So kann man seinen Lieblingsladen retten
Viele kleine Unternehmen kämpfen gerade ums Überleben. Drei Augsburger wollen über Gutscheine im Internet helfen, die laufenden Kosten zu decken. Warum das nicht für jeden etwas ist
Einen Lieblingsladen hat wohl jeder. Einen, der wirklich fehlen würde, wenn er nach der Corona-Krise nicht mehr da wäre. Drei Augsburger Brüder haben sich deshalb überlegt, wie sie den ungezählten Cafés, Restaurants, Einzelhändlern oder Sportstudios helfen können, die ohne Kunden gerade täglich ums Überleben kämpfen müssen.
Mit „Rette-deinen-Lieblingsladen.de“haben sie eine Plattform geschaffen, auf der Kunden mittlerweile 216 Läden in 43 Städten unterstützen können, davon alleine 120 Augsburger Lieblingsläden. Und eine Plattform, von der nach nur drei Wochen bereits über 65 000 Euro an Einnahmen aus Gutscheinverkäufen an die Unternehmer ausgezahlt werden konnten.
Das Softwareunternehmen Mischok hat seinen Sitz mitten in der Augsburger Innenstadt, genauer in der Karlstraße. „Wir schätzen es sehr, dass wir von hier aus eine große Auswahl an kleinen Dönerläden, Pizzerien, Burgerläden und Cafés für unsere Mittagspause erreichen können“, sagt Virgil Mischok, einer der drei Initiatoren. Als abzusehen war, dass die Läden wegen Corona an Umsatz einbüßen oder ihn komplett verlieren würden, entstand die Idee einer Plattform, auf der Kunden zentral und unkompliziert Gutscheine für Waren oder Dienstleistung kaufen und damit ihre Lieblingsläden unterstützen können, berichtet er. Ähnliche Systeme gab es bereits in anderen Städten.
Was in Augsburg zunächst ein Versuchsballon werden sollte, entwickelte sich innerhalb weniger Tage zu einem Selbstläufer. „Wir haben am Samstag vor dem Shutdown die Idee entwickelt und ein Entwicklerteam darangesetzt“, so Mischok. Am darauffolgenden Montag sei ein erster Prototyp online gewesen – bereits am Dienstag gingen die ersten Gutscheine über den virtuellen Ladentisch. „Wir haben ganz schnell gesehen, dass die Leute die Idee wollen, und sind dann mit voller Kraft eingestiegen“, berichtet er. Sechs Tage später konnte man das erste Mal Geld an teilnehmende Unternehmen auszahlen.
Die Idee habe sich vor allem in den sozialen Netzwerken herumgesprochen und eine große Welle der Solidarität ausgelöst. „Dass jemand für 200 Euro Gutscheine erwirbt, ist keine Seltenheit, wir hatten auch schon einen Kunden, der 900 Euro ausgegeben hat“, freut sich Mischok. Auch unter den Läden spricht sich die Idee offenbar herum. „Wir bekommen gerade stündlich neue Anfragen“, so der Unternehmer. Doch ganz von alleine laufe der Gutscheinverkauf nicht, betont er. „Die Läden, die schon vorher in den sozialen Netzwerken präsent waren und jetzt kräftig die Werbetrommel rühren, machen die besten Umsätze“, hat Mischok festgestellt. Wer nicht aktiv ist, verkauft unter Umständen auch nichts.
Für die teilnehmenden Läden ist das Projekt nicht kostenlos. Sieben Prozent pro gekauftem Gutschein gehen an die Betreiber der Plattform. „Wir verdienen daran keinen Cent – aber geben Kosten wie Paypalund Transaktionsgebühren an die Unternehmen weiter“, so Mischok. Nicht jedem Laden schmecken die Kosten für den Online-Service. „Bevor ich das bezahle, wurschtel ich mich lieber weiter so durch – wird schon gehen“, sagt ein Augsburger Gastronom, der nicht in der Zeitung genannt werden will.
Andere sind zufrieden. Christoph Peter Steinle, der in Augsburg mehrere Gastronomieprojekte betreibt, gehörte vom ersten Tag an zu den Teilnehmern. „Die erste Prämisse ist jetzt Liquidität“, betont er. Laufende Kosten wie Strom und Miete müssten ja trotz des ausbleibenden Umsatzes beglichen werden. „Wir haben die Gutscheine über unsere Kanäle gepusht und unsere Fans haben uns sehr unterstützt“, sagt der Gastronom.
Dass nach der Krise die Gutscheine als „Bumerang“auf die Unternehmen zurückkämen, sei auch klar. Doch jetzt gehe es erst einmal ums wirtschaftliche Überleben.
Auch das Augsburger Stadtmarketing unterstützt das Projekt und hat es unter anderem auf seiner Homepage verlinkt. „Die Idee ist gut, vor allem weil das Geld schnell ankommt“, findet Augsburg-Marketing-Chef Ekkehard Schmölz. Er sieht die Plattform als einen Baustein, um die Augsburger Unternehmen über die schwere Zeit zu retten.
Er verweist auch auf die Spendenaktion des FCA „Augsburg hält zusammen 2020“, die einen ähnlichen Empfängerkreis bedient – allerdings auf Spendenbasis.
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Info Eine Zusammenstellung und Links zu verschiedenen Partner- und Hilfsangeboten zu Corona-Zeiten in der Stadt Augsburg findet man auf der Homepage des Stadtmarketings, www.augsburg-city.de.