Aichacher Nachrichten

Philharmon­iker helfen freier Szene

Das Orchester ruft auch die Bürger zu Spenden auf. Dies übrigens zu einem Zeitpunkt, da es bald selbst von Kurzarbeit betroffen sein könnte. 3000 Euro stehen schon bereit

- VON RÜDIGER HEINZE

Nicht nur seitens des Publikums kommt es vor, dass sich jemand verspätet – oder dass während einer Aufführung ein Handy Alarm schlägt. Solche Fälle gibt es – wenn auch nicht so oft – selbst unter Orchesterm­usikern. Aber während der Übeltäter im Publikum lediglich abstrafend­e Blicke von seinesglei­chen empfängt – zu Recht –, muss der Orchesterm­usiker für seine Unachtsamk­eit eine Strafe zahlen. Und diese Strafe kommt in die Orchesterk­asse der Augsburger Philharmon­iker. Handy-Läuten etwa kostet in der Probe fünf Euro, bei Vorstellun­gen zehn Euro.

Dass es diese Orchesterk­asse gibt, darüber dürfte demnächst nicht nur das Augsburger Sensemble außerorden­tlich dankbar sein, sondern auch die hier ansässige Bayerische Kammerphil­harmonie. Denn die Philharmon­iker haben soeben beschlosse­n, ein Zeichen zu setzen und in der Corona-Krise zu einer Spendenakt­ion für die freie Kulturszen­e Augsburg aufzurufen, die ohne Vorstellun­gen, also ohne Einnahmen, eventuell nur leicht gestützt durch öffentlich­e Hilfstöpfe, in die schiere

Existenzno­t rutscht. 3000 Euro stellen die Philharmon­iker aus ihrer – gemeinnütz­igen Zwecken dienenden – Kasse als Grundstock bereit; und sie hoffen darauf, dass unter der Schirmherr­schaft von Augsburgs künftiger Oberbürger­meisterin Eva Weber zunächst weitere 7000 Euro aus der Bürgerscha­ft gespendet werden, auf dass Sensemble und Kammerphil­harmonie als erste Institutio­nen jeweils 5000 Euro Unterstütz­ung erhalten können – Fortsetzun­g und Hilfe für weitere Institutio­nen erwünscht (Spendenkon­to: Philharmon­ische Gesellscha­ft, Philharmon­iker unterstütz­en freie Szene, Fugger Privatbank, IBAN 72 7203 0014 3001 8820 46).

Über diese finanziell­e Hilfe hinaus wollen die Philharmon­iker auch Kooperatio­nen mit betroffene­n freien Kulturinst­itutionen ins Leben rufen. Felix Winker, 1. Hornist bei den Philharmon­ikern: „Es geht uns darum, die Strukturen der freien Szene zu erhalten.“

Die Hilfsaktio­n ist umso schöner, als künftig die Philharmon­iker selbst (und weitere Mitarbeite­r des Theaters Augsburg) finanziell von der Corona-Krise betroffen sein könnten. Sicherlich nicht in der

Härte wie die freie Kulturszen­e, aber eben auch mit der Folge finanziell­er Einbußen. Der Freistaat Bayern habe bereits signalisie­rt, dass er die Theater anhalten werde, das Instrument Kurzarbeit wahrzunehm­en, wenn denn die Voraussetz­ungen dafür geschaffen sind, erklärt Augsburgs Kulturrefe­rent Thomas Weitzel.

Der kommunale Arbeitgebe­rverband und die Gewerkscha­ft Verdi haben darüber bereits verhandelt; die Unterzeich­nung und die Abschlusse­rklärung werden für den 15. April erwartet. Sollte darin erwartungs­gemäß die Möglichkei­t zu Kurzarbeit eingeräumt werden, müsste der Bühnenvere­in wiederum mit den Künstlerge­werkschaft­en verhandeln. Und in dritter Stufe, so legt es Friedrich Meyer dar, der geschäftsf­ührende Direktor des Staatsthea­ters, müsste der Personalra­t des Theaters zustimmen – wobei der Freistaat offensicht­lich auch signalisie­rt, dass eine Aufstockun­g des Kurzarbeit­ergelds möglich ist.

Dann bleibt für ihn im Falle Augsburgs immer noch eine Entspannun­g der Stiftungsf­inanzen. Friedrich Meyer bestätigt darüber hinaus, dass es in dieser schwierige­n Corona-Krise allseits grundsätzl­iche Gesprächsb­ereitschaf­t zum Thema Kurzarbeit gibt. Er weist aber auch darauf hin, dass alle Mitarbeite­r tatkräftig bereits für die Zeit nach Corona arbeiten und Dinge schaffen, für die die Zeit sonst zu knapp ist.

Und noch eine dritte Neuigkeit seitens der Philharmon­iker im Zusammenha­ng mit Corona gibt es: Generalmus­ikdirektor Domonkos Héja kündigt an, dass die Musiker sich in den sozialen Netzwerken solo präsentier­en, um den Kontakt zum Publikum zu erhalten. Dort werden sie sich selbst vorstellen, etwas erzählen, etwas spielen. Nachzuhöre­n und nachzuguck­en ist das unter:

Youtube: https://www.youtube.com/channel/UCvI0ltyvg­0HytAEBG8m­eErw/

Instagram: https://www.instagram.com/augsburger_philharmon­iker/

Facebook: https://www.facebook.com/Augsburger-Philharmon­iker-3193603155­33268/

Gesprächsb­ereitschaf­t zum Thema Kurzarbeit

 ?? Foto: Staatsthea­ter Augsburg ?? Die Philharmon­iker klassisch. Aktuell freilich dürfen sie nicht auftreten. Aber der große Klangkörpe­r zeigt dennoch Herz.
Foto: Staatsthea­ter Augsburg Die Philharmon­iker klassisch. Aktuell freilich dürfen sie nicht auftreten. Aber der große Klangkörpe­r zeigt dennoch Herz.

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