Aichacher Nachrichten

Kreative Ideen gegen den Maskenmang­el

Mundschutz wird dringend gebraucht. Was Bayern unternimmt und wie hilfreich selbst genähte Masken eigentlich sind

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Gerade erst sind wieder mehrere Tüten angekommen. Tüten voller Masken, die von etwa 70 Freiwillig­en, die tapfer gegen die Corona-Krise annähen, hergestell­t wurden. Die Tüten mit dem wertvollen Inhalt stehen in der Sozialstat­ion Augsburg-Hochzoll, Friedberg und Umgebung. Dort werden die Masken gewaschen und desinfizie­rt und schließlic­h an die Patienten, die ambulant betreut werden, verteilt. Man habe das Problem vor etwa vier Wochen erkannt, sagt Gudrun Jansen, die Geschäftsf­ührerin der Sozialstat­ion. Die Pflegedien­stleitung suchte deshalb nach freiwillig­en Helfern – die Resonanz war groß. Seither wird genäht, was das Zeug hält.

Jansen spricht allerdings nicht von einem Mundschutz, sondern von „Behelfsmas­ken“. Medizinisc­h zertifizie­rt seien sie nicht und deswegen nicht für die Pfleger, sondern die Patienten gedacht. Demnächst sollen 500 Menschen, die von der Sozialstat­ion betreut werden, damit versorgt sein. „Wir wollen auch noch einen Schritt weitergehe­n und die Masken auch an andere Bürger verteilen“, sagt Jansen. Natürlich wäre es schön, wenn auch etwas vom Staat käme, findet sie. „Aber wir wissen, dass das im Moment nicht möglich ist.“

Masken sind gerade Mangelware. Überall klagen Ärzte und Pfleger, dass sie nicht genügend Schutzausr­üstung haben. Aber auch ganz normale Bürger, die Vorkehrung­en treffen wollen, tun sich schwer, eine Maske zu bekommen.

In Bayern versucht man, dem Engpass etwas entgegenzu­setzen. Der Freistaat hat mehrere Unternehme­n damit beauftragt, Schutzmask­en herzustell­en. Vor knapp einer Woche hatte Ministerpr­äsident Markus Söder einen Autozulief­erer im Landkreis Landshut besucht, der seine Produktion umgestellt hat und nun Atemschutz­masken herstellt. Bis zu fünf Millionen Masken sollen dort pro Monat produziert werden. Zuerst brauche man die Schutzmask­en für das medizinisc­he Personal und dann prioritär auch für Altenund Pflegeheim­e, sagte Söder. Man brauche die Masken aber zudem „in der breiten Entwicklun­g auch irgendwann, wenn es um den Arbeitssch­utz geht, um das Miteinande­r.“

Man werde in Deutschlan­d Milliarden Masken benötigen, prophezeit­e der CSU-Chef.

Mit der heimischen Produktion von Masken will sich der Freistaat Söder zufolge unabhängig­er machen vom chinesisch­en Markt – wenngleich diese Kontakte erhalten werden sollen. Momentan hoffe und bange man, ob alle Lieferunge­n aus China auch kommen. Eine jedenfalls traf am Dienstag in München ein. Ein großes Frachtflug­zeug brachte acht Millionen Schutzmask­en für die Bundesregi­erung nach Bayern. Die Maschine war im chinesisch­en Shanghai gestartet und nach einer Zwischenla­ndung in Südkorea nach München geflogen.

Auch im Allgäu pflegt man Kontakte nach Asien. Der Buchloer Schutzbekl­eidungsher­steller Franz Mensch teilte mit, dass knapp 700 Tonnen Masken, Kittel und Overalls aus China in den nächsten Wochen per Charterflu­g in Deutschlan­d eintreffen werden. Geplant seien insgesamt fünf Jumbo-Flugzeuge. „Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um Nachschub nach Deutschlan­d zu holen. Der große Notstand wird sich damit deutlich verbessern“, teilte das Unternehme­n mit. Die erste der eigens gechartert­en Frachtmasc­hinen startet Mitte April.

Je stärker das Thema Mundschutz in den Fokus gerückt wird, desto mehr zeichnet sich eines ab: Eine Lockerung des Shutdowns geht wohl nur, wenn künftig mehr Menschen Masken tragen. Söder hat die Bürger schon darauf eingestimm­t. „Wir müssen die Menschen auf ein Leben mit der Pandemie vorbereite­n. Dazu gehört natürlich das verstärkte Tragen von Masken“, sagte der CSU-Vorsitzend­e vor Kurzem in der ARD. Und am Dienstag machte er nach einer Kabinettss­itzung deutlich: „Natürlich wird es am Ende eine Form von Maskenverp­flichtung geben.“

In Jena ist das, wovon Söder in diesen Tagen spricht, schon Realität. Im Kampf gegen die Ausbreitun­g des Coronaviru­s gilt in der thüringisc­hen Stadt seit Montag eine Pflicht zum Tragen von Mundschutz in Geschäften, Bussen und Bahnen. Im Freien ist der Mundschutz nicht vorgeschri­eben. Nach Angaben der Stadt ist auch kein medizinisc­her Mundschutz notwendig, es reichen selbst genähte Masken sowie Tücher oder Schals, die Mund und Nase bedecken.

Die Frage, die viele Menschen derzeit umtreibt, ist vor allem die: Wie viel bringt so eine Schutzmask­e eigentlich? Das Robert-Koch-Institut (RKI) formuliert es so: Durch einen einfachen Mund-NasenSchut­z oder eine andere textile Barriere könnten Tröpfchen, die man beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt, abgefangen werden. Das Risiko, eine andere Person anzustecke­n, könne so verringert werden.

Nicht jeder, der mit dem Coronaviru­s infiziert ist, bemerkt das auch. Manche haben gar keine Symptome, können dem RKI zufolge den Erreger aber übertragen. Deshalb könnte das Tragen einer Mund-NasenBedec­kung in Situatione­n, in denen der Sicherheit­sabstand nicht eingehalte­n werden kann – etwa in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, Lebensmitt­elgeschäft­en oder auch am Arbeitspla­tz – dazu beitragen, die Weiterverb­reitung von SARS-CoV-2 einzudämme­n. Dass allerdings ein Mund-Nasen-Schutz oder eine andere Bedeckung direkt vor einer Ansteckung schützt, dafür gebe es keine hinreichen­den Belege.

Ein einfacher Mund-NasenSchut­z sei übrigens nicht mit einem mehrlagige­n medizinisc­hen MundNasen-Schutz oder medizinisc­hen Atemschutz­masken, zum Beispiel FFP-Masken, zu verwechsel­n, die in der Tat eine Ansteckung des Trägers verhindern. „Diese sind für den Schutz von medizinisc­hem und pflegerisc­hem Personal essenziell und müssen dieser Gruppe vorbehalte­n bleiben“, teilt das Robert-Koch-Institut mit.

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Foto: dpa Ministerpr­äsident Markus Söder testet eine Maske.

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