Rasen in Zeiten von Corona
Von der Politikerin Rosa Luxemburg stammt die Erkenntnis, Freiheit sei auch immer die Freiheit des Andersdenkenden. Auf den Straßenverkehr übertragen heißt das: Freiheit ist auch immer die Freiheit des Nicht-Rasenden. Doch in Corona-Zeiten wird auf freien linken Autobahnspuren – gerade auf der A8 zwischen Ulm und München – von einigen Gas gegeben, als würden sie damit eine der letzten Freiheiten der Mobilität wie mit einem lauten Schrei zum Ausdruck bringen. Fast drängt sich der Verdacht auf, hier seien die gleichen Menschen am Werk, für die ihre Freiheit als Konsument darin besteht, möglichst viele Packungen Klopapier, Mehl und Trockenhefe an sich zu reißen. Wenn aber der Mensch seine Freiheit zulasten anderer missbraucht, darf, ja muss der Staat schon mal so frei sein, die Freiheiten weniger Freiheitsmissbraucher im Sinne der Freiheit aller einzuschränken. Nicht nur für die gespenstische Zeit der CoronaAutoraserei ist also die Antwort ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen. Schließlich sind im vergangenen Jahr 3059 Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen, während 384 000 verletzt wurden.
Dabei zeigt der Staat in der Corona-Krise, wie handlungsfähig er ist und Freiheiten zum Vorteil der Gesundheit aller einschränken kann. Das Primat der Politik war nie so spürbar wie jetzt. Bürger, die meist geduldig all die Einschränkungen hinnehmen, können auch mit einem Tempolimit leben, wenn Politiker sie davon überzeugen.