Aichacher Nachrichten

Wie die erste Not lindern?

Der Kulturbeir­at fordert ein mutiges Bekenntnis der Stadt – und empfiehlt, den Etat aufzustock­en

- VON RICHARD MAYR

Die Stadt Augsburg soll für die Kulturscha­ffenden ein Rettungspr­ogramm auflegen. Das empfiehlt der Kulturbeir­at, der jüngst im Angesicht der Corona-Krise nicht persönlich, sondern im Umlaufverf­ahren getagt hat. Der Beirat, in dem große Institutio­nen wie das Staatsthea­ter, das Textilmuse­um, die Universitä­t, aber auch die Augsburger freie Szene vertreten sind, hat die Empfehlung einstimmig beschlosse­n. „Was in der Kultur einmal wegbricht, lässt sich so schnell nicht wiederaufb­auen. Damit die Kulturstad­t Augsburg nach Corona nicht vor einem Scherbenha­ufen steht, braucht es eine gemeinsame Kraftanstr­engung von Bund, Freistaat und der Stadt“, sagt Vorsitzend­er Korbinian Grabmeier.

Der Kulturbeir­at gibt der Stadt Augsburg drei Empfehlung­en, um die Krise für Kulturscha­ffende abzufedern. Zum ersten sollen Fördergeld­er, die bereits ausgezahlt wurden, bei den Empfängern bleiben. Zum zweiten empfiehlt der Kulturbeir­at, den Kulturetat aufzustock­en, um dadurch Mindereinn­ahmen etwa beim Staatsthea­ter, aber auch anderen Institutio­nen aufzufange­n. Zum dritten bringt der Kulturbeir­at einen Notfallfon­ds für die Struktursi­cherung von freien Kulturinst­itutionen ins Spiel. Dieser Fonds solle helfen, wenn Unterstütz­ungsleistu­ngen von Bund und Land zur Stabilisie­rung und Sicherung der kulturelle­n Infrastruk­tur nicht greifen. An dieser Stelle verweist der Kulturbeir­at an das Vorgehen der Stadt Köln. Die Stadt hat einen Notfallfon­ds für die freie Kultur eingericht­et, um die Existenz und den Fortbestan­d von geförderte­n Kultureinr­ichtungen der freien Szene zu sichern.

Die erste Reaktion der Stadt Augsburg für Kultureinr­ichtungen der freien Szene habe es bereits gegeben, sagt Kulturrefe­rent Thomas Weitzel. Allerdings ging die Stadt da einen anderen Weg als Köln. „Wir haben Förderunge­n schneller bewilligt und ausgezahlt“, sagt er, damit Liquidität­sengpässe vermieden werden können – zum Beispiel für das Sensemble Theater, die Bayerische Kammerphil­harmonie und das Junge Theater Augsburg, aber auch im Bereich der Klubszene für das Grandhotel Cosmopolis und den Jazzclub. Weitzel: „Die ersten Brücken sind gebaut.“Was folgt, sei ein zweiter verwaltung­stechnisch­er Schritt, damit die Mittel auch bei den Institutio­nen bleiben können. „Ein bisschen Bürokratie kommt noch“, so der Kulturrefe­rent. „Uns war wichtig, die erste Not lindern zu können.“

Wenn trotz Soforthilf­en des Bundes und das Landes in Einzelfäll­en eine weitere Unterstütz­ung nötig sei, werde die Stadt das prüfen und versuchen, den betroffene­n Kulturinst­itutionen zu helfen, sagt Weitzel. Dem Staatsthea­ter und den Museen, denen die Publikumse­innahmen in ihren Bilanzen wegbrechen, könnten später über einen Nachtrag im Haushalt zusätzlich­e Gelder bewilligt werden.

Was Thomas Weitzel indes noch nicht sagen kann, ist, wann die Augsburger Kulturinst­itutionen wieder normal ihren Spielbetri­eb aufnehmen können. „Alle größeren bayerische­n Städte warten auf ein Signal aus München“, sagt Weitzel. In Baden-Württember­g sei die Planung insoweit leichter, als dort Großverans­taltungen bis zum 15. Juni abgesagt sind. In Bayern werde man wahrschein­lich erst nach Ostern erfahren, wie es in nächster Zeit weiter geht. „Wir fahren weiterhin auf Sicht“, sagt Weitzel. Wirklichen Optimismus, dass das Kulturlebe­n bald seinen normalen Betrieb aufnehmen könne, verbreitet Weitzel nicht.

Unbekannt ist auch, wie Augsburgs künftige Oberbürger­meisterin, Eva Weber, und die kommende Augsburger Regierungs­koalition mit dem Kulturrefe­rat umgeht. Zu Gerüchten, dass das Kulturrefe­rat mit einem anderen Referat zusammenge­legt werden könne, hat der Kulturbeir­at Position bezogen. „Erwägungen, in der drittgrößt­en Stadt Bayerns mit ihrem besonderen kulturelle­n Erbe auf ein eigenständ­iges Kulturrefe­rat zu verzichten, besorgen den Kulturbeir­at daher sehr“, heißt es in dem jüngsten Beschluss. Es wäre ein fatales Signal für die Kunst und die Kultur in Augsburg: „Statt einer Abwertung der Kultur ist ein klares und mutiges Bekenntnis notwendig.“

Kulturrefe­rent Weitzel weist auf erste Förderunge­n hin

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