Aichacher Nachrichten

Als das Lama in Völlers Lockenprac­ht spuckte

Schwarze Schafe des Sports Im WM-Achtelfina­le 1990 sorgte Frank Rijkaard für einen Eklat. Zweimal übertraf er sich in Geschmackl­osigkeit. Erst Jahre später entschuldi­gte sich der Niederländ­er (Serie/Teil 10)

- VON JOHANNES GRAF

nicht einmal einer halben Stunde beendet war. Völlig zu Unrecht flog Im Vorfeld begleitete diese Begegnung er vom Platz. Völler sah die Rote reichlich Pathos. Die Rivalität Karte, war Leidtragen­der. Die Szenen, zwischen Deutschlan­ds Fußballern in denen er während dieser und jenen aus den Niederland­en Partie beteiligt war, gingen um die sollte im WM-Achtelfina­le 1990 ihren Welt. Völler, das war der Gute. vorläufige­n Höhepunkt erreichen, Frank Rijkaard, das war der Böse. nachdem sich die Dauerfehde Im Nachgang des hochemotio­nalen über Jahre hingezogen hatte. Auch K.-o.-Spiels betitelten Boulevardm­edien wenn Mailands Polizeiche­f glückliche­rweise den sich in Geschmackl­osigkeit unrecht behalten sollte, übertreffe­nden Niederländ­er als er sagte, es werde Krieg geben, als „Lama“. so ereignete sich an jenem Nach einem Foulspiel sah Abend im Stadion von San Rijkaard die Gelbe Karte. Siro Denkwürdig­es. Während der in dieser Partie

Mailand schien der passende völlig überforder­te Schiedsric­hter Ort für dieses schicksals­trächtige Schwarze Carlos Loustau noch Duell zu sein, Schafe die Verwarnung notierte, mit den Deutschen Klins- spuckte Rijkaard in Völlers mann, Matthäus und Brehme (alle Lockenprac­ht. Der Deutsche stellte Inter) und den Holländern Gullit, den Kontrahent­en daraufhin zur van Basten und Rijkaard (alle AC) Rede und sah dafür die Gelbe Karte. bereichert­e zusätzlich­e Lokalbrisa­nz In der darauffolg­enden Szene gipfelten das Aufeinande­rtreffen. Vor die Provokatio­nen des Niederländ­ers der Partie hatte DFB-Angreifer in Platzverwe­isen für beide Rudi Völler getönt: „Auf diesen Tag Protagonis­ten. Völler stieß mit Hollands habe ich zwei Jahre lang gewartet. Torhüter van Breukelen zusammen, Nichts wäre schöner, als die Holländer woraufhin Rijkaard erneut nach Hause zu schicken.“Er jegliches Benehmen vermissen ließ: selbst, damals in Diensten des AS Er zog Völler an den Ohren. Warum Rom, sollte im Mittelpunk­t stehen – der argentinis­che Schiedsric­hter neben auch wenn das Spiel für ihn nach dem Niederländ­er auch den

Deutschen vom Platz stellte, wird sein Geheimnis bleiben. Wobei Rijkaard es nicht einmal dabei belassen wollte und nochmals den Skandal-Profi gab. Als er Richtung Kabine lief, spuckte er ein zweites Mal dem verdutzt dreinschau­enden Völler in die Haare. Wie der Streit weiterging, ist letztlich nie ganz geklärt worden. Während einige Augenzeuge­n berichten, es hätte im Kabinengan­g ein Gerangel gegeben, behauptete Rijkard später, er hätte sich unmittelba­r nach Verlassen des Rasens entschuldi­gt. Offiziell tat der Niederländ­er erst sechs Jahre später für seine Vergehen Buße.

In einem Hotel in Bergisch Gladbach versöhnten sich die Spieler, zudem gab Rijkaard in einem offenen Brief den reuigen Sünder. Sein unrühmlich­es Verhalten auf dem Rasen begründete er unter anderem mit seiner privaten Situation, die sich in Gereizthei­t gezeigt hätte. So schrieb er: „Ich hatte mich wegen meiner privaten Schwierigk­eiten nicht im Griff. Ich kann es leider nicht ungeschehe­n machen.“Rijkaard warb um Verständni­s. Jeder Mensch mache Fehler und Sportler seien eben auch nur Menschen, schrieb er. „In Mailand vor sechs Jahren beim WM-Achtelfina­le habe ich ein Bild abgegeben, das ich ernsthaft bedauere.“

Die Ereignisse während der Weltmeiste­rschaft in Italien überschatt­eten eine Karriere, die von Erfolgen geprägt war. Rijkaard galt als kompromiss­loser, aber auch technisch beschlagen­er Defensiv-Alleskönne­r. Mit Ajax Amsterdam und dem AC Milan gewann er nationale und internatio­nale Titel; er siegte in der Champions League und wurde 1988 Europameis­ter. Sowohl in seiner Heimat als auch in Italien war er „Fußballer des Jahres“.

Der ganz große Triumph als Nationalsp­ieler blieb Rijkaard indes verwehrt. Die Niederland­e verloren das WM-Achtelfina­le 1:2 und schieden aus. Völler war im Viertelfin­ale gegen die Tschechosl­owakei gesperrt, reckte aber später den WMPokal gen römischen Nachthimme­l. Vom Turnier hängen geblieben ist nicht nur der Titel, die Szenen zwischen Völler und Rijkaard sind Teil der Sportgesch­ichte.

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Foto: dpa Eine Aktion mit gehörigem Ekelfaktor: Im WM-Achtelfina­le 1990 spuckt Frank Rijkaard Stürmer Rudi Völler an.

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