Auf den Mittelstand kommt es an
Wer soll für all die Hilfs-Milliarden geradestehen? Wenn die Politik jetzt das Rückgrat der deutschen Wirtschaft schwächt, wird der Aufschwung kaum gelingen
Ein jeder sieht die Corona-Krise durch die eigene politische Brille. Für die Linkspartei und den linken Teil der SPD ist klar, dass dereinst „die Reichen“für die gigantischen wirtschaftlichen Folgeschäden aufkommen müssen. Per Zwangsabgabe auf ihr Vermögen, wie beim Lastenausgleich nach dem Zweiten Weltkrieg. Die konservative und wirtschaftsnahe Seite des politischen Spektrums reagiert entsetzt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder setzt sogar auf Steuersenkungen. Doch sollten wir mit dieser zwangsläufig ideologieschwangeren Diskussion nicht besser warten, bis die Krise zumindest einigermaßen überstanden ist? Nein, sollten wir nicht, wir können uns das auch gar nicht erlauben. Dauert der Ausnahmezustand weiter an, werden die Kosten für die Corona-Rettungspakete die der deutschen Einheit übersteigen. In diesen Dimensionen bewegen wir uns: Mindestens 1,8 Billionen Euro für den Corona-Rettungsschirm, 156 Milliarden Euro neue Schulden allein in diesem Jahr.
SPD-Chefin Saskia Esken und Linken-Chef Bernd Riexinger fordern da eine einmalige Abgabe auf das Vermögen von Wohlhabenden. Das ist gefährlicher Populismus von links. Denn die vermeintlichen „Superreichen“sind in der deutschen Realität oft Familienunternehmer aus dem gehobenen Mittelstand. Betriebs- und Privatvermögen sind für diese Firmenbesitzer, die eine Vielzahl hochwertiger Arbeitsplätze garantieren, meist kaum zu trennen. Ohnehin ist der Mittelstand bereits von den CoronaFolgen besonders heftig getroffen. Wird er nun noch durch faktische Enteignungen geschwächt, kann der Aufschwung nach einem Ende der Krise kaum gelingen.
Die Corona-Pandemie sollte nicht dafür herhalten, alte Neiddebatten aufleben zu lassen. Auf einem anderen Blatt steht, dass jetzt die Zeit wäre, Steuerschlupflöcher für den kleinen Kreis der Superreichen und für internationale Großkonzerne zu schließen. Wenn das gelingt und für zusätzliche Einnahmen sorgt, könnten Steuersenkungen, wie Markus Söder sie vorschlägt, wichtige Impulse für den Konsum setzen. Normal- und Besserverdiener, zu denen viele gut qualifizierte Facharbeiter zählen, jetzt noch zusätzlich zu belasten, etwa durch einen „Corona-Soli“, wäre dagegen brandgefährlich. Weil das Corona-Virus weltweit wütet und hinter dem Exportgeschäft deshalb viele Fragezeichen stehen, kommt es jetzt darauf an, die Nachfrage im Inland anzukurbeln. Mit einer befristeten Senkung der Mehrwertsteuer könnte das sogar sofort geschehen.
In der Corona-Ausnahmesituation sollten wir aber auch noch einmal ganz neu über das Thema Staatsfonds
nachdenken. Nicht dass Staaten die besseren Unternehmenslenker wären, ganz gewiss nicht. Doch durch die jetzt alternativlosen Direkthilfen und Bürgschaften für die Wirtschaft kann der Bund eine Fülle von Minderheitsbeteiligungen erhalten. Ohne dass damit größere Einflussmöglichkeiten auf die Firmenpolitik verbunden wären. Anders als bei der Bankenrettung ginge es nicht nur um systemisch marode Geldhäuser. Sondern um kleine wie große Unternehmen aus einer großen Bandbreite an Branchen, die ohne die Corona-Krise gesund wären. Um die Pandemie-Folgen zu bewältigen und den Wohlstand für künftige Generationen zu sichern, könnte die öffentliche Hand manche dieser Beteiligungen behalten. Statt sie nach der Krise an den Meistbietenden zu verhökern. Etwa an die großen Staatsfonds der reichen Ölländer, die, wie staatsnahe chinesische Investoren, gerne nach innovativen deutsche Firmen greifen. Ein eigener, echter Staatsfonds könnte also auch den Ausverkauf der deutschen Wirtschaft bremsen – über die Corona-Krise hinaus.
Ein Staatsfonds könnte eine Alternative sein