Gefiederte Bewohner im Kirchturm
In der Kirche „Unsere Liebe Frau“in Lechhausen brüten seit wenigen Wochen Turmfalken
Augsburg Das laute Glockenläuten scheint die kleinen Bewohner im Kirchturm nicht zu stören, die dort seit wenigen Wochen leben. Ein Turmfalkenpärchen hat sich in der Kirche „Unsere Liebe Frau“in Lechhausen eingenistet. Verantwortlich für die tierischen Untermieter ist Mesner Daniel Uhl, der den Greifvögeln Lebensraum schenken wollte. Lange Zeit hat er sich intensiv mit den Tieren beschäftigt, die in der freien Wildbahn am liebsten in Felsspalten nisten. Im Herbst vergangenen Jahres begannen dann die Arbeiten: Handwerker hebelten das kleine Fenster im Turm aus und bauten den Nistkasten ein.
„Glockentürme werden vermehrt geschlossen“, erklärt Uhl sein Vorhaben. „Für viele Tiere gehen daher Nistmöglichkeiten verloren.“Betroffen seien nicht nur Turmfalken, sondern auch unter anderem Fledermäuse. Die Nistbedingungen für diese Tiere würden sich aber zu sehr unterscheiden, erläutert Uhl. Deswegen wurde das Loch im Nistkasten nur auf die Größe des Falken angepasst.
Auch die Lage der Kirche war entscheidend. Mit der Nähe zum Lech und dem angrenzenden Landkreis gebe es genügend Nahrung für die Greifvögel, erklärt Uhl. Hauptsächlich
ernähren sich die Tiere von Mäusen, welche in den Lechauen und im nahen Stätzling beispielsweise leichte Beute sind. Zugleich ist der Turm zur Ostseite in Richtung Kurt-Schumacher-Straße ausgerichtet und bietet den Vögeln eine geeignete Einflugschneise ohne Bäume, die im Weg stehen. Ein ähnliches Projekt gab es an weiteren Kirchen im Stadtgebiet: So in Haunstetten und in Pfersee.
Lange musste Uhl daher nicht warten, bis sich im Frühjahr die ersten Vögel einnisteten. Wobei es sich zum Unmut des Mesners um Tauben handelte. Allerdings blieben die ungewollten Untermieter nur kurze Zeit. „Die Falken haben die Tauben verscheucht“, sagt der Mesner. Das sei nämlich ein erfreulicher Nebeneffekt: Falken verscheuchen Tauben, die zum Teil in Innenstädten zu einem Ärgernis geworden sind.
Für Besucher sind die kleinen rund 30 Zentimeter großen Falken im Kirchturm allerdings schwer zu beobachten. „In der Früh und abends habe ich sie bisher am häufigsten gesehen“, sagt Uhl und zeigt auf seinem Handy ein Foto, das ihm vor Kurzem gelungen ist. „Der Falke saß auf dem Uhrzeiger an der Kirche und ist eine halbe Stunde darauf sitzen geblieben.“
Mit einem Schmunzeln erinnert sich Uhl daran, dass der Falke langsam den Weg des Zeigers mitgewandert ist. Der Mesner ist aber nicht der Einzige, der die kleinen Vögel gerne beobachtet. „Einige Leute setzen sich auf die Bank vor der Kirche und beobachten die Tiere, wie sie ins Nest fliegen.“
So unscheinbar die kleine Holzkiste von außen erscheint, so deutlich ist sie vom Innern des Turms erkennbar – allerdings für Besucher nicht zugänglich. Eine massive Holzkonstruktion ist in das kleine Kirchenfenster eingebaut, das diese komplett ausfüllt. „Da Turmfalken ihr Nest nicht selbst bauen, habe ich es mit Stroh ausgefüllt“, erklärt Uhl und deutet auf eine Packung Nagetierstroh, die daneben liegt. „Sie setzen sich wortwörtlich ins gemachte Nest.“
Allerdings hält sich Uhls Nestpflege in Grenzen. Nur einmal pro Jahr im Frühjahr, wenn die Paarungszeit der Tiere beginnt, wird Uhl das Stroh im Nest wechseln. Bis zum Sommer bleiben die Falken am Nest, um den Nachwuchs, der im Mai voraussichtlich schlüpft, zu versorgen. Im kommenden Jahr soll ein neues Pärchen folgen.