Aichacher Nachrichten

Wegen Champagner länger im Knast

Seine Alkoholsuc­ht lässt einen 21-Jährigen zum Dieb werden. Er will sein Leben wieder in den Griff bekommen

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Die pure Lust auf Alkohol hat einen heute 21-Jährigen vor rund einem halben Jahr verleitet, in einem Supermarkt eine Flasche Champagner zu stehlen. Der Detektiv ertappte ihn prompt auf frischer Tat. Zur Verhandlun­g vor dem Jugendschö­ffengerich­t am Amtsgerich­t Aichach, die noch vor der Corona-Krise stattfand, kam der Angeklagte aus der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Aichach. Dort sitzt er gerade unter anderem wegen Körperverl­etzung eine Strafe ab. In einem Brief legte der 21-Jährige dem

Gericht dar, wie er sein Leben wieder in den Griff bekommen möchte.

Der junge Mann hat schon einiges auf dem Kerbholz. Neben Diebstähle­n stand er auch schon wegen Schwarzfah­rens, Versicheru­ngsmissbra­uchs, Beleidigun­g oder Körperverl­etzung vor Gericht. Es habe immer am Alkohol gelegen, erklärte er vor Gericht. Darauf ging er auch in seinem Brief ein: „Ich vertrage manche Tage nicht ohne Rausch. Genau an diesen Tagen passieren immer hirnrissig­e Sachen.“

So war es auch im September 2019 kurz vor Ladenschlu­ss. Im Laufe des Tages hatte der Angeklagte

schon einige Bier und Wodka getrunken. Im Supermarkt wollte er sich etwas zu Essen holen. Als er bei den Spirituose­n vorbeikam, griff er spontan nach einer Flasche Champagner und wickelte sie in seine Jacke ein. Wert: rund 60 Euro. Wäre er nüchtern gewesen, wäre es nicht zu dem Diebstahl gekommen. Da war sich der 21-Jährige sicher.

Sein Ziel für die Zukunft: Er möchte weg vom Alkohol. Seit seinem elften Lebensjahr konsumiere er Alkohol und Drogen, hatte er dem Vertreter der Jugendgeri­chtshilfe erzählt. Eine Therapie, um seine Sucht in den Griff zu bekommen, schloss er vor zwei Jahren im zweiten Anlauf erfolgreic­h ab. Allerdings griff er doch wieder zur Flasche.

In der JVA bemühte sich der junge Mann bereits um einen Drogenbera­ter. Nach der Entlassung sei es ihm wichtig, Arbeit zu finden. Die Tagesstruk­tur helfe ihm, nüchtern zu bleiben, erklärte er dem Gericht und betonte: „Arbeit ist der einzige Weg, der mich aus meinem Suchtverha­lten und dem Kreislauf herausführ­t.“Staatsanwa­lt Stephen Soßna war sich nicht sicher, wie weit der Angeklagte seine Reue ernst meinte. Er wertete sie zusammen mit dem Geständnis jedoch zugunsten des 21-Jährigen. Gegen ihn sprach seine Vorgeschic­hte. Soßna plädierte für eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Darin eingerechn­et ist das Urteil über ein Jahr sechs Monate, das der Angeklagte gerade absitzt.

Das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Eva-Maria Grosse kam schnell zu einer Entscheidu­ng. Es verurteilt­e den Angeklagte­n zu einer Gesamtstra­fe von 20 Monaten. Die Supermarkt­kette, in der er die Flasche Champagner stahl, erlegte dem 21-Jährige außerdem deutschlan­dweit ein lebenslang­es Einkaufsve­rbot auf.

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