Eltern kritisieren die Sperrung von Wiesen
Seit vergangenem Wochenende sind Grünflächen im Wittelsbacher Park, im Siebentischpark und am Kuhsee mit Bändern abgeriegelt. Eltern von kleinen Kindern sehen das problematisch. Eine Mutter hat sich nun an die Stadtverwaltung gewandt
„Viele Familien in Augsburg treffen die Sperrung der Wiesenflächen im Wittelsbacher Park und am Kuhsee hart.“So beginnt der Brief, den Tina Roth an Oberbürgermeister Kurt Gribl, Sozialreferent Stefan Kiefer und Ordnungsreferent Dirk Wurm gerichtet hat. Die zweifache Mutter spricht, wie sie sagt, im Namen von rund 40 Familien. Sie alle kritisieren den rigorosen Umgang der Stadt mit den Grünflächen und fordern kreative Lösungen.
Tina Roth und ihr Mann leben mit der sechs Jahre alten Tochter und dem zweijährigen Sohn in einer 75 Quadratmeter großen Wohnung in einem Hochhaus am TheodorHeuss-Platz. Die Familie versucht derzeit, frequentierte Plätze zu meiden, sie geht die Maßnahmen der Landesregierung mit, um das Coronavirus einzudämmen. Dennoch finden die Roths und mit ihnen offenbar etliche weitere Augsburger Familien die Komplettsperrung des Wittelsbacher Parks als problematisch. „Manche Familien wohnen mit kleinen Kindern in kleinen Wohnungen“, sagt Roth. Häufig seien das auch Menschen mit einem nicht so großen Mobilitätsradius. „Mit einem Kinderwagen und einem Kleinkind auf dem Buggyboard kommt man eben nicht weit“, betont die 42-jährige Journalistin. Deshalb seien der Wittelsbacher Park oder der Kuhsee wichtige Anlaufstellen. „Kinder wollen auch mal einen Ball kicken oder Seifenblasen pusten.“Es funktioniere nicht, mit den Kleinen ausschließlich auf Wegen zu spazieren.
Für Familien ist die gegenwärtige Situation sicherlich ein Dilemma. Das Wetter ist herrlich, es sind Ferien. Doch das Betreten der Spielplätze ist schon länger verboten. Seit vergangenem Wochenende hat die Stadt auch noch vier Wiesenflächen am Wittelsbacher Park, verschiedene Bereich am Kuhsee und den Grillplatz am Siebentischpark mit Trassierbändern gesperrt.
Wie Ordnungsreferent Dirk Wurm erzählt, seien diese Maßnahmen in Abstimmung mit dem Polizeipräsidium erfolgt. Diese Bereiche seien zu stark frequentiert gewesen.
Einige Menschen hätten sich dort über das zulässige Maß hinaus niedergelassen. „Wir alle wünschen uns eine Lockerung der Ausgangsbeschränkungen, was allerdings auch von der Einhaltung dieser abhängt“, betont Wurm. Er könne den Unmut teilweise verstehen, vor allem bei Personen und Familien ohne
Balkon oder Garten. „Wir müssen uns aber im Klaren darüber sein, dass diese Regelungen des Staates dazu dienen, Menschenleben zu schützen.“Von uns allen sei jetzt Solidarität gefragt, meint der Ordnungsreferent. „Und wenn ich an viele Gewerbe- und Gastronomiebetriebe denke, trifft es diese doppelt hart und sie halten sich in ganz überwiegender Mehrheit klaglos an die Vorgaben“, fügt er hinzu. Die zweifache Mutter Roth appelliert jedoch im Sinne von 40 weiteren Familien an die Stadt, die Wiesenabsperrungen zu überdenken.
„Kreative Lösungen wären vielleicht gar nicht so schwer zu finden“, sagt sie. Roth denkt etwa an weißen Puder, mit dem Parzellen auf einer Wiese einzeichnen könnte, die groß genug sind, dass einzelne Familien darauf spielen könnten. Ähnlich wie Linien auf einem Fußballfeld. „Man könnte sich bei der
Größe an Schrebergärten orientieren. Dort ist es Menschen ja auch erlaubt, ihre Zeit zu verbringen.“Man könnte auch darüber nachdenken, die Wiesen unter der Woche freizugeben, wenn weniger Menschen unterwegs seien.
Unterstützung erhält Tina Roth auch vom Kinderschutzbund Augsburg. „Für Kinder in der Stadt sind Parks und Naherholungsgebiete, die zu Fuß erreichbar sind, oft die einzige Möglichkeit, sich an frischer Luft zu bewegen – gerade jetzt, wo Spielplätze und Freiflächen von Kitas und Schulen wegfallen“, unterstreicht Nazan Simsek. Die Vorsitzende sieht aber auch die Eltern in der Pflicht. Sie müssten schon im Vorfeld ihren Kindern einbläuen, dass ein Kontakt zu anderen Kindern derzeit nicht geht. „Die Eltern haben hier eine besondere Verantwortung.“Die Vorsitzende des Kinderschutzbundes würde einen
Mittelweg durch die Stadt Augsburg begrüßen. Sie glaubt, es gebe eine hohe Dunkelziffer an Kindern, die unter der jetzigen Situation leiden. „Kinder haben nun einmal einen Energiedrang und ein Recht darauf, sich zu bewegen.“
Für den städtischen Ordnungsdienst und die Polizei ist es nicht immer einfach, Situationen im Freien gerecht zu bewerten. Wie Dirk Wurm erklärt, dürfen Menschen, die in einem Hausstand leben, sich draußen bewegen oder sporteln. Man dürfe sich auch kurz niederlassen, um sich zu erholen. Der Ordnungsdienst sensibilisiere grundsätzlich alle Menschen, die sich im Freien hinsetzen. „In diesem Zusammenhang, und auch anhand von mitgebrachten Sachen wie Decken und Speisen, ist in der Regel auch erkennbar, ob es sich um ein kurzfristiges Ausruhen oder ein längeres Niederlassen handelt.“
Referent: Wir alle wünschen uns eine Lockerung