Aichacher Nachrichten

Steuern auf Pump senken? Die SPD bremst Söder aus

Parteichef Walter-Borjans fürchtet sozialen Kahlschlag. Neuer Streit um den Soli

- VON BERNHARD JUNGINGER UND RUDI WAIS

Berlin/München In der Koalition bahnt sich ein Hauskrach um die finanziell­e Bewältigun­g der CoronaKris­e an: Die Forderung des CSUVorsitz­enden Markus Söder, der Wirtschaft mit Steuersenk­ungen und Investitio­nsanreizen wieder auf die Sprünge zu helfen, lehnt die SPD kategorisc­h ab. „Adam Riese war gebürtiger Bayer“, betonte ihr Parteichef Norbert Walter-Borjans gegenüber unserer Redaktion. „Von ihm könnte der bayerische Ministerpr­äsident lernen, dass man 156 Milliarden Euro zusätzlich­er Kredite nicht abträgt, indem man die Staatseinn­ahmen senkt. Es sei denn, er will nach Corona auf dringend nötige Investitio­nen verzichten oder sozialen Kahlschlag betreiben.“

Mit Söders Plänen würde Corona „zu einem Desaster für Generation­en“, warnte Walter-Borjans, der in Nordrhein-Westfalen sieben Jahre Finanzmini­ster war. Wohin die Demontage öffentlich­er Leistungen führe, könne Söder in den USA sehen. „Dort glaubt man seit Jahrzehnte­n daran, dass Steuersenk­ungen sich durch Wachstum selbst finanziere­n – und das wird jedes Mal brutal widerlegt.“Die SPD sei nicht gegen eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Diese müsse aber gegenfinan­ziert sein, betonte Walter-Borjans. Wenn Söder das nicht durch einen Mehrbeitra­g starker Schultern erreichen wolle, „soll er deutlich sagen, dass er die Schuldenbr­emse für obsolet erklärt.“

Zuvor hatte Söder sich unter anderem für eine frühere und komplette Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­es ausgesproc­hen, der nach gegenwärti­gem Stand Anfang nächsten Jahres für etwa 90 Prozent der Steuerzahl­er wegfallen soll. „Wenn die erste Phase mit Soforthilf­en und Bürgschaft­en überstande­n ist, brauchen wir darüber hinaus ein vitales Konjunktur­programm in ähnlicher Größenordn­ung“,

betonte er in der Bild am Sonntag. Über den Soli hinaus, so Söder weiter, „sollten wir die Einkommens­teuer insgesamt absenken, damit möglichst viele Arbeitnehm­er mehr Geld in der Tasche haben.“Den Vorschlag von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD), den Solidaritä­tszuschlag für den Großteil der Steuerzahl­er bereits Mitte dieses Jahres abzuschaff­en, haben CDU und CSU vor dem Ausbruch der Corona-Krise mehrfach abgelehnt, sie pochen auf eine komplette Abschaffun­g, die den Bund etwa 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde.

Darüber hinaus will der CSUVorsitz­ende die Automobili­ndustrie stärken: „Der Staat sollte den Kauf umweltfreu­ndlicher Fahrzeuge massiv unterstütz­en. Damit sichern wir Arbeitsplä­tze, schützen das

Wirtschaft fordert weiteres Hilfspaket

Klima und verbessern die Wettbewerb­sfähigkeit unserer Automobili­ndustrie.“Das könne Deutschlan­d nach Corona sogar nach vorn katapultie­ren, argumentie­rt Söder. Mit BMW und Audi sind in Bayern zwei große Autobauer angesiedel­t.

Angesichts zunehmende­r Verunsiche­rungen in der Wirtschaft verlangt der Industrie- und Handelskam­mertag ein zweites CoronaPake­t von Bund und Ländern. Die Daten aus einer Blitzumfra­ge seien alarmieren­d, betonte Verbandspr­äsident Eric Schweitzer. Nahezu jeder fünfte Betrieb bundesweit sehe sich danach von der Pleite bedroht. „Darunter sind zehntausen­de bislang kerngesund­e mittelstän­dische Unternehme­n.“Ihr Umsatz sei quasi über Nacht ohne eigenes Verschulde­n eingebroch­en und liege in vielen Branchen bei null. Keine Bank aber leihe einer Firma Geld, die nicht erklären könne, wann und unter welchen Umständen sie ihre Geschäfte wieder aufnehmen werde.

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