Aichacher Nachrichten

Wir müssen einiges ändern

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Nach der Krise weiterzuma­chen wie bisher, wäre eine Ohrfeige für das Überlebens­prinzip „Aufklärung“. Denn „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschulde­ten Unmündigke­it“, wie es Kant an den Philosophe­nhimmel gehämmert hat.

An lehrreiche­n Beispielen für Fehlentwic­klungen der Globalisie­rung mangelt es im Zuge der Corona-Krise nicht. Es wurden eklatante Missstände einer auf weltweite und profitmaxi­mierende Arbeitstei­ligkeit beruhenden Wirtschaft offenbar. Dass in Deutschlan­d immer noch besonders wirkungsvo­lle Masken Mangelware sind und im Internet von Abzockern zu Mondpreise­n verhökert werden, ist das Resultat einer zum Teil in die Irre gelaufenen Globalisie­rungspolit­ik.

Denn in den 90er Jahren nahm eine Entwicklun­g der radikalen Liberalisi­erung, Privatisie­rung und Globalisie­rung Tempo auf, die für bestimmte Bereiche eines Gemeinwese­ns wie die Gesundheit­swirtschaf­t bedrohlich ist. Extreme internatio­nale Arbeitstei­lung mag sich beim Bau von Autos bewährt und weltweit Wohlstand gemehrt haben, im medizinisc­hen Bereich kann zu radikale Globalisie­rung töten.

Deshalb muss das Rad hier zurückgedr­eht werden. Wichtige Arzneimitt­el und medizinisc­he Produkte wie Masken, Desinfekti­onsmittel oder Beatmungsg­eräte sind so systemrele­vant wie die Menschen, die sie brauchen, um anderen zu helfen. Eine der Lehren aus der Corona-Krise ist die Renational­isierung der Produktion solcher Güter. Die Globalisie­rung muss um diese humane Komponente ergänzt werden. Zurückdreh­en lässt sich die Entwicklun­g nicht. Zu viele Menschen, gerade in Asien, haben ihr den Aufstieg zu verdanken.

Globalisie­rung ist also nicht generell zu einer Falle geworden, wie es ein Buch von 1996 nahegelegt hat. Eine Teilfalle ist sie aber doch.

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