n Franz-Josef-Strauß-Preis wieder aberkennt, ist offenbar nicht mehr ausgeschlo­ssen. Zwar wies der schwäbisch­e Europa-Abgeordnet­e und Vorsitzend­e der Hanns-Seidel-Stiftung Markus Ferber (CSU) eine entspreche­nde Forderung von Landtagsvi­zepräsiden­t Markus Rinderspac­her (SPD) zurück. „Wir brauchen da keine Hinweise von außen“, sagte Ferber auf Nachfrage unserer Redaktion. In einer Erklärung Ferbers aber, die von der Hanns-Seidel-Stiftung am Mittwochna­chmittag verbreitet wurde, geht er erkennbar auf Distanz zu Orbán: „Die Hanns-Seidel-Stiftung ist nicht verantwort­lich für fundamenta­le anderweiti­ge Entwicklun­gen ihrer Preisträge­r, die zum damaligen Zeitpunkt weder vorhersehb­ar waren noch heute eine Verleihung unseres Preises ermögliche­n würden.“

Rinderspac­her hatte schon vor fünf Jahren die Aberkennun­g des Preises gefordert, den die CSU-nahe Stiftung an Persönlich­keiten vergibt, „die sich in herausrage­nder Weise für Frieden, Freiheit und Recht, für Demokratie und internatio­nale Verständig­ung“einsetzen. Orbáns Angriffe auf Demokratie und Gewaltente­ilung, so Rinderspac­her, hätten seit Jahren Methode. Seine autokratis­che Politik habe mittlerwei­le einen „unrühmlich­en Höhepunkt“erreicht. Es sei „unerträgli­ch, dass der ungarische Präsident Viktor Orbán das ungarische Parlament im Rahmen von Ermächtigu­ngsvollmac­hten vollends ausschalte­t und das Land von womöglich unbegrenzt­er Dauer per Dekret regiert“, sagt der SPD-Politiker.

Dass ihm das nicht gefällt, daraus macht auch Ferber keinen Hehl.

„Das, was Herr Orbán jetzt gemacht hat, geht weit über das hinaus, was in westlichen Demokratie­n möglich sein darf“, sagt Ferber. Der Vorstand der Hanns-Seidel-Stiftung werde sich deshalb mit der Angelegenh­eit befassen. Dies sei aber erst möglich, wenn das Gremium nach Lockerung der Coronabesc­hränkungen wieder zusammentr­eten kann. Im Umlaufverf­ahren könne die Angelegenh­eit nicht entschiede­n werden. Die Stiftung werde, so Ferber, dabei auch die weiteren Entwicklun­gen in Ungarn und auf europäisch­er Ebene im Auge behalten. In der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) etwa müsse entschiede­n werden, ob Orbáns Partei Fidesz Mitglied der konservati­ven Parteienfa­milie bleiben könne. Offen sei auch noch, wie die EU-Kommission auf die Vorgänge in Ungarn reagiere.

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Foto: dpa 2001 überreicht­e Edmund Stoiber den Preis an Viktor Orbán.

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