Gut Brot will Weile haben
Gerade in diesen Tagen haben manche mehr Zeit, als ihnen lieb ist. Und die braucht man, um einmal die Kunst des Sauerteigmachens auszuprobieren. Hier einige Tipps für Hobbybäcker
Augsburg Gutes Brot basiert auf Sauerteig. Ursprünglich im alten Ägypten erfunden, kam das Lockerungsmittel mit den Römern über die Alpen. Hier erlebt es seit einiger Zeit eine Renaissance. Nicht zuletzt weil wegen der Ausgangsbeschränkungen viel mehr gebacken wird als sonst. „Es ist ganz einfach, gutes Brot zu backen. Weil nur vier Grundzutaten nötig sind: Mehl, Salz, Flüssigkeit sowie ein Lockerungsmittel wie Sauerteig oder Hefe“, sagt Günther Weber, Traditionsbäcker vom Lorettohof auf der Schwäbischen Alb. Von Hefe wird hier nicht die Rede sein, denn ich bin ein bekennender Sauerteigfan. Darf ich vorstellen? Susi ist meine umtriebigste Mitarbeiterin. In der Fachsprache heißt Susi Anstellgut oder Starter, was ihre Funktion gut beschreibt, mir allerdings zu sperrig ist. Deshalb habe ich ihr einen Namen gegeben, was bei Profibäckern üblich ist, die ihren Sauerteig über Jahrzehnte hegen und pflegen.
Bei meinem Anstellgut handelt es sich um Sauerteig aus Roggenmehl. Optisch macht die Zutat nicht viel her, ist ja nur eine graue dickliche Masse. Aber da sie von Mal zu Mal mehr reift, sorgt sie für immer bessere Ergebnisse. Es ist richtig, dass Backen mit echtem Sauerteig Arbeit macht. Mehrere Arbeitsgänge sind nötig, das kostet bis zu 24 Stunden Zeit. Dafür bildet Sauerteig beim Gären über 300 Aromastoffe aus. Der Teig wird elastisch und feinporig, die Kruste schön kross. Außerdem liefert Sauerteigbrot viele Mineralstoffe, es ist bekömmlicher und hält deutlich länger als andere Brotsorten, weil seine Bakterien Milch-,
Essig- und andere organische Säuren produzieren, die natürlich konservierend wirken. In einem Baumwollsäckchen oder Wachstuch hält das Wundermittel zehn bis 14 Tage, wenn dann noch was übrig ist. Und hier Tipps zum Brotbacken: Schritt 1: Die Startkultur ansetzen Drei Tage, mindestens 60 g Roggenvollkornmehl und 60 g handwarmes Wasser braucht man, um den Teig selbst zu machen. Am 1. Tag 20 g Mehl mit 20 g Wasser mischen. Die Melange für 24 Stunden in einer Plastikschüssel abgedeckt in einem warmen Raum stehen lassen. An den beiden Folgetagen den Ansatz vom 1. Tag jeweils mit 20 g
Mehl und 20 g Wasser verrühren, den Teig wieder abdecken. Spätestens am 3. Tag sollten sich Blasen bilden, der Teig mehr Volumen haben. Ein leicht säuerlicher, frischer (nicht muffiger) Geruch ist das Zeichen, dass der Sauerteig gelungen ist.
Schritt 2: Sauerteig ansetzen
Am Abend vor dem Backen 270 g Roggenvollkornmehl mit 6 g Salz und 300 g Wasser (50 Grad warm) verrühren, dann 60 g vom Anstellgut zugeben und mischen. Praktisch ist eine Glasschüssel, damit man auch von der Seite aus sehen kann, was sich tut. Zudecken und bei Zimmertemperatur über Nacht stehen lassen. Am nächsten Morgen sollten sich
Bläschen gebildet, der Sauerteig sich etwa verdoppelt haben. Wenn man nicht gleich Zeit zum Backen hat, die Schüssel in den Kühlschrank stellen. Das sollte die Gärung aufhalten. Vom Sauerteig 60 g abnehmen und im Kühlschrank aufbewahren oder einfrieren, wenn man nicht regelmäßig bäckt. Das Anstellgut dient als Basis für die nächste Woche.
Schritt 3: Hauptteig herstellen
Mit der Küchenmaschine (Knethaken) 162 ml kochendes Wasser, 7 g Salz, 24 g Honig (einen Teil kann man auch durch 1 oder 2 TL Backmalz ersetzen) und 300 g Roggenvollkornmehl vermengen. Teig 30 Minuten stehen lassen. Dabei geht er kaum auf. Anschließend auf einer bemehlten Arbeitsfläche rund formen. Etwa fünf Minuten von hinten nach vorne falten. Dabei immer wieder etwas Mehl dazugeben, bis er nicht mehr allzu klebrig ist. Teig in einen bemehlten Gärkorb setzen und mit einem Tuch darüber gehen lassen. Er wird um etwa die Hälfte „wachsen“. Funktioniert das Grundrezept, können Sie es nach Belieben abwandeln mit Saaten, Gewürzen, einem Schuss Öl, Tomaten- oder Kürbisstückchen, Buttermilch, Joghurt oder frischer Molke etc. Schritt 4: Backen
Ofen auf 250 Grad oder mehr vorheizen. Blech dabei im Ofen lassen. Den Teigling vom Gärkorb auf das heiße bemehlte Backblech stürzen. Beim Backen sollte die Temperatur fallend sein, also die erste Viertelstunde bei 250 Grad, dann nach ca. 40 Minuten bei 200 Grad. Wer einen Topf aus Gusseisen hat, kann das Brot auch darin backen. Wie das Blech ebenfalls mit vorheizen. Die Klopfprobe auf der Unterseite zeigt, ob das Brot fertig ist. Es muss hohl klingen. Auf einem Gitter abkühlen lassen und erst am nächsten Tag anschneiden. Zu frisches Brot macht Bauchweh.