Hier brüten Augsburgs einzige Wildstörche
Das Paar im Siebentischwald ist wieder eingetroffen. Es gilt als das einzige, das mitten in einer bayerischen Großstadt Nachwuchs aufzieht. Dabei ist es ungewöhnlichen Gefahren ausgesetzt
Spaziergänger im Siebentischwald haben es mit etwas Glück schon gesehen: Die beiden einzigen Augsburger Wildstörche sind aus ihrem Winterquartier im Süden zurück und vor einigen Tagen in der Stadt eingetroffen. Sie stehen jetzt auf ihrem Nest am Zoo und klappern mit den Schnäbeln. Man kann gespannt sein, wie es weitergeht. Junge Störche aufzuziehen, ist in dieser Nachbarschaft nicht so einfach. Es gibt ungeahnte Gefahren.
Das wilde Storchenpaar hat seinen Horst direkt an der Zoomauer. Deshalb hat man im Zoo ein wachsames Auge auf die beiden. Kurator Thomas Lipp sagt, dass in diesem Jahr anfangs drei Wildstörche da waren. Deshalb gab es die Hoffnung, dass sich noch ein zweites Paar ansiedeln würde. Doch daraus wurde nichts. Es blieb bei den beiden Störchen, die seit einigen Jahren an dieser Stelle brüten – mit unterschiedlichem Erfolg und ungewöhnlichen Herausforderungen.
„Wir hoffen, dass sie am Standort gut zurechtkommen“, sagt Lipp. Auch andere wünschen sich das. „Augsburg hat als einzige Großstadt in Bayern wieder ein Paar brütende Wildstörche mitten in der Stadt“, sagt Gerhard Mayer vom Landesbund für Vogelschutz.
Noch sieht es gut aus. Mayer glaubt, dass die Störchin am Zoo bereits auf Eiern sitzt. Im Nest sah er nur eine kleine weiße Spitze des Kopfes. Das Gelege musste warm gehalten werden bei dem kalten Ostwind der vergangenen Tage, sagt der Experte. Neben dem Weibchen konnte er auch den Storchenmann genauer beobachten. Mayer
es, an dem beringten Vogel die Identifikationsnummer exakt zu ermitteln. Damit ist er sich nun sicher, um welches Tier es sich handelt. Nach Auskunft der Vogelwarte Radolfzell ist es der männliche Wildstorch, der schon vor zwei Jahren an dieser Stelle mit brütete. Im Mai 2018 hatte er im Zoo einen ungewöhnlichen Unfall.
Der Storch landete im Gehege der Steinböcke und wurde dort überraschend von einem Steinbock angegriffen. Nach Meinung einer Tierpflegerin ging die Attacke von einer trächtigen Steingeiß aus. Der Wildstorch war daraufhin flugunfähig. Er wurde von Mitarbeitern des Zoos geborgen und aufgepäppelt, bis er wieder fliegen konnte. Bis es so weit war, hatte sich allerdings der Partnerstorch abgesetzt, der alleine mit der Aufzucht von Jungen überfordert gewesen wäre. Deshalb gab es damals keinen Nachwuchs.
Auch sonst leben die Wildstörche an ihrem Großstadt-Standort nicht ganz ungefährlich. Im März 2017 fiel ein Storchenweibchen drei Tage nach ihrer Rückkehr aus dem Süden im Augsburger Zoo dem einzigen dort lebenden Mähnenwolf zum Opfer. Er schnappte sie sich nach einem missglückten Flugmanöver.
Andererseits finden die wilden Störche in der Zooanlage auch sehr komfortable Bedingungen vor. Wenn sie hungrig sind und nicht weit zu ihren Futterplätzen in der Umgebung fliegen wollen, können sie bei ihren Artgenossen in den Gehegen mitfressen. So gelang es dem Paar im vergangenen Jahr, trotz Wetterkapriolen immerhin ein Junges aufzuziehen. Viele andere Storchenküken in der Region hatten das nasse und kalte Frühjahr nicht überlebt.
An anderen Stellen in Augsburg haben sich wilde Weißstörche bisher nicht dauerhaft halten können. Mayer sagt, das Gastspiel der Störgelang che im Univiertel habe nur von 2008 bis 2011 gedauert. Dem Brutpaar mit dem Weibchen aus der Schweiz sei kein Erfolg beschieden gewesen. Das ursprüngliche Nest nahe der Aral-Tankstelle wurde von der Stadt umgesetzt. Seither ist es verwaist. Nur selten ließ sich ein „Besuchsstorch“sehen. Das damalige Männchen mit dem Spitznamen Arali hat sich ins Paartal nach Hörzhausen abgesetzt. „Dort brütet er seitdem erfolgreich“, sagt Mayer.
Inzwischen gibt es aber auch für die Störche am Zoo weitere Verbesserungen. Auf Betreiben von CSUStadträten wurden die Stromleitungen am Parkplatz isoliert, damit sie für die Vögel nicht zur tödlichen Falle werden. Jetzt muss das Storchenpaar nur noch die vielen wilden Graureiher im Blick behalten, die ihre Nester in den umliegenden Bäumen haben. Auch sie könnten Appetit auf ein kleines unbewachtes Storchenküken haben ...
Der Storchenmann überlebte einen Angriff