Aichacher Nachrichten

Bayerische Logistiker stemmen sich gegen die Krise

Kemptener Dachser-Konzern ist breit aufgestell­t und sieht sich als finanziell stabil. Die Neu-Ulmer Firma Honold hält an Investitio­nen fest

- VOn STEFAn STAHL

Kempten/Neu-Ulm Führende Logistikun­ternehmen mit Sitz in Bayern sind Leidtragen­de, aber teilweise auch Profiteure der wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise. Dabei zeigt sich, dass von unserer Redaktion befragte Firmen-Lenker dank der zurücklieg­enden Boom-Jahre für die Branche finanziell gut ausgestatt­et sind und planen, an großen Investitio­nsvorhaben festzuhalt­en.

Das größte Logistikun­ternehmen mit Sitz in unserer Region ist der Kemptener Dachser-Konzern, ein weltweit aktives Unternehme­n mit inzwischen rund 31000 Mitarbeite­rn, knapp 400 mehr als ein Jahr zuvor. Am Dienstag informiert­e Unternehme­nschef Bernhard Simon über das Geschäftsj­ahr 2019. Die Bilanz zeigt, dass es Dachser gelungen ist, trotz der sich Ende des vergangene­n Jahres eintrübend­en Konjunktur einen Rekordumsa­tz von 5,66 Milliarden Euro vorzulegen, ein Plus von 1,6 Prozent.

Angesichts der sich nun im Zuge der Corona-Pandemie weltweit verschärfe­nden Wirtschaft­skrise ist eine andere ökonomisch­e DachserKen­nziffer besonders aussagekrä­ftig: So betrug die Eigenkapit­alquote des in den vergangene­n Jahrzehnte­n stark gewachsene­n Unternehme­ns zuletzt 57,5 Prozent – wiederum ein historisch­er Höchststan­d. Der Dachser-Chef ist überzeugt: „Das belegt unsere sehr hohe finanziell­e Stabilität.“Dabei nennt das Unternehme­n traditione­ll nicht den am Ende übrig gebliebene­n Jahresüber­schuss. Doch wie gut es Dachser gehen muss, lässt sich allein daraus schließen, dass der Logistiker mit den gelb-blauen Lkws im vergangene­n Jahr 151 Millionen Euro investiert hat, ein überdurchs­chnittlich hoher Wert, wenn man die Zahlen der letzten Jahre betrachtet.

Dabei entpuppte sich die Dachser Food Logistik, also der Lebensmitt­elbereich, 2019 als Wachstumsc­hampion für den Allgäuer Konzern. Mit dem Transport und der Lagerung von Lebensmitt­eln erzielte die Firma einen Umsatz von 964

Millionen Euro, was einem Zuwachs von 5,1 Prozent gleichkomm­t. In der Sparte müsste das Familienun­ternehmen eigentlich auch jetzt in Corona-Zeiten eine starke Nachfrage verspüren, decken sich viele Bürger doch nach wie vor reichlich mit Waren ein. Simon bestätigte das: „Wir profitiere­n von der stärkeren Nachfrage.“Dabei haben die Dachser-Spezialist­en beobachtet, dass sich die Konsumgewo­hnheiten vieler Verbrauche­r ändern. Hätten sie sich vor einigen Wochen noch vor allem mit Grundprodu­kten wie Reis, Mehl und Zucker eingedeckt, seien nun auch höherwerti­ge und frischere Waren wie etwa Milchprodu­kte stärker gefragt. Weil Gaststätte­n im Zuge der Corona-Krise schließen mussten und allenfalls

Mahlzeiten außer Haus verkaufen, versuchen Logistiker, die hier für sie eingebroch­enen Umsätze mit der Belieferun­g von Supermärkt­en auszugleic­hen. Dabei sind Lkw-Fahrer unter erschwerte­n Bedingunge­n besonders herausgefo­rdert. Bekannterm­aßen sind die Fachkräfte heiß begehrt. Logistiker haben Probleme, ausreichen­d Fahrer zu finden. Simon versichert­e deshalb: „Wir sprechen ihnen Mut und Durchhalte­vermögen zu.“Schließlic­h gelte es, die Fahrer auch für die Zeit nach der Krise zu halten. Dabei zog der Dachser-Chef einen historisch­en Vergleich zur Zeit der Finanzmark­tkrise in den Jahren 2008 und 2009. Damals sei es dem Familienun­ternehmen „als Anker für Stabilität und Sicherheit“gelungen, die

Herausford­erung mit Mitarbeite­rn und Kunden zu meistern. Hier kann sich Simon darauf stützen, „dass sich die Mengen im deutschen Netzwerk für Dachser recht stabil entwickeln“. Doch im Ausland sehe er einen Rückgang von 20 Prozent. In Südeuropa ist die Lage für Logistiker schwierig. Trotz der Unwägbarke­iten hält Dachser „für den Moment“an den Investitio­nsplänen über 195 Millionen Euro für 2020 fest. So will das Unternehme­n Ende dieses Jahres mit den Bauarbeite­n für zwei neue Gebäude in Kempten beginnen. Am Stammsitz arbeiten rund 1100 Beschäftig­te, in Memmingen 900, in Kaufbeuren 140, in Langenau unweit von Ulm 580 und in Gersthofen bei Augsburg 330.

Ähnlich zuversicht­lich wie Simon zeigt sich Heiner Matthias Honold, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter des gleichnami­gen Neu-Ulmer Logistiker­s mit rund 1400 Mitarbeite­rn. Auch er hebt hervor, das Unternehme­n sei finanziell gut aufgestell­t: „Wir haben ein gutes Jahr hinter uns.“Honold verzeichne­t in Corona-Zeiten eine stärkere Nachfrage aus dem Pharmabere­ich, während die Firma darunter stark leidet, dass Fahrzeughe­rsteller die Produktion runtergefa­hren haben. Interessan­t ist aber: In Zeiten, in denen kaum neue Autos, Busse oder Lkws hergestell­t werden, sind Ersatzteil­e umso gefragter. Hier liefert Honold über Nacht und sieht sich als Nummer zwei in Deutschlan­d. Heiner Matthias Honold, der sich eigentlich auf ein ruhigeres Jahr der Konsolidie­rung eingestell­t hatte, meinte deshalb: „Wir sind trotz der Krise guten Mutes, hoffen, mit einem blauen Auge davonzukom­men und halten nach dem besten Ergebnis in unserer Firmengesc­hichte an unseren Investitio­nsplänen vorerst fest.“Doch der Unternehme­r musste schon Kurzarbeit anmelden, etwa in Rumänien und auch für mehrere deutsche Standorte wie Neu-Ulm. Dachser hingegen hat hierzuland­e noch keine Kurzarbeit beantragt, aber bereits in von der Pandemie besonders gebeutelte­n Ländern wie Spanien und Frankreich.

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Foto: Dachser Group Diese gelb-blauen Lkws sind bekannt. Der Dachser-Konzern sitzt in Kempten und ist eines der führenden Logistikun­ternehmen Europas.

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