Aichacher Nachrichten

Rennstall kürzt Zimmermann und Kollegen das Gehalt

Weil der Sponsor seine Ausgaben massiv kürzen will, zahlt das Team seinen Fahrern weniger. Warum die ersten Saisonrenn­en vor Corona für den 22-jährigen Profi noch enorm wertvoll werden könnten

- VON CHRISTOF PAULUS

Wann es weitergeht, fragen sich viele Sportler gerade. Georg Zimmermann weiß aber nicht einmal, wie es weitergehe­n wird. Sein Team hat mitgeteilt, einen Großteil der Mitarbeite­r zu entlassen, die Fahrer müssen massive Gehaltskür­zungen hinnehmen. Teamchef Jim Ochowicz sagte, Hauptspons­or CCC sei wegen der Corona-Pandemie in finanziell­en Nöten. Deshalb hatte der polnische Schuhhändl­er angedeutet, dass er sich aus dem Sportspons­oring zurückzieh­en könnte. „Noch wissen wir nicht, wie hoch die Gehaltskür­zungen sein werden“, sagt Zimmermann, der von seinem Team noch nicht über weitere Schritte informiert worden sei. Dabei startete sein erstes Profi-Jahr vielverspr­echend.

Nach gerade einmal drei Renntagen fehlten ihm nur Radlängen zum ersten Sieg. Im Februar startete der 22-jährige aus dem Neusässer Stadtteil Hainhofen bei zwei Rennen in Südfrankre­ich. Rennen der zweiten

Liga zwar, aber mit Weltklasse gespickt: Gegen Nairo Quintana, Romain Bardet und Thibaut Pinot trat Zimmermann an – Fahrer, die schon auf dem Podest der Tour de France standen.

Beim Étoile de Bessèges in der Region Languedoc feierte Zimmermann einen denkbar guten Einstieg in seine Profi-Laufbahn: Er gewann das Bergtrikot und verpasste auf der dritten Etappe mit Platz zwei nur knapp den Tagessieg. Eine Woche später landete er auf Platz fünf der Nachwuchsw­ertung bei einem Etappenren­nen in der Provence. Weitere Rennen im Frühjahr hätten folgen sollen. Doch dann stoppte Corona die Saison.

„Jetzt zeigt sich, wie wertvoll gute Platzierun­gen zum Saisonauft­akt werden“sagt Zimmermann. Sollte sein Team den Betrieb nicht aufrechter­halten können, wären die bisherigen Ergebnisse gute Bewerbunge­n auf der Suche nach einem neuen Rennstall. Derzeit lote er aus, wie sich die Gehaltskür­zungen in den eigenen Finanzen niederschl­agen. Den Großteil seiner Zeit verbringe er aber immer noch auf der Straße. Wenn auch die Wettkämpfe ausfallen: Das Training geht weiter.

Das ist derzeit allerdings ein wenig anders als in der Wettkampfp­hase. „Aus sportwisse­nschaftlic­her Sicht würde es gerade wenig Sinn machen, hochintens­iv zu trainieren“, sagt Zimmermann. Solange unklar ist, ob die Saison abgebroche­n wird, müssen die Profis immer noch damit rechnen, bis Oktober Rennen zu fahren. Die jetzt verschleud­erten Körner könnten dann fehlen.

Doch nahezu täglich radelt Zimmermann durch die Region, um in Form zu bleiben. Nur auf Trainingsp­artner muss er wegen der Ausgangsbe­schränkung­en im Moment verzichten. Nach draußen zieht es Zimmermann ohnehin: „Solange das Wetter passt, bin ich lieber auf der Straße als auf der Rolle“, sagt er. Dabei könnte die Rolle, mit deren Hilfe Radsportle­r zu Hause

fahren können, während der Corona-Pandemie an Bedeutung gewinnen.

Am Wochenende stand unter anderem Olympiasie­ger Greg Van Avermaet bei der virtuellen Flandern-Rundfahrt am Start. Der Belgier ist Zimmermann­s Teamkapitä­n. Mithilfe eines Computerpr­ogramms traten 13 Weltklasse-Fahrer auf der simulierte­n Strecke des Radklassik­ers gegeneinan­der an, Zuschauer konnten das Rennen per Live-Stream verfolgen. „Grundsätzl­ich würde ich an solchen Rennen auch teilnehmen“, sagt Zimmermann. „Das hängt von der Ausrichtun­g des Teams ab.“

Aktuell gelte sein Fokus der Vorbereitu­ng auf die Zeit und Rennen nach der Corona-Krise. Wie es wirklich für ihn und sein Team weitergeht, kann Zimmermann derzeit nur erahnen. Womöglich fährt auch er demnächst am Computer. „Es kann ja sein, dass die virtuellen Rennen lange die einzigen Rennen sind, die es gibt.“

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Foto: Marcus Merk Seit diesem Jahr fährt Georg Zimmermann als Profi. Aufgrund der CoronaKris­e kürzt sein Team den Fahrern das Gehalt.

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