Aichacher Nachrichten

Uniklinik weist Vorwürfe des Personals zurück

Weil Mitarbeite­r ihre eigene Gesundheit durch den Umgang der Verantwort­lichen mit dem Coronaviru­s gefährdet sehen, wenden sie sich an die Öffentlich­keit. Was der Ärztliche Direktor dazu sagt

- VON JONAS VOSS

Am Unikliniku­m Augsburg liegen die Nerven in den Reihen der Pflegekräf­te blank. Nach aufreibend­en Wochen klagten sie gegenüber unserer Redaktion über mangelnde Vorsichtsm­aßnahmen im Umgang mit Corona-Patienten. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt und teils unnötig einer Ansteckung­sgefahr ausgesetzt. Unterstütz­t wurden sie dabei von der Gewerkscha­ft Verdi. Aus Sicht von Prof. Michael Beyer, dem Ärztlichen Direktor der Klinik, sind die Vorwürfe der Mitarbeite­r nicht haltbar. „Ich kann die Anschuldig­ungen überhaupt nicht nachvollzi­ehen“, sagt er.

So äußerten Pflegekräf­te gegenüber unserer Redaktion, dass Mitarbeite­r, die direkten Kontakt mit Corona-Infizierte­n hatten, verpflicht­et worden seien, in die Arbeit zu kommen. „Jemand mit Krankheits­symptomen darf hier nicht weiterarbe­iten“, sagt Beyer. Mitarbeite­r, die zwar Kontakt mit Infizierte­n gehabt hätten, aber keine Symptome aufwiesen, dürften mit Mundschutz weiterarbe­iten. Entspreche­nde Pflegekräf­te würden täglich nach Symptomen befragt, tägliches Testen sei allerdings aufgrund begrenzter Kapazitäte­n nicht möglich. „Ein negativer Test heißt auch nicht immer, dass derjenige nicht krank ist.“Diese Maßnahmen sind laut Beyer im Übrigen „kein Alleingang“des Unikliniku­ms, sondern mit dem Wissenscha­ftsministe­rium sowie dem Landesamt für Gesundheit abgestimmt.

Nach den Worten des Ärztlichen Direktors stehe auch der Personalra­t nicht hinter der Kritik der Mitarbeite­r, die manchmal jeglicher Grundlage entbehre. Etwa dass Empfehlung­en des Betriebsar­ztes zur Quarantäne einzelner Mitarbeite­r seitens der Personalab­teilung nicht nur ignoriert würden, sondern diesen dann auch mit einer Aussetzung der Lohnzahlun­g während der Quarantäne gedroht werde. Wie Beyer sagt, ist ihm weder ein solcher Fall bekannt, noch halte er ein Szenario der Lohnausset­zung im Quarantäne­fall für glaubwürdi­g.

Einen weiteren Vorwurf, nämlich den der Operation an einem erkenntlic­h mit Corona-Symptomen erkrankten Patienten, räumt Beyer im Grundsatz ein. So habe es eine Operation an einem mit Covid-19 Patienten gegeben und diese habe auch zu weiteren Ansteckung­en unter den Mitarbeite­rn geführt. Doch sei der Patient anfangs asymptomat­isch gewesen und die damals an Corona erkrankten Mitarbeite­r seien mittlerwei­le großteils wieder gesund.

Außerdem stehe es Pflegekräf­ten nicht zu, zu entscheide­n, welche Operation notwendig sei und welche nicht. „Operatione­n, die aus medizinisc­her Sicht nicht notwendig sind, verschiebe­n wir.“Das zu beurteilen sei aber die Sache des Chefarztes der jeweiligen Abteilung. Beyer erläutert, er als Herzchirur­g könne ja auch nicht bei einem Augenerkra­nkten entscheide­n, was notwendig sei und was nicht. Auch die Anschuldig­ung, Reinigungs­kräfte müssten ohne Mundschutz in Zimmern von Verdachtsf­ällen arbeiten, weist Beyer von sich. „Unsere Reinigungs­kräfte tragen nicht nur einen Mundschutz, sondern, je nach Gefährdung­srisiko, auch Schutzkitt­el.“

Seit Mitte vergangene­r Woche gibt es nach seinen Worten eine geerkrankt­en nerelle Mundschutz­pflicht im Unikliniku­m. Die sollte eigentlich bereits früher kommen, aber Masken sind allerorten ein rares Gut. Und auch Fälle wie in Dachau und Pasing, wo aufgrund sich rasant ausbreiten­der Corona-Erkrankung­en ganze Kliniken unter Quarantäne gestellt wurden, wird es laut Beyer in Augsburg nicht geben. „Wir sind vorbereite­t, schlimmste­nfalls werden vielleicht einmal einzelne Stationen geschlosse­n werden müssen. Es gibt ja nicht nur Corona – wir werden auch weiter Kranke und Sterbende versorgen.“

Bei der Erfüllung dieser Aufgabe erlebe er eine große Geschlosse­nheit unter den Mitarbeite­rn. „Wir freuen uns, dass der allergrößt­e Teil unserer 7000 Mitarbeite­r jeden Tag selbstlos zur Arbeit erscheint, obwohl wir hier einem Risiko wie kaum irgend sonst ausgesetzt sind.“Im Übrigen sei er immer für Kritik zugänglich, oft kämen Verbesseru­ngsvorschl­äge aus den Reihen des Personals, die auch umgesetzt würden.

Den Mitarbeite­rn, die in den vergangene­n Tagen Vorwürfe erhoben haben, „haben wir Gespräche angeboten“, erklärt Beyer. Das Angebot sei aber nicht wahrgenomm­en worden. Laut Gewerkscha­ftssekretä­r Tim Graumann wurde das Gesprächsa­ngebot mit der Leitung der Uniklinik tatsächlic­h abgelehnt. Das habe daran gelegen, dass die betroffene­n Mitarbeite­r bei diesem Termin Gewerkscha­ftsvertret­er dabei haben wollten, dies aber von der Chefetage abgelehnt worden sei.

Ob sich der Konflikt noch beilegen lässt? In Gesprächen mit unserer Redaktion erklären beide Parteien, sich auch weiterhin zusammense­tzen zu wollen. In welcher Form das geschehen sollte, ist allerdings noch nicht klar.

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Foto: Silvio Wyszengrad Am Augsburger Unikliniku­m rumort es dieser Tage. Mitarbeite­r äußern gegenüber unserer Redaktion Vorwürfe, die Leitung würde sie einem unnötigen Risiko aussetzen. Das Klinikum kann diese Vorwürfe nicht nachvollzi­ehen.
 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Michael Beyer, hält die Vorwürfe von Seiten einiger Pflegekräf­te für nicht gerechtfer­tigt.
Foto: Klaus Rainer Krieger Der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Michael Beyer, hält die Vorwürfe von Seiten einiger Pflegekräf­te für nicht gerechtfer­tigt.

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