Ein Start in schwierigen Zeiten
Harald Reisner hat in Schrobenhausen Amtsinhaber Stephan quasi vom Stuhl gefegt. Wer ist dieser Mann, der über 80 Prozent erhielt?
Schrobenhausen Bürgermeister von Schrobenhausen – es könnte etwas dauern, bis Harald Reisner sein neuer Titel locker über die Lippen kommt. Denn ein Mensch, dem öffentlich zur Schau getragener Ruhm und Ehre – oder eben Titel – wichtig wären, ist Reisner nicht. Womöglich ist auch das einer der Gründe, weshalb bei der Stichwahl am Sonntag mehr als 80 Prozent der Schrobenhausener Wähler für den Freie Wähler-Politiker votiert haben.
Kaum jemand, der Harald Reisner begegnet, dürfte den 58-Jährigen unsympathisch finden. Volksnah sei er, umgänglich, engagiert – mit Begriffen wie diesen erklärten Schrobenhausener in den vergangenen Wochen, weshalb sie sich für den FW-Herausforderer entschieden haben. Sich in den Vordergrund zu drängen, ist Reisners Sache nicht. Zuweilen kommt der 58-Jährige stiller, bescheidener daher als andere. Dass er auch anders kann, bewies der künftige Schrobenhausener Bürgermeister in den vergangenen Wochen mehr und mehr – und überraschte damit so manche, die sich ob Reisners Ambitionen auf den Bürgermeisterposten zunächst einmal verdutzt die Augen gerieben hatten. Je fortgeschrittener der Wahlkampf, desto mehr schien sich Reisner in der Rolle des Herausforderers
wohlzufühlen. So präsentierte er sich beispielsweise vor wenigen Tagen der Facebook-Gemeinde gut vorbereitet in einem Livestream.
Die Gelegenheit, den FW-Kandidaten mit Fragen zu löchern, nutzten die Schrobenhausener dabei munter. Vom Erhalt des Schrobenhausener Kreiskrankenhauses bis zum vernünftigen Verkehrskonzept samt eines besseren öffentlichen Nahverkehrs erläuterte Reisner seinen Followern, was er als Schrobenhausener Bürgermeister anzupacken gedenkt. Auch den sozialen Wohnungsbau wolle er fördern sowie Gewerbe- oder Wohnbaugebiete samt Einheimischenmodell entwickeln; ferner möchte Reisner die Sanierung der Schrobenhausener
Altstadtgassen in Angriff nehmen und sich für die regionale Erzeugung von landwirtschaftlichen Produkten einsetzen.
Der am 20. Mai 1961 in Schrobenhausen geborene FW-Politiker ist verheiratet und Vater dreier Töchter im Alter von 30, 28 und 20 Jahren. „Auch für sie ist das jetzt eine ungewohnte Situation“, erzählt Reisner von seinen Damen, die sich nun erst an den Gedanken gewöhnen müssen, dass Papa Bürgermeister ist. „Aber meine Frau und meine Töchter stehen voll hinter mir“, versichert er. Dem Stadtrat gehört Reisner seit sechs Jahren an, außerdem hat er den Posten des Integrationsreferenten der Stadt inne und ist Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenbank Schrobenhausener Land.
Weshalb er überhaupt ins Rennen um den Bürgermeisterposten ging? „Weil ich der Meinung bin, dass Schrobenhausen Veränderung braucht“, antwortet Reisner. „Vieles ist festgefahren und wird nicht mit der nötigen Konsequenz umgesetzt.“Zuerst stünden nun Vorgespräche mit der Stadtverwaltung an, erzählt Reisner. „Alles Weitere muss ich auf mich zukommen lassen“– was ja in Zeiten von Corona noch schwerer werden dürfte als ohnehin schon. „Das ist mein Karma“, erzählt Harald Reisner. „Wo auch immer ich hinkomme, wird’s schwierig.“