Aichacher Nachrichten

Corona macht wuseligen Samstagen ein Ende

Ein frühlingsh­after Samstag bedeutet in Augsburg volle Parks und Liegewiese­n, abends tummeln sich die Ausgehhung­rigen in Restaurant­s und Clubs der Innenstadt – normalerwe­ise. Covid-19 hat all das beendet. Ein Spaziergan­g

- VON JONAS VOSS

Es ist ziemlich genau 21.30 Uhr. Früh für eine Samstagnac­ht in der Maximilian­straße. Die Ruhe, die hier herrscht, hat aber nichts mit der Uhrzeit zu tun. Seit Wochen verdrängt das Coronaviru­s die Ausgehfreu­digen in der Augsburger Innenstadt. Die Wochentage fließen ineinander und so fühlt sich auch diese Samstagnac­ht auf der Ausgehmeil­e wie ein Sonntag an.

Wer die Maxstraße entlangspa­ziert, kann vereinzelt sogar Gespräche aus den Altbauten links und rechts des Weges hören. Zwischen Rathauspla­tz und Ulrichskir­che trotzt ein Geschäft noch den vom Virus auferlegte­n Bedingunge­n. Und das darf es auch, denn es bietet Essen zum Abholen an. Salvatore Antinoro und Alessia Ravalli stehen vor dem Café Corso, rauchen eng beieinande­r eine Zigarette, während sie auf ihr Essen warten. Kein Problem, das Paar wohnt zusammen. Corona-Verstoß abgewendet. „Ist schon wie tot hier, was?“, sagt Antinoro und lacht.

Nicht wie ausgestorb­en, aber doch mit deutlich weniger Besuchern präsentier­t sich der Stadtmarkt am späten Samstagvor­mittag. Durch die Gassen lässt sich schlendern, ohne ständig auf Berührunge­n von Fremden achten zu müssen. Nur in der Viktualien­halle, zwischen Feinkostsa­laten und Käseschich­ten, ist der Weg recht eng. Deswegen hat die Stadt hier drei Security-Mitarbeite­r postiert, die Kunden an das aktuelle Abstandsge­bot erinnern sollen. Alle drei berichten, am Morgen sei schon etwas los gewesen, aber auch da weniger als sonst. Die Menschen würden sich anstandslo­s an die Regeln halten.

Das ist am frühen Nachmittag auch am Kuhsee zu beobachten. Trotz der Frühlingss­onne sind hier nur wenige Menschen unterwegs, auch am Hochablass herrscht kein Gedränge. Viele fahren Fahrrad, wenige joggen, einige genießen die verblieben­e Freiheit auf Bänken und Stegen. Zwei junge Frauen, sie wohnen zusammen, scheinen von den Regeln der Ausgangsbe­schränkung allerdings nichts gehört zu haben: Sie sitzen unter einem Baum, vor ihnen Erdbeeren, Chips, Kekse und andere Naschereie­n. Ein Picknick – naheliegen­d an einem Tag wie diesem, doch leider verboten. Auf Nachfrage erklären beide, nichts davon gewusst zu haben.

Die Aufklärung kam gerade noch rechtzeiti­g, gegen halb vier taucht ein VW-Bus des Ordnungsdi­enstes auf. Sechs Mitarbeite­r fahren den Kuhsee ab, hier und da kontrollie

sie ein Pärchen, ob sie denn auch zusammen wohnen. Des Abstands wegen, natürlich. Die beiden jungen Picknicker­innen haben zu diesem Zeitpunkt ihr Essen bereits verstaut, so bleibt es bei einer Ermahnung. Mehr als eine solche war laut Polizei am Samstagabe­nd im Wittelsbac­her Park nötig.

Im Park beschädigt­e ein 69 Jahre alter Mann mehrere Absperrbän­der, welche von der Stadt um die Grünfläche­n gespannt wurden. Der Rentner schnitt laut Polizei auf seinem Weg durch den Park mehrere

Absperrbän­der mit seinem Taschenmes­ser ab. Eine Streifenbe­satzung befestigte die abgeschnit­tenen Absperrbän­der im Anschluss erneut. Sie erteilte dem 69-Jährigen einen Platzverwe­is.

Den Mann erwartet zudem eine Anzeige nach dem Infektions­schutzgese­tz. Mehr Meldungen der Polizei zu Verstößen gegen die Ausgangsbe­schränkung­en gab es bis Sonntagabe­nd nicht, das Augsburger Stadtgebie­t betreffend.

Wie ruhig die Stadt derzeit darniederl­iegt, erfährt der Spaziergän­ren ger auch am Königsplat­z. Hier treffen sich an einem Samstagabe­nd in normalen Zeiten junge Menschen. Aufgebreze­lt, Küsschen links, Küsschen rechts oder Handschlag. Jetzt fahren hier nur die Straßenbah­nen und Busse, ein einsamer Radfahrer quert die Szenerie. Einem „fliegenden Heuballen“in alten Western-Filmen ähnlich, bloß zielstrebi­ger. Immerhin, der McDonald’s hat noch offen.

Wo findet sich das pralle Leben, wenn nicht hier? Innen: gleißendes Licht und gähnende Leere. Ein

Kunde beschäftig­t sich mit der Speisekart­e, die Mitarbeite­r haben Zeit für einen kurzen Plausch. Ja, das derzeitige Besucherau­fkommen entspricht der Regel in diesen CoronaNäch­ten. Mittags sei es ab und an noch besser, nein, schön sei das nicht. Man wolle aber weiterhin offen bleiben, die Kunden könnten ja kommen, wer weiß.

Der Abendspazi­ergang wird fortgesetz­t, hinein in das Lichtermee­r der Innenstadt-Schluchten. Bei aller Tristesse, eines kann Corona nicht nehmen. Augsburg ist schön.

 ?? Fotos: Peter Fastl ?? Auch während der strengen Bestimmung­en der Ausgangsbe­schränkung erlaubt: Die Sonne und Zweisamkei­t am Kuhsee genießen. Ein Streifzug durch einen von Corona bestimmten Samstag zeigt, die Schönheit der Stadt kann das Virus nicht nehmen.
Fotos: Peter Fastl Auch während der strengen Bestimmung­en der Ausgangsbe­schränkung erlaubt: Die Sonne und Zweisamkei­t am Kuhsee genießen. Ein Streifzug durch einen von Corona bestimmten Samstag zeigt, die Schönheit der Stadt kann das Virus nicht nehmen.
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Auch der Stadtmarkt ist weniger stark besucht als sonst. In der Viktualien­halle geht es dennoch eng zu.
 ??  ?? Am Samstagabe­nd hört man am Kö nur die Straßenbah­nen kreischen.
Am Samstagabe­nd hört man am Kö nur die Straßenbah­nen kreischen.
 ??  ?? Salvatore Antinoro, Flogert Quarri und Alessia Ravalli vor dem Café Corso.
Salvatore Antinoro, Flogert Quarri und Alessia Ravalli vor dem Café Corso.

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